Paul Austers neustes Werk Reisen im Skriptorium ist eine harte Nuss. Man kann sich bei dem Versuch, die Lektüre zu genießen, leicht die Zähne ausbeißen. Denn der Roman ist keine Detektivgeschichte wie Stadt aus Glas und keine überraschende Lovestory wie Das Buch der Illusionen. Reisen im Skriptorium hat praktisch kaum eine Handlung. Es ist die Geschichte eines alten Mannes namens Mr. Blank, der in einem karg eingerichteten Krankenzimmer eingeschlossen ist. Kameras und Mikrofone zeichnen jede seiner Handlungen auf. Mr. Blank ist nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen, er ist in seinen Bewegungen eingeschränkt und hat seine Erinnerung verloren. Hin und wieder bekommt er Besuch von Personen, die ihm berichten, dass er ihnen in der Vergangenheit etwas Schlimmes angetan habe. Sie wollen Informationen von ihm, an die er sich aber partout nicht erinnern kann. Ständig finden Charaktere Erwähnung, die bereits aus älteren Auster-Romanen bekannt sind. Und obwohl sich Blank sorgfältig die Namen dieser Personen notiert, kann er sich nicht entsinnen, woher er sie kennt. Blanks einziger Zeitvertreib bleibt die Lektüre eines Manuskripts, in dem er sich schließlich selbst begegnet. Ansonsten passiert nicht viel in Reisen im Skriptorium. Die LeserInnen sind mit Mr. Blank im Krankenzimmer gefangen, der Text ist bisweilen langatmig, seine Lektüre mitunter abstoßend, mühsam, aufreibend und hinterlässt ein Gefühl der Leere. Viele LeserInnen werden sich möglicherweise am Ende des Buches fragen, ob das alles gewesen sein kann. Die Antwort lautet: ja, es kann. Denn obwohl kaum etwas passiert, funktioniert der Text als Verweis auf Austers andere Bücher. So kann man durchaus Vergnügen an der Lektüre finden. Nämlich dann, wenn man nicht erwartet, alleine durch die Handlung des Buches unterhalten zu werden, sondern wenn man Spaß an der Intertextualität und den zahlreichen Referenzen auf andere Auster-Romane hat. Das ist zugegebenermaßen nur etwas für Auster-Fans. Doch die werden auch in Reisen im Skriptorium die raffinierte Art entdecken, mit der er verschiedene Erzählebenen verstrickt und die Thematik von der Enge und der Weite des realen und fiktiven Raums umsetzt. Reisen im Skriptorium ist sicher Austers merkwürdigstes Buch. Seinen Fans hat es durchaus etwas zu bieten, aber diejenigen, die bisher wenig mit Auster anfangen konnten oder noch nichts von ihm gelesen haben, werden nach der Lektüre kaum zu Auster-LiebhaberInnen werden.