Nur ein paar Meter neben dem E-Raum im Hauptgebäude, wo Studierende vor Kaffeetassen und Salamibrötchen sitzen, beginnt sozusagen die Unterwelt. Dort befindet sich der Eingang zum Barbarastollen, einem künstlichen Bergwerkstollen im Bauch der Universität. Angemeldete Gruppen können den Stollen besichtigen. Auch am Tag des offenen Denkmals am 12. September steht er für BesucherInnen offen.
Den etwa 40 Meter langen Barbarastollen gibt es bereits seit Anfang der Dreißigerjahre. Damals gehörte er dem Museum für Handel und Industrie, das ihn als Anschauungsobjekt für Studierende der Handelshochschule im Uni-Keller untergebracht hatte. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs geriet er in Vergessenheit - jahrzehntelang. Erst Mitte der Achtzigerjahre entdeckten ihn Angestellte der Uni durch Zufall wieder, als sie eine frei geräumte Kellertür aufhebelten. »In Zusammenarbeit mit der Ruhrkohle-AG wurde der Stollen dann saniert«, erzählt Thomas Erren, Professor am Institut für Arbeitsmedizin, dem der Barbarastollen heute angegliedert ist und das auch die Führungen organisiert.
BesucherInnen werden mit gelben Plastikhelmen ausgestattet, schon auf der Treppe hinab zum Eingang müssen sie sich ducken. Hinter der ersten Ecke steht man in einem schummrig beleuchteten Gang. Die Wände sind aus Stein und werden von Holz- und Stahlträgern gestützt. In der Mitte des Bodens verlaufen Schienen. Wäre der Stollen nicht nur eine Attrappe, würden dort mit Kohle beladenen Loren hin und herfahren. Theoretisch könnten sie es sogar. »Fast alles hier ist voll funktionsfähig«, sagt Erren.
Der Stollen war natürlich nie tatsächlich in Betrieb - unter der Uni liegen schließlich keine nennenswerten Kohlevorkommen. Er dient heute dazu, Studierenden näher zu bringen, wie das Arbeitsleben in einem Bergwerk aussah. »Die Studenten sollen die Möglichkeit haben, wirklich zu begreifen, wie hart die Arbeitsbedingungen über Jahre und Jahrzehnte waren«, sagt Erren. Der künstliche Stollen ist wie ein typisches Steinkohlebergwerk der Zwanziger- und Dreißigerjahre aufgebaut und zeigt, wie riskant die Arbeit unter Tage damals war. ArbeitsmedizinerInnen erforschen im Barbarastollen unter anderem, wie typische Bergarbeiter-Krankheiten wie die Staublunge entstehen und wie man sie verhindern kann.
Weil die Gänge in Bergwerkstollen meist sehr eng sind, mussten häufig Kinder die harte Arbeit der Bergleute übernehmen. Im Ausland ist das auch heute noch oft der Fall. »Diese Praxis war aber auch bei uns verbreitet«, sagt Erren. Darauf deutet seiner Meinung nach unter anderem die Legende der Kölner Heinzelmännchen hin. »Wenn man sich die Heinzelmännchen mit ihren Zipfelmützen so anschaut, dann haben sie eine starke Ähnlichkeit mit vergreisten Kindern«, sagt Erren. So hätten zum Beispiel die Kinder ausgesehen, die im Siebengebirge jahrelang unter Tage arbeiten mussten, ohne je das Sonnenlicht zu sehen.
Es gibt jedoch auch eine amüsante Verbindung zwischen den Kölner Heinzelmännchen und dem Barbarastollen: Er ist einer der Schauplätze in Bernhard Hennes Fantasyroman Nebenan. Im Buch ist der Barbarastollen im Uni-Keller ein von Heinzelmännchen bewachter Eingang in eine andere Welt.