Nasser Ali Khan ist der berühmteste Violinist seiner Zeit. Er lebt im Teheran der 1950er Jahre. Auch wenn seine Familie unter seiner Selbstsucht leidet, sein Geigenspiel zieht alle in den Bann. Als jedoch eines Tages seine Geige zerbricht und mit ihr seine Fähigkeit, die Menschen mit seiner Musik zu berühren, beschließt Nasser Ali zu sterben. Er zieht sich ins Bett zurück und wartet auf den Tod. Doch der Engel des Todes lässt sich nicht drängen, und so beginnt ein Taumel durch die schönsten und die schlimmsten Momente im Leben Nasser Alis - und die Erinnerung an eine große, unglückliche Liebe.
Im Stil eines persischen Märchens inszenierten Marjane Satrapi und Vincent Paronnaud ihren zweiten gemeinsamen Film. Das Leben von Satrapis Großonkel lieferte den Stoff für die Geschichte. Mit Huhn mit Pflaumen bringt die Comiczeichnerin Teil zwei ihrer geplanten Trilogie über das Leben ihrer Familie im Teheran der 20. Jahrhunderts auf die Leinwand. Der Vorgänger Persepolis, ein Animationsfilm für Erwachsene, wurde 2007 mit vielen Nominierungen international gefeiert. Obwohl auch Huhn mit Pflaumen auf einer Graphic Novel Satrapis basiert, drehte das RegisseurInnenduo diesmal mit SchauspielerInnen.
Satrapi und Paronnaud schaffen eine mal melodramatische oder melancholische, mal rasant komische Märchenwelt, die viel von der spielerischen Phantasie eines Comics hat. Wunderbar eklektisch verweben sie unterschiedliche filmische Stile und öffnen so Fenster in verschiedene Welten und Zeiten. Durch die Erzählung trägt die Musik Olivier Bernets, die an Yann Tiersens Kompositionen zu Die fabelhafte Welt der Amélie erinnert.
Die RegisseurInnen nutzen die Ausflüge in die Zukunft und Vergangenheit der Figuren ausgiebig, um die ZuschauerInnen zu amüsieren. Was tun mit dem rotzfrechen Söhnchen, dass den Deal mit dem Stradivari-Verkäufer zu verderben droht? Opium erscheint als das beste Beruhigungsmittel für kleine Nervensägen. Und natürlich ist es ironischerweise ausgerechnet der Bengel, der durch seine Gebete den Vater vorm Sterben bewahrt - beziehungsweise ihn daran hindert. Dass er später in der Plastikhölle eines amerikanischen Unterschichtenklischeelebens mit einer fetten Teenage-Mum als Tochter enden wird, verrät eine Vorblende in dessen Erwachsenenleben. Diese Entwicklung überrascht nicht - aber amüsiert. Ernster sind dagegen die Erinnerungen Nasser Alis an sein Leben und seine Liebe. Schon in der Schule bestraft ihn der Lehrer für seinen Eigensinn, während sein Bruder immer als vorbildlich gilt. Seine große Liebe Irane darf er nicht heiraten - und spielt daraufhin auf seiner Geige so schön, dass ihn die ganze Welt lieben muss. So hat er sich mit der Enttäuschung seines Lebens arrangiert. Aber was, wenn sie sich nach Jahrzehnten wieder begegnen?
Huhn mit Pflaumen. Frankreich/Deutschland/Belgien 2011. Regie: Margane Satrapi, Vincent Paronnaud. DarstellerInnen: Mathieu Amalric, Golshifteh Farahani u.a. Kinostart: 5. Januar 2012.
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