Drei Videokameras waren es, deretwegen drei Münsteraner Studierende Anfang Februar vor Gericht zogen. Die Kameras sollten zwei Bibliotheken der Universität vor Bücherdiebstahl schützen. Allerdings konnte die Universitätsverwaltung mit ihrer Hilfe auch sehen, wer gerade welches Buch liest. Das fanden die drei Jurastudierenden datenschutzrechtlich bedenklich. Sie versuchten einen Abbau der Kameras zu erreichen.
»Eigentlich wollten wir das Problem im Dialog mit der Hochschulleitung lösen«, sagt Tim Ackermann, Referent für politische Bildung des Münsteraner AStA. »Es hat sich aber gezeigt, dass die Uni keine Sensibilität für informationelle Selbstbestimmung hat.« Die drei beanstandeten Kameras sind nur ein Bruchteil des Videoüberwachungssystems der Hochschule. Der AStA schätzt ihre Zahl auf knapp siebzig Stück. Wann sie aufgebaut wurden, weiß man auf studentischer Seite nicht genau, denn die Universitätsverwaltung hat darüber nie offiziell informiert. Erst auf Initiative von Ackermanns Vorgängerin wurden im vergangenen Jahr Hinweisschilder aufgehängt, die datenschutzrechtlich vorgeschrieben sind. Das war der Anstoß für einige Studierende, letztendlich juristisch gegen die Kameras vorzugehen. Finanzielle Unterstützung bekommen die KlägerInnen vom AStA.
Auch die Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Bettina Sokol, unterstützt die Studierenden bei ihrem Engagement. Sie forderte die Universität auf, alle Kameras abzuschalten, bis geprüft wurde, ob die Videoüberwachung gerechtfertigt ist. Dieser Aufforderung kamen die Verantwortlichen nicht nach. »Die Datenschutzbeauftragte kann die Universität nicht anweisen, etwas zu tun«, erklärt Sokols Sprecherin Bettina Gayk etwas hilflos. Sie kann lediglich Kritik anbringen und Empfehlungen aussprechen. Ob diese umgesetzt werden, entscheidet die Universitätsleitung. »Wir können so etwas im Datenschutzbericht öffentlich machen. Das ist unser Instrumentarium gegenüber öffentlichen Stellen«, sagt Gayk. Um die Universität zum Handeln zu zwingen, brauche es aber beispielsweise eine Klage.
Das haben mittlerweile auch die drei Jurastudierenden festgestellt. »Seit wir geklagt haben, ist die Univerwaltung viel kommunikativer«, berichtet Annelie, eine der KlägerInnen. Die drei Mitglieder der Kritischen JuristInnen, einer Münsteraner Hochschulgruppe, konnten Mitte April einen Teilerfolg erzielen. Noch vor einer Urteilsverkündung hat die Universitätsverwaltung einige Überwachungsanlagen entfernt, darunter auch zwei der Kameras in den Bibliotheken. »Die Anlagen wurden teilweise ohne Zustimmung der zentralen Verwaltung von einzelnen Instituten aufgestellt. Eine Überprüfung hat erst jetzt stattgefunden«, erklärte Universitätssprecher Norbert Frie dazu gegenüber der taz.
Dieses Zugeständnis genügt den Studierenden nicht. Sie wollen, dass alle Videokameras abgebaut werden »Es ist nicht grundsätzlich nötig, die Uni mit Kameras zu überwachen, angesichts der Tragweite eines solchen Eingriffs«, sagt Annelie. Sie ist aber sicher: »Die Universitätsleitung wird alle rechtlichen Mittel nutzen, um die Kameras hängen zu lassen.« Sie und ihre MitklägerInnen hoffen, dass mit einem Urteil zu ihren Gunsten ein Zeichen gesetzt wird. Denn bisher gibt es kein Grundsatzurteil zu Videoüberwachung an Hochschulen.