Weltweit herrscht die Finanzkrise und in München ist Oktoberfest. Kasimir ist gerade arbeitslos geworden und Karoline will feiern. Die beiden streiten, gehen auseinander, wollen zueinander, scheitern.
Sie lässt sich von anderen Männern benutzen, um auf der Gesellschaftsleiter ein Stückchen weiter nach oben zu kommen. Er versucht, sich umzubringen, will halbherzig kriminell werden.
Ödön von Horváth schrieb »Kasimir und Karoline« in Bezug auf die Weltwirtschaftskrise von 1929 und schuf damit ein Werk, das heute so aktuell ist wie damals, mit einer ergreifenden Sprache, die weniger Worte bedarf, um die Tiefe der Welten der einzelnen Figuren zu beschreiben.
Während das Kostümbildkonzept von Nina von Mechow trotz seiner Modernität und des glücklichen Verzichts auf bayrische Trachten nicht vollständig ausgereift wirkt, zeigt das vieretagige Bühnenbild von Bert Neumann - nüchtern, trist, roh und zeitweise erhellt von unzähligen bunten, den Zuschauer blendenden Leuchtstoffröhren - genau das, was wesentlich ist: die Welt hinter dem - auch im übertragenen Sinne - Festzelt, der Ort, an dem Konflikte ausgetragen, Frauen geschlagen, Körper gehandelt und verkauft werden.
In einer Ecke des Bühnenbildes befindet sich eine vierköpfige Band in schwarzen Ganzkörperanzügen mit blonden Toupierperücken, die mit Bass, Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und anderen Instrumenten subtil verträumt bis rockig wild Publikum und Handlung mitreißende Musik liefert.
Und dann gibt es da noch den unsichtbaren Zeppelin, der dröhnend die Oktoberfestwiese überfliegt. Hälse werden gereckt, Arme in die Luft gestreckt, schöne Zukunft liegt greifbar, bis der Zeppelin wieder außer Sichtweite ist und Leere zurücklässt.
Die niederländischen Regisseure Johan Simons, Intendant des Nationaltheater Gent, und Paul Koek, Gründer von De Veenfabriek, inszenierten »Kasimir und Karoline« bereits im Sommer diesen Jahres in niederländischer Sprache mit ähnlichem Bühnenbild und Kostümen für Aufführungen in Holland, Frankreich, Griechenland und Belgien. Nun ist die Neuinszenierung dieses Stücks voller Schmerz, sexualisierter Gewalt, der Enge der Schichtzugehörigkeit und Sehnsucht nach einem besseren Leben mit Schauspielern des Kölner Ensembles auch in Deutschland zu bewundern.