Für zynische Frauen hätte der 26. März ein Tag zum Feiern sein können. Endlich durften sie sich für einen Moment zurücklehnen, die Beine hoch legen und sich auf die Schultern klopfen. Bis zu diesem Tag nämlich hatten sie gearbeitet, um auf das gleiche Jahresgehalt für das Jahr 2009 zu kommen wie ihre männlichen Kollegen.
Der Equal Pay Day markiert jedes Jahr den Zeitraum, den Frauen in Deutschland über das Jahresende hinaus arbeiten müssen, um auf das gleiche durchschnittliche Vorjahresgehalt zu kommen wie Männer. Im Schnitt verdienen Frauen dem Bundesamt für Statistik zufolge in Deutschland ganze 23 Prozent weniger als Männer. Damit liegt der so genannte Gender Pay Gap in Deutschland deutlich höher als der EU-Durchschnitt von 17,4 Prozent. Das sei nicht nur ein Armutszeugnis in Sachen Gerechtigkeit, sondern noch dazu ökonomisch unvernünftig, findet das Aktionsbündnis um den Verein Business and Professional Women Germany (BPW), in dem sich berufstätige Frauen engagieren. Der BPW rief deshalb zum ersten Mal im Jahr 2008 den Equal Pay Day ins Leben als einen Aktionstag gegen die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern.
Seitdem machen die AkteurInnen einmal im Jahr auf die Lohnkluft aufmerksam: mit Informationsständen, Podiumsdiskussionen, Workshops und roten Taschen. Diese sind ein Symbol für die roten Zahlen in den Bilanzen der Frauen. In Köln und anderen Städten zogen am Aktionstag im März Rote-Taschen-TrägerInnen zu einem Flashmob vor das Rathaus. In manchen Städten luden Geschäfte zu »Unhappy Hours« ein, in denen Frauen 23 Prozent Rabatt bekamen.
Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen haben mehrere Ursachen. »Es geht nicht allein darum, dass eine Frau für die gleiche Arbeit weniger verdient als der Kollege, der ihr gegenüber sitzt«, sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln Christine Kronenberg. Das sei vor allem im höheren Management ein Problem, wo Frauen Studien zufolge sogar 33 Prozent weniger verdienen als Männer. Die Hintergründe sind oft eher struktureller Art. Frauen arbeiten häufiger als Männer in Bereichen mit niedrigen Löhnen und sind in gut bezahlten Führungspositionen unterrepräsentiert. Hinzu kommt, dass von Frauen nach wie vor erwartet wird, die Hauptarbeit im Haushalt und bei der Betreuung der Kinder zu übernehmen. Das beeinflusst wiederum viele Frauen in ihrer Berufswahl.
Entschließt sich eine Frau dazu, Kinder zu bekommen, legt sie ihren eigentlichen Job oft für längere Zeit auf Eis. Das wirkt sich negativ auf ihr Gehalt aus, wenn sie wieder ins Berufsleben zurückkehrt. Ebenso auf die Rente, die sie erwarten kann. Um die Situation zu verbessern, müssten mehr und flexiblere Kindergärten oder Kindertagesstätten her - dafür setzt sich das Bündnis, das den Equal Pay Day veranstaltet, besonders stark ein. Zudem müssten Unternehmen Arbeitnehmerinnen flexiblere Arbeitszeiten ermöglichen.
Mit dem Equal Pay Day wollen die AktivistInnen eine öffentliche Debatte anregen. Dazu, wie viele Menschen genau sich in diesem Jahr am Aktionstag beteiligt haben, lagen bis Redaktionsschluss keine Zahlen vor. Im vergangenen Jahr fanden bundesweit 180 Aktionen statt, an denen mehr als 65000 Menschen teilnahmen. »Die Resonanz war auch dieses Jahr sehr positiv«, sagt Gleichstellungsbeauftragte Kronenberg. Es hätten auch viele Männer teilgenommen. »Gerade Väter mit Töchtern haben großes Interesse gezeigt.«