Über das Leben nach dem Kapitalismus philosophieren viele linke Gruppen. Wann es so weit ist, weiß allerdings niemand. Die antisexistische Gruppe A. G. Gender-Killer lässt deshalb in ihrem Buch Das gute Leben - Linke Perspektiven auf einen besseren Alltag linke Initiativen zeitgenössische Alltagsphänomene diskutieren und überlegen, was verkehrt läuft. Im Zentrum stehen Themen aus den Bereichen Sexualität, Körperlichkeit und soziale Beziehungen. Dabei kommen zum Teil Probleme zur Sprache, die sonst eher selten diskutiert werden. So macht sich beispielsweise die Frauengruppe Hannah und Bernd Gedanken darüber, wie SadistInnen und MasochistInnen inner- und außerhalb der linken Szene wahrgenommen werden. SM als persönlicher Lebensentwurf werde häufig abgewertet und ins Lächerliche gezogen, so die Erfahrungen der Autorinnen. Besonders in linksradikalen Zusammenhängen gilt ihrer Ansicht nach nicht nur Blümchen-, sondern auch Hetero-Sex als feste Norm, von der abzuweichen Irritation hervorruft. In einem weiteren Beitrag beleuchtet ein AutorInnenduo die Schwierigkeit, in einer traditionellen, heterosexuellen Zweierbeziehung glücklich zu werden - möglichst ohne dass sich die linken GenossInnen über den in ihren Augen konservativen Lebensstil lustig machen. Auch die Bigotterie vieler Linker bezüglich des Altersdiskurses wird in einem der Artikel angesprochen. Einerseits kritisieren sie den Jugendwahn der Medien, andererseits haben sie oft geradezu einen Fetisch für Bilder von jungen, agilen StraßenkämpferInnen. Da sich die Beiträge größtenteils um Geschlechterbeziehungen, Homo- und Heterosex drehen, sind sie konsequenterweise geschlechtsneutral geschrieben. Das stört zwar etwas beim Lesen, ist aber politisch nachvollziehbar. Noch störender sind die zu kleine Schrift des Buches, sowie teils unnötig komplizierte Formulierungen in vielen Artikeln. Davon abgesehen sind die meisten Beiträge aber nicht nur interessant, sondern auch ungezwungen geschrieben und bemühen viele aktuelle politische Diskussionen und popkulturelle Zitate.
