Im Adornojahr 2003 wurde die Kritische Theorie vornehmlich aus einer Perspektive betrachtet, die sich weniger für den Inhalt des Adornoschen Werkes als vielmehr für dessen Privatleben interessierte. Der Wiener Politikwissenschaftler Stephan Grigat hat nun einen Sammelband vorgelegt, der wesentliche Momente kritischer Gesellschaftstheorie aus aktueller Sicht beleuchtet. Das Buch versammelt Vorträge, die im November 2004 auf einem Symposium in der Technischen Universität in Wien gehalten wurden. Dieses Symposium wurde gegen eine Veranstaltung von rechtsradikalen Burschenschaftlern organisiert, welche die Frankfurter Schule als »neunte Todsünde« erscheinen lassen wollten.
Inhaltlich orientieren sich die AutorInnen an einer orthodoxen, von Marx kommenden Lesart Kritischer Theorie. Besonders der Herausgeber Stephan Grigat macht in seinem Beitrag über Adornos Fetischkritik noch einmal nachhaltig deutlich, wie zentral die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie in der Frankfurter Schule und speziell bei Adorno ist. Ausgehend von einer ideologiekritischen Analyse der herrschenden Gesellschaft, rekonstruieren die AutorInnen des Sammelbandes eine Theorie, die sich stets an individueller Erfahrung orientierte, ohne auf die positivistische Ideologie faktischer Unmittelbarkeit hereinzufallen.
Clemens Nachtmann beruft sich in seinem Beitrag auf Adornos Ästhetische Theorie und verteidigt den »schönen Schein«, das Glücksversprechen der bürgerlichen Gesellschaft, als Hindernis für den offenen Ausbruch der Gewalt. Die Rücknahme des Glücksversprechens sei identisch mit dem Faschismus, der barbarischen Konsequenz kapitalistischer Vergesellschaftung.
An diese Überlegungen anknüpfend, steht vor allem die Kritik neuer faschistischer Bestrebungen - etwa durch IslamistInnen - im Mittelpunkt des Bandes.
Die AutorInnen machen ein teils bewusst, teils unbewusst sich herstellendes Bündnis zwischen dem postnazistischen Deutschland und der islamistischen Bewegung aus, das im gemeinsamen Kampf gegen Israel und die USA kulminiere. Wer Argumente für diese These sucht, dem sei Feindaufklärung und Reeducation wärmstens empfohlen.
Stephan Grigat (Hg.): Feindaufklärung und Reeducation. Kritische Theorie gegen Postnazismus und Islamismus, Ca Ira Verlag, Freiburg 2006, 14 Euro.