Der algerische Schritsteller und Dramaturg Aziz Chouaki erzählt in seinem dritten Roman Stern von Algier von Méziane, der mit seiner vierzehnköpfigen Familie in drei Zimmern lebt und zu Moussa Massy, dem Star der Diskotheken von Algier wird. Moussa hat einen ehrgeizigen Traum: Er möchte der Michael Jackson Algiers werden. Das Talent und Aussehen dazu hat er. Und sein Freund Rachid, der sich in der Branche auskennt, manövriert ihn Stück für Stück die Karriereleiter hinauf. Abend für Abend lässt Moussa das Elend der Armutsviertel hinter sich und taucht hinein ins schillernde Nachtleben Algiers und den Rausch seiner Musik. Vergessen ist sein älterer Bruder, der schon seit Jahren spart, um endlich seine Verlobte heiraten zu können. Vergessen ist die Schwester, die von ihrem Ehemann verstoßen wurde und wieder bei ihren Eltern wohnen muss. Doch die Verhältnisse im Algerien der Neunzigerjahre werden dem Sänger bald zum Verhängnis. Die »islamische Heilspartei« (FIS) profitiert vom Versagen der regierenden sozialistischen Einheitspartei. Als diese auf innenpolitischen Druck hin freie Wahlen zulassen muss, gewinnen überraschend die Islamisten. Das Militär annulliert darauf die Wahlen. Schlagartig ändert sich alles, und Algerien rutscht in den Bürgerkrieg. Wer sich nicht den Vorschriften der radikalen Islamisten beugen will, flieht ins Ausland. Von Moussas Musikerfreunden ist bald niemand mehr im Land. Aber er selbst will so kurz vor dem Ziel nicht aufgeben. Zu greifbar ist die Verwirklichung seines Traumes. Chouaki bringt die LeserInnen ganz nah an seinen Hauptcharakter heran, lässt sie an fast jedem von Moussas Gedanken teilhaben und verschont sie auch nicht mit den abstoßenden Details vom Abstieg in den Sumpf von Drogen und Alkohol. Denn für Moussa gibt es nur Schwarz oder Weiß, ganz oder gar nicht. Als seine große Liebe ihn auch noch auf den Druck ihrer Familie hin verlässt, liegt Moussa schließlich nichts mehr an seinem Leben. Der Roman beschreibt aber nicht nur das tragische Schicksal eines einzelnen Musikers, sondern auch den politischen Niedergang und die gesellschaftliche Spaltung des damaligen Algeriens, die bis in die Familien hineinreichte. Er macht deutlich, wie unmöglich es ist, unter solchen Bedingungen als Künstler unangepasst sein Talent auszuleben.