Selbstmach-Hefte

In Mülheim an der Ruhr findet dieses Jahr das dritte Zinefest statt. »Do it yourself« ist die Devise der VeranstalterInnen. Von Carolin Wedekind

Ab und zu kann es sich lohnen, ins andere Mülheim zu fahren. Ein Anlass für die Fahrt ins Ruhrgebiet wäre etwa das Zinefest Mülheim, das Ende Juli stattfindet. Dort treffen sich zum dritten Mal Interessierte und MacherInnen von selbstgemachten und häufig fotokopierten Heften, sogenannten Zines.

Die Bezeichnung Zine kommt vom Wort Fanzine, das bezeichnet ein von Fans und für Fans gestaltetes Magazin. Zines gingen jedoch thematisch über reine Fan-Publikationen hinaus, betont Zinefest-Organisator Fabian Elster. »Thematisch kann es wirklich um alles Mögliche gehen«, sagt er. Besonders verbreitet sind Comic- und Kunst-Zines, die in der Regel mit vielen Bildern aufwarten. Es gibt aber auch textlastigere Hefte, die sich etwa dem »Do It Yourself«-Prinzip oder politischen Themen widmen. Häufig schreiben Zine-MacherInnen auch über Persönliches, über Dinge, die sie beschäftigen. »Beim ersten Zinefest waren sogar Leute mit einem Fußball-Fanzine dabei«, sagt Elster. Er selbst hatte vor etwa zehn Jahren sein erstes Zine in der Hand - und war sofort begeistert. »Ich fand es gut, über was die Leute schreiben. Wie offen sie sind, dass sie etwas vermitteln oder einfach teilen möchten.« Elsters erstes eigenes Heft war ein Kunst-Zine mit Bildern von Freunden.

In englischsprachigen Ländern hat Elster schon viele Info- und Buchläden gesehen, in denen neben dem üblichen Angebot auch Zines zu bekommen sind. In Deutschland ist dieser Vertriebsweg eher unüblich - Zines sind hier generell schwer zu bekommen. Mit etwas Glück, sagt Elster, habe vielleicht jemand auf Konzerten eine Kiste dabei. Das führe dazu, dass die MacherInnen sich nur schwer miteinander vernetzen könnten. »Es ist auch sehr schwer, seine Zines unter die Leute zu bekommen«, sagt Elster. Das Zinefest soll Abhilfe schaffen. Es ist als Ort zum Kennenlernen und Austauschen gedacht.

Es ist schon etwas überraschend, dass sich Leute in Zeiten von Weblogs für diese aufwändige Art des Mitteilens entscheiden. Mit dem Zinefest möchte Elster jedoch dem Irrglauben entgegenwirken, dass Zines mit der Verbreitung des Internets ausgestorben seien. Für manche Inhalte würden zwar heute tatsächlich Blogs bevorzugt, glaubt er. So gebe es beispielsweise weniger Polit- und Musik-Zines als früher. Deren MacherInnen seien entweder auf das Internet umgestiegen, oder würden professionelle Magazine bevorzugen. Den Zine-MacherInnen geht es jedoch in der Regel nicht nur ums reine Mitteilen. Sondern auch darum, ein Heft selbst zu gestalten und ihm eine persönliche Note zu verleihen. »Im Internet zu schreiben wäre vielen vielleicht doch ein wenig zu unpersönlich«, sagt Elster.

Als Rahmenprogramm bietet das Zinefest Mülheim Konzerte, Dokumentarfilme über die Zine-Szene sowie Workshops und Vorträge. Besonders wichtig ist den OrganisatorInnen jedoch, dass sich die BesucherInnen selbst einbringen können. Interessierte sind zum einen dazu eingeladen, sich an der Planung und Vorbereitung zu beteiligen. Zum anderen wird auch während des Zinefests Wert aufs Mitmachen gelegt. In einer Vorleseecke können BesucherInnen beispielsweise selbstverfasste oder fremde Texte vortragen. Ein Höhepunkt des Zinefests soll das Zinefestzine sein: Vor Ort erstellen und kopieren die BesucherInnen ein gemeinsames Heft über die Veranstaltung.

Das Zinefest Mühlheim 2010 findet voraussichtlich am 30. und 31. Juli im Autonomen Zentrum statt. Wer sich an der Organisation beteiligen möchte, kann über zinefestmh@yahoo.com mit der Vorbereitungsgruppe in Kontakt treten.