Etwa hundert Frauen und eine Handvoll Männer versammelten sich Ende November nach Einbruch der Dunkelheit am Eigelstein, die meisten von ihnen auffällig bunt gekleidet. Sie machten sich auf den Weg durch die Kölner Innenstadt Richtung Friesenplatz. Ihre Parolen: »Reclaim the night« und »Take back the night«. Mit diesen Slogans fordern einmal jährlich Frauen und Mädchen öffentlich ihr Recht ein, sich auf den Straßen ihrer Stadt in der Nacht ebenso wie am Tag frei bewegen zu können, ohne Angst haben zu müssen, sexuell belästigt oder vergewaltigt zu werden. »Es war eine super Stimmung und viele Frauen sind hinterher noch geblieben und haben getanzt und geredet«, erzählt die Kölner Studentin Sarah Günther, die in diesem Jahr mit ihrer Samba-Gruppe an der Aktion teilnahm.
Seit 1976 gibt es die jährliche Demonstration in vielen Städten weltweit. Organisiert von dem »Bündnis autonomer Frauenprojekte gegen Gewalt - Lila in Köln« bildete die Demonstration dieses Jahr den Kölner Auftakt zum Internationalen Tag der Frauen gegen Gewalt, der jedes Jahr am 25. November stattfindet. Denn Gewalt gegen Frauen kommt auch in Köln immer wieder vor. Im Stadtteil Nippes etwa wurden in diesem Jahr mehrfach Frauen auf der Straße vergewaltigt, teils von mehreren Männern zugleich. Kölner Frauenorganisationen riefen daraufhin zu Protestmärschen auf und verteilten Trillerpfeifen, mit denen Frauen und Mädchen in bedrohlichen Situationen auf sich aufmerksam machen sollen.
Deutschlandweit ist die Quote der Frauen, die Gewalt erfahren haben, erschreckend hoch. Vierzig Prozent der befragten Frauen geben in einer Studie des Familienministeriums vom vergangenen Jahr an, seit ihrem 16. Lebensjahr schon einmal körperlicher oder sexueller Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein, von Ohrfeigen über Würgen bin hin zu Vergewaltigungen. Psychische Gewalt wie Mobbing haben sogar 42 Prozent der Befragten schon zu spüren bekommen. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit diesen Werten im mittleren bis oberen Bereich.
Die Zahlen machen deutlich, dass etwas getan werden muss. Daran arbeiten bereits seit längerer Zeit eine Reihe von Personen und Organisationen, die sich für die Rechte der Frauen einsetzen oder schutzbedürftigen Frauen Hilfe und Beratung anbieten, sowohl im In- wie auch im Ausland. Ein Beispiel ist die diesjährige Gewinnerin des alternativen Nobelpreises, die Kölner Ärztin Monika Hauser: Sie startete Anfang der Neunzigerjahre Hilfsaktionen für im Balkankrieg vergewaltigte Frauen und weitete ihr Engagement bald auf andere Krisenländer wie Afghanistan und den Kongo aus.
Auch innerhalb Deutschlands gibt es viele Anlaufstellen für hilfsbedürftige Frauen. So unterstützt zum Beispiel »Lila in Köln« Frauen und Mädchen in Lebenskrisen und nach körperlichen, seelischen oder sexuellen Gewalterfahrungen. Frauenhäuser bieten neben Beratungen auch Unterkünfte für in Not geratene Frauen an. Unter der Telefonnummer 0221 - 56 20 35 gibt es außerdem einen Kölner Notruf für vergewaltigte Frauen.