Der Zeitdruck beginnt sich zu rächen: Viele der bis Ende Oktober eingereichten Studienordnungen für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge (BA/MA) müssen in Sondersitzungen universitärer Gremien nochmals überarbeitet werden. Der erste Schwung der Studienordnungen muss der Akkreditierungsagentur AQUAS jedoch spätestens bis zum 19. Juli vorliegen, damit die Universität Köln die Fächer auch rechtzeitig zum Wintersemester 2007/08 als Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten kann. Die Abkürzung BA/MA ist mittlerweile nahezu allen StudentInnen ein Begriff, aber was steckt hinter den neuen Studiengängen und warum werden sie zwanghaft eingeführt?
Zu verdanken haben die europäischen Hochschulen die Einführung der BA/MA-Studiengänge einer Jubiläumsfeier, genauer gesagt den Festlichkeiten zum neunhundertjährigen Bestehen der Universität Bologna 1988. Dort betonten die anwesenden HochschulrektorInnen und -präsidentInnen die Notwendigkeit zur »Schaffung eines Europäischen Hochschulraums«. Die Idee wurde von den BildungsminsterInnen von Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland bei einem Treffen in Paris im Mai 1998 in der »Sorbonne-Erklärung« wieder aufgegriffen. Diese forderte, »die Anerkennung akademischer Abschlüsse im Ausland, die Mobilität der Studenten sowie auch ihre Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt zu fördern«.
Ein Sechs-Punkte-Konzept wurde letztendlich im Rahmen der Bologna-Konferenz am 19. Juni 1999 festgezurrt. Die entsprechende Deklaration wurde von 29 europäischen BildungsministerInnen unterzeichnet, die sich damit zur Einführung eines zweistufigen Systems von »leicht verständlichen und vergleichbaren« Studienabschlüssen mit einem Leistungspunktesystem verpflichteten.
Vorbild ist das konsekutive britische und US-amerikanische Bachelor- und Mastersystem. Die europaweite Einführung der neuen Abschlüsse soll bis 2010 abgeschlossen sein, der Fortschritt der Reformen wird alle zwei Jahre auf Nachfolgekonferenzen überprüft - zuletzt 2005 im norwegischen Bergen; die nächste ist für Mai 2007 in London angesetzt.
Während sich die europäischen BildungspolitikerInnen im Rahmen der Bologna-Konferenzen regelmäßig lobend auf die Schultern klopfen, wächst die Zahl der KritikerInnen stetig. StudentInnenverbände wie zum Beispiel der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs) bemängelten von Anfang an, dass die Reformen keineswegs die Qualität der Lehre fördern würden. Der sechssemestrige Bachelor wird als reines »Training on the Job« gesehen, dem der kritische Praxisbezug fehle. Eine fundierte wissenschaftliche Ausbildung bleibe der »Elite« der StudentInnen des viersemestrigen Masters vorbehalten. Auch eine bessere internationale Vergleichbarkeit der Studiengänge wurde mehrfach angezweifelt, schließlich lassen sich schon die zirka dreitausend bisher in Deutschland existierenden BA/MA-Studiengänge kaum untereinander vergleichen.
Andere Befürchtungen von studentischen KritikerInnen haben sich ebenfalls bewahrheitet: Der Master wird längst nicht allen BachelorabsolventInnen offen stehen. Laut dem Zehn-Thesen-Papier der Kultusministerkonferenz vom Juni 2003 gilt der Bachelor in Deutschland als Regelstudienabschluss und soll für die »Mehrzahl der Studierenden zu einer ersten Berufseinmündung« führen. Der Zugang zum Masterstudium wird von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht. Dass der Bachelor aber die für die geforderte Berufsqualifizierung notwendigen »wissenschaftlichen Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogenen Qualifikationen« vermittelt, bezweifeln nicht mehr nur die StudentInnenverbände - die Wirtschaft übernimmt mittlerweile deren Argumente und reiht sich in den Chor der zahlreichen skeptischen Stimmen ein. Inzwischen wird aber auch in Köln weiter an Konzepten für Studiengänge gefeilt, von denen niemand weiß, was die späteren AbsolventInnen einmal damit werden anfangen können.