Wenn vor dem Senatsaal der Universität dieser Tage hunderte junge Leute reglos auf dem Boden liegen, dann sind das keine faulen Studierenden, sondern Bologna-Leichen. Sie sollen zeigen, wie überfordert sich Bachelor-Studierende durch ihre überfrachteten Stundenpläne fühlen. Solche Aktionen nennen sich Flashmobs und sind Teil des Kölner Bildungsstreiks.
Zum Auftakt des Streiks fand, wie auch in anderen Städten, eine Demonstration statt. Im Anschluss beschloss die Vollversammlung der Uni Köln unter großem Applaus, die Aula 1 im Hauptgebäude zu besetzen. Der Raum sollte unter anderem dazu dienen, weitere Streik-Aktionen zu koordinieren. »Wir brauchen den Raum zum Diskutieren und Arbeiten«, sagt VWL-Student und Bildungsstreikaktivist Leonard Schubert. »Außerdem hat die Besetzung einen symbolischen Wert.«
Die Universitätsleitung hatte dafür offenbar kein Verständnis. Zwar kam Prorektor Thomas Krieg kurz nach Beginn der Besetzung mit einem Gesprächsangebot ins Plenum. Dieses war jedoch an Bedingungen geknüpft: Nur wenn die BesetzerInnen in Hörsaal II umziehen würden, sei die Unileitung zum Dialog bereit. Da der Raum im Keller recht abgelegen ist, lehnten die BesetzerInnen ab. Am Morgen des fünften Tages erstattete Rektor Axel Freimuth Strafanzeige und ließ die Aula von Polizei-Hundertschaften räumen. »Es ist schade, dass die Universitätsleitung keinen friedlichen Protest zulässt«, sagt der Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Christian Poell.
Als in der Aula 1 einige Tage später eine zweite Vollversammlung stattfinden sollte, hieß es, dass sie wegen Bauarbeiten gesperrt sei. Rund 1000 Studierende zogen daraufhin weiter zur Humanwissenschaftlichen Fakultät (HF) und besetzten die dortige Aula. In einem ersten Beschluss lehnte die Engere Fakultät der HF, das höchste Beschluss fassende Gremium der Fakultät, den Einsatz von Polizeigewalt ab. Bei Redaktionsschluss war die Aula deshalb noch besetzt. Zufrieden waren die BesetzerInnen deswegen noch lange nicht. »Das Rektorat kommuniziert nicht mit uns«, sagt VWL-Student Schubert. »Wenn wir Pressemitteilungen an das Rektorat richten, kommt keine Antwort.« Rektor Freimuth zog es vor, mit dem Kölner Stadt-Anzeiger zu sprechen. »Hier werden nur pauschale Forderungen gestellt«, sagte er gegenüber der Zeitung. »Ein qualitativer Dialog ist so nicht möglich.«
Die BesetzerInnen fordern unter anderem, eine paritätisch besetzte Kommission zur Überarbeitung der Bachelor- und Masterstudiengänge einzurichten. Zudem wollen sie, dass die allgemeinen Studiengebühren abgeschafft werden und dass das Studium auch Menschen ohne Abitur zugänglich gemacht wird. Darüber hinaus fordern sie eine Viertelparität in allen Gremien der Uni, in denen Studierende bislang in der Minderheit sind, sowie die Auflösung des Hochschulrats, der bei uniweiten Beschlüssen das letzte Wort hat und zu einem großen Teil aus WirtschaftsvertreterInnen besteht.
Zur weiteren Diskussion fand Anfang Dezember eine Vollversammlung statt zum Thema: »Bachelor/Master - wie geht es weiter?« Die TeilnehmerInnen diskutierten, ob die neuen Studiengänge nur reformiert oder abgeschafft werden sollten. Zuvor hatten sich in der »Kölner Erklärung« Lehrende mit den streikenden Studierenden solidarisch erklärt. Mehrere Lehrende trugen auf der Versammlung eigene Forderungen vor.
Um eine mögliche Besetzung in Aula 2 zu verhindern, hatte der Rektor an diesem Tag vorgesorgt: Er ließ Studierende und Professor in einer Vorlesung von Sicherheitsleuten einschließen, ohne sie über den Anlass zu informieren. Der Professor, Detlef Fetchenhauer, kritisierte ihn daraufhin in einem offenen Brief scharf: «Man hätte sich diese Menschen auch als Saalschutz bei einer NPD-Veranstaltung vorstellen können.«
Grund für Freimuths Vorgehen war wohl eine Feier der WiSo-Fakultät. Die VeranstalterInnen hätten den Studierenden, denen die Besetzung dennoch für eine Nacht gelang, einen Redebeitrag zugestanden. Doch die Unileitung lehnte das ab. »Der Rektor ist nicht gewillt, auf irgendwelche Forderungen einzugehen«, sagte ein Organisator der Feier. »Die Uni ist nun mal keine basisdemokratische Organisation.« Gegen zwölf fuhren die Polizeiwagen auf dem Albertus Magnus-Platz vor.