Annika Petterson (Name geändert) ist wütend. Weil das Institut für Skandinavistik/Fennistik die 21-Jährige falsch informiert hat, werden ihr mehrere Seminare, die sie absolviert hat, nicht angerechnet. Deshalb muss sie Leistungen im Umfang von zwölf Credit Points wiederholen. Das sind 360 Arbeitsstunden, oder - je nach Veranstaltung, die sie belegen wird - bis zu 24 Semesterwochenstunden. Zwei Semester hat sie dazu Zeit, wenn sie ihr Studium noch in der Regelstudienzeit von sechs Semestern abschließen will. Ausgerechnet die zwei Semester, in denen sie die anspruchsvollen Hauptseminare belegen soll.
So wie Annika geht es vielen Bachelor-Studierenden. Bis vor kurzem wurden sie über Aufbau und Sinn der so genannten Ergänzenden Studien (EST) falsch informiert. EST sind Wahlpflichtmodule, die Studierende der Fächer Ethnologie, Informationsverarbeitung, Philosophie, Romanistik, Skandinavistik/Fennistik und Sprachen und Kulturen der Islamischen Welt neben ihren Pflichtmodulen belegen müssen. Ein Gutteil der EST-Veranstaltungen darf nicht aus einem ihrer regulären Studienfächer stammen. So sollen die Studierenden ihre Allgemeinbildung erweitern. Über diese Einschränkung haben mehrere Institute ihre Studierenden aber bislang nicht informiert.
Deswegen haben bisher viele Bachelor-Studierende Veranstaltungen aus unterschiedlichen Modulen oder aus ihren eigentlichen Fächern belegt, um sie sich als EST anrechnen zu lassen. Ende vergangenen Semesters mussten sie nun feststellen, dass das nicht geht. Erst dann nämlich sickerten, zumindest im Institut für Skandinavistik/Fennistik, Informationen zu diesem Problem durch.
Die Fehlinformationen kursieren offenbar nach wie vor unter vielen Studierenden und Lehrenden. Offensichtlich wusste lange Zeit niemand, wer eigentlich für die Ergänzenden Studien zuständig ist. »Wie immer bei der Einführung neuer Studiengänge werden gewisse Unklarheiten erst im Laufe der Zeit deutlich", sagt der Leiter des Instituts für Skandinavistik/Fennistik, Stephan Schröder. »Der erste Bachelor-Jahrgang hat das leidvoll erfahren müssen.« Schuld an der Fehlinformation sei jedoch hauptsächlich das Prüfungsamt. Die Angaben im Modulhandbuch seien schwammig, betont die Institutsbeauftragte für Bachelor und Master, Regina Jucknies. Und genauere Informationen seien schwer zu bekommen.
Mittlerweile hat das Prüfungsamt einigen Studierenden der Skandinavistik/Fennistik zugesichert, ihnen die EST-Stunden zu erlassen - die unwissentlich falsch absolvierten EST-Veranstaltungen also indirekt anzurechnen. Diese Regelung gilt aber offenbar nur für Studierende, die sich persönlich beim Prüfungsamt beschwert und angekündigt haben, einen Antrag auf Anrechnung der Stunden zu stellen. Ob das Prüfungsamt seine Notfallregelung auf alle betroffenen Studierenden des Faches ausweiten wird, ist noch fraglich.
Unklar ist, ob dieses Problem in den anderen Instituten, deren Studierende EST belegen müssen, überhaupt bekannt ist. »Wir werden das prüfen«, kündigt Jan Schröder vom SprecherInnenrat der Philosophischen Fakultät an, dem Arbeitsausschuss der Fachschaften. »Es kann nicht sein, dass sich das Studium vieler Studierender ohne deren Verschulden in die Länge zieht.« Sollte das Prüfungsamt sich nicht an seine Zusage halten, sollten betroffene Studierende prüfen, ob sie einen Teil ihrer gezahlten Studiengebühren zurückfordern können.