»Wessen Bildung? Unsere Bildung!« Mit Trillerpfeifen, Megafon und Musikwagen zogen am 9. Juni Kölner Studierende, Auszubildende und SchülerInnen durch die Innenstadt. Die zweite Bildungsstreik-Demonstration in diesem Semester brachte nach Angaben des Kölner Bildungsstreikbündnisses etwa 2000 SchülerInnen und Studierende auf die Straße. Zwar ist die Zahl der Demonstrierenden gesunken, doch die VeranstalterInnen sind zufrieden. »Die Stimmung bei der Demonstration war sehr gut«, sagt Agnes Kamerichs, die sich im Kölner Bildungsstreikbündnis engagiert. »Es haben sich allerdings wesentlich mehr Schülerinnen und Schüler als Studierende beteiligt.«
Wenige Tage nach der Demonstration besetzten Kölner Bildungsstreik-Aktivistinnen kurzzeitig die Kölner SPD-Zentrale, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen und die SPD an ihre Wahlkampf-Versprechen zu erinnern. »Wir wollten noch mal darauf aufmerksam machen, dass es nun im Landtag eine Mehrheit gibt, die konkrete Verbesserungen wie die Abschaffung der Studiengebühren und eine Schule für alle auf den Weg bringen kann«, sagt Kamerichs. Die Bildungsstreik-AktivistInnen diskutierten mit Jochen Ott, dem Kölner SPD-Vorsitzenden. Wie sein Landesverband ließ auch er sich nicht zu konkreten Zusagen bewegen. »Wir wurden zwar freundlich empfangen«, betont Kamerichs. »Wie schnell und wann das Thema Abschaffung der Studiengebühren angefasst wird, ist aber noch offen.« Genau deshalb sei es nun wichtig, weiterhin durch Aktionen und Studiengebührenboykotte Druck auf die Landtagsfraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der Linken auszuüben. Gemeinsam haben die drei Parteien eine Mehrheit im neu gewählten Landtag. Nach wochenlangem Hin und Her in den Koalitionsverhandlungen, will die SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft nun Mitte Juli mit dem Bündnis 90/Die Grünen eine Minderheitenregierung bilden.
Auch das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) kritisiert, dass die SPD sich noch nicht klar zum Thema Studiengebühren geäußert hat. »Am 13. Juli werden wir spätestens wissen, ob die SPD NRW und die Grünen ihre Wahlversprechen ernst meinen und Studiengebühren abschaffen werden«, sagt Christina Schrand, Sprecherin des ABS. Dann findet die nächste Landtagssitzung statt. »Es wird Zeit, dass die angehende Minderheitenregierung den Bürgerinnen und Bürgern erklärt, wie sie die Gebührenfreiheit für die Hochschulbildung in NRW umsetzen möchte«, sagt Schrand. Deshalb fordert das ABS einen konkreten Fahrplan, der im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden soll.
Bildungsstreik-AktivistInnen sehen in der möglichen Abschaffung der Studiengebühren in Nordrhein-Wesfalen einen wichtigen Schritt, der bundesweit Auswirkungen haben könnte. »Die Abschaffung der Studiengebühren in Nordrhein-Westfallen als dem Bundesland mit den meisten Studierenden würde eine starke Signalwirkung haben«, sagt Agnes Kamerichs. »Die Abschaffung der Gebühren in Hessen haben wir vor allem den Kämpfen der Studierenden dort zu verdanken.« Auch im Saarland wurden nach einem Regierungswechsel die allgemeinen Studiengebühren abgeschafft. »Wenn nun noch NRW dazu kommt, gibt es nur noch vier Bundesländer mit Gebühren«, sagt Kamerichs.