Wenn sich Eltern auf einen Namen für ihr Kind einigen müssen, kann das schnell in Streit ausarten. Umso schwieriger ist es, wenn sich die 192 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) für einen Namen entscheiden müssen. Vor dieser Situation stand die UN-Generalversammlung, als sie im vergangenen Juli die Gründung der neuen Fraueneinheit beschloss. Da die vollständige Bezeichnung »United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women" lautet, hätte die passende Abkürzung eigentlich »Unegeew« sein müssen. Man einigte sich stattdessen nach längerer Diskussion auf ein simples UN Women.
Durch die Gründung von UN Women werden die vier UN-Agenturen ersetzt, die sich bisher mit Frauenrechten und Geschlechtergerechtigkeit befassten: der Frauenentwicklungsfonds (UNIFEM), das Büro des Sonderberaters für Gleichstellungsfragen, die Abteilung zur Frauenförderung und das Internationale Forschungs- und Ausbildungsinstitut zur Förderung von Frauen. Die vier Agenturen waren im Vergleich zu UN-Organen wie dem Kinderhilfswerk UNICEF in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Die neue Einheit soll dieser Zersplitterung ein Ende bereiten. Sie soll die Arbeit zu den Themen Frauenrechte und Geschlechtergerechtigkeit bündeln und sie somit effizienter und öffentlichkeitswirksamer machen.
In den vergangenen Jahren hatten sich mehr als 300 Frauen- und Menschenrechtsorganisationen in einer Kampagne namens Gender Equality Architecture Reform (GEAR) für eine neue UN-Einheit für Frauen eingesetzt. Die Forderung nach einer starken Stimme für die Frauen innerhalb der UN-Strukturen ist aber nicht neu. FrauenrechtlerInnen hatten sich seit Jahrzehnten für eine Reform ausgesprochen. »Darauf haben wir lange hingearbeitet und sind glücklich, dieses Ziel nun erreicht zu haben«, sagt Karin Nordmeyer, die Vorsitzende des deutschen Komitees für UNIFEM. »Wir haben zu allen möglichen Anlässen versucht, Lobbying zu betreiben.« Denn schon auf der Weltfrauenkonferenz in Mexiko 1975 habe sich herausgestellt, dass eine starke UN-Fraueneinheit notwendig ist, um die Stärkung der Frauenrechte voranzutreiben. So hatte beispielsweise der Frauenentwicklungsfonds UNIFEM bis heute lediglich den Status einer ausführenden Organisation des Entwicklungsfonds (UNDP) und war dadurch in seiner Autonomie eingeschränkt.
UN Women wird zwei Hauptaufgaben haben. Die Agentur soll einerseits normativ arbeiten, das heißt Standpunkte und Standards zum Thema Frauen und Geschlechtergerechtigkeit formulieren. Sie soll aber auch mit den Mitgliedstaaten und anderen AkteurInnen zusammenarbeiten, um diese Ziele durchzusetzen. Daneben ist es die Aufgabe von UN Women, innerhalb des UN-Systems Geschlechtergerechtigkeit voranzutreiben.
Für die Zukunft von UN Women ist es von enormer Bedeutung, wer als erste Untergeneralsekretärin die Einheit leiten wird, da sie die neue Einheit mit aufbauen wird. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannte Mitte vergangenen Septembers Michelle Bachelet zur Chefin von UN Women. Die Chilenin ist ursprünglich Kinderärztin und regierte von 2006 bis 2010 für die sozialistische Partei als erste Präsidentin Chile. Ihre Ernennung stößt unter Frauenorganisationen auf breite Zustimmung, sogar Begeisterung. Sie sei eine außergewöhnliche Persönlichkeit und zeichne sich durch viel Erfahrung mit den Mechanismen der Politik aus. »Michelle Bachelet ist ein Glücksgriff für uns«, sagt auch Nordmeyer.