Am 9. Dezember hat Niedersachsen als erstes Bundesland per Gesetz allgemeine Studiengebühren eingeführt. Ab Wintersemester 2006/07 müssen StudienanfängerInnen fünfhundert Euro pro Semester bezahlen. Bereits eingeschriebene StudentInnen erwartet die gleiche Summe ab Sommersemester 2007; dank des Vertrauensschutzes haben sie ein Semester Gnadenfrist.
Für so genannte LangzeitstudentInnen wird es sogar noch teurer: Die Langzeitgebühren werden nicht mit den allgemeinen Gebühren außer Kraft gesetzt, sondern kommen noch hinzu. Auf viele StudentInnen kommen daher Beiträge in Höhe von bis zu tausend Euro pro Semester zu. »Das ist ein schwarzer Tag für die Chancengleichheit in Deutschland. Die Studiengebührenfreiheit war historisch eine große gesellschaftliche Errungenschaft«, kommentierte Jochen Dahm, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren (ABS), die Neuigkeit. Die Chancen, jetzt noch etwas zu bewirken, schätzt er eher gering ein: »Das einzige, was wir noch planen, sind Musterklagen.« Resigniert ist auch Sven Grünewald, Mitarbeiter im AStA der Universität Göttingen: »Soweit ich weiß, sind bei uns keine weiteren Proteste geplant.«
In Baden-Württemberg ist die Lage ähnlich. Hier wurde am 15. Dezember vom Landtag die Einführung allgemeiner Studiengebühren für denselben Zeitpunkt wie in Niedersachsen beschlossen. Gelegenheit für Proteste gibt es allerdings noch: Ende März stehen Landtagswahlen an, bei denen die schwarz-gelbe Regierung abgewählt werden könnte. »Wenn die Oppositionsparteien nun Alternativen anbieten, kann sich die unsoziale Bildungspolitik der Landesregierung rächen«, so Dahms Einschätzung. Er bemängelt allerdings, dass die SPD auch in Baden-Württemberg nach wie vor am Studienkontenmodell und den Gebühren für LangzeitstudentInnen festhält: »Auch Studienkonten sind Studiengebühren. Nur ein komplett gebührenfreies Studium macht sozial-, bildungs- und gesellschaftspolitischen Sinn.« Dennoch plant die Landes-ASten-Konferenz (LAK), sich gemeinsam mit Gewerkschaften und SchülerInnenverbänden in den Wahlkampf einzubringen; das nächste Treffen findet am 16. Januar statt. Unterstützt wird die LAK vom ABS und vom Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs).
Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Lage nach Dahms Einschätzung noch nicht hoffnungslos. Das Gesetz, das die Einführung von allgemeinen Studiengebühren bis zu einer Höhe von bis zu fünfhundert Euro pro Semester in die Hände der einzelnen Hochschulen legt, ist bereits formuliert. Es muss jedoch noch im Februar oder März in zweiter Lesung vom Landtag beschlossen werden, damit es wie geplant im April in Kraft treten kann. An der Kölner Universität ist die Erziehungswissenschaftliche Fakultät bisher die einzige Fakultät, die sich gegen allgemeine Studiengebühren ausgesprochen hat.