Teilweise benötigen sie riesige Lupen, um die Schrift zu lesen: Auf dem Anmeldeformular für die Leichtathletik-WM der SeniorInnen machen einige der SportlerInnen ihr Kreuz bei der Alterskategorie »100+«. Der hundertjährige Alfred Proksch beispielsweise möchte als Diskuswerfer teilnehmen. Wenn er gerade keinen Sport treibt, zeichnet er gerne Akte. Auch der 82-jährige Hochspringer Jirí Soukup möchte zur WM und füllt gemeinsam mit seiner Frau das Formular aus. Als in einer Zeile nach der Faxnummer des Athleten gefragt wird, antwortet sie »Wir sind zu alt.«
In seinem Dokufilm Herbstgold portraitiert Regisseur Jan Tenhaven die Avantgarde der Fitnessreligion; vorbildliche SeniorInnen, die vorführen wie gut sich Sport anfühlt. Fünf der über achtzigjährigen TeilnehmerInnen der WM hat Tenhaven während Trainingsphase und Wettkampf begleitet, mit ihnen über ihr SportlerInnenleben geredet. Der alternde Körper wird dabei immer wieder zum Thema, etwa wenn die Diskuswerferin Gabre von früheren Erfolgen erzählt oder Sprinter Herbert Liedtke laut eigener Aussage mit dem Sport sein Leben verlängern will. Ohne Training würde er tot umfallen, sagt er. Sicherlich werden einige ZuschauerInnen inspiriert aus dem Kino joggen. Dass Herbstgold plump diese Message rüberbringen würde, kann man Tenhaven jedoch nicht vorwerfen. Was nebenbei zwar auch als Werbefilm für die BürgerInnenpflicht Gesundheit funktioniert, ist eigentlich eine wirklich nette Doku über fünf sympathische Leute, die eben machen was ihnen Spaß macht. Zudem ist der Film verdammt gut gemacht, abgesehen von ein paar pathetischen Zeitlupenszenen, die auch gefühlte 100 Jahre dauern.