Lecturer dürfen erstmal bleiben

Im Sommer wurden Lecturerverträge nicht verlängert, die ausfallenden Seminare sorgten für Aufregung. Nun entscheiden die Fachschaften über Einzelfälle. Da haben die schlecht vernetzten Lecturer noch einmal Glück gehabt. Von C. Wienen

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Im vergangenen September ging ein Schock durch die Institute der Philosophischen Fakultät: Pflichtseminare für das Philosophiestudium, Kurse zum IT-Zertifikat, Seminare querbeet durch die Institute drohten zwei Wochen vor Semesterbeginn wegzufallen. Der Grund: Alle auslaufenden Lecturerstellen wurden nicht verlängert.

Die Lecturer waren mit den Studiengebühren eingeführt und aus ihnen finanziert worden. Sie hatten aber nur einen schlecht bezahlten, befristeten Lehrauftrag. KritikerInnen sagen, die Stellenform sei unsozial und eine Sackgasse für eine universitäre Karriere. Die Fachschaften hatten sich von Anfang an dagegen gewehrt. Sie argumentierten, dass sich die Lehre langfristig verschlechtere, da die Lecturer nicht forschen. Die Fachschaften formulierten also 2007 ein Positionspapier, in dem sie die Stellen grundsätzlich ablehnten. Da die Studierenden jedoch in der Kommission zur Vergabe der Studiengebühren in der Minderheit waren, verhallte ihr Protest.

Nach der Abschaffung der Studiengebühren änderte sich dies. Studierende haben in der neu eingerichteten Kommission zur Qualitätsverbesserung in Lehre und Studium (kurz: QVM) die Mehrheit und bestimmen, wie die Ausgleichszahlungen des Landes NRW verteilt werden. Damit konnten sie über die Zukunft der Lecturer entscheiden. Direkt in der konstituierenden Sitzung im vergangenen Juli kündigte Peter Hacke, Studierendenvertreter in der EF und QVM, an, dass sie sich an den Fachschaftsbeschluss von 2007 halten müssen und die Verträge nicht verlängern würden.

Im August wurden dann sämtliche Verlängerungen ohne weitere Prüfung abgelehnt. Dass dadurch Seminare ausfallen würden, nahm man zunächst in Kauf. Die Lecturer erfuhren dies erst im September. Sie waren befristet angestellt, wer nicht lange bleibt, der richtet sich auch nicht ein. Sie haben keine VertreterInnen und keinen gemeinsamen Emailverteiler. In der QVM werden die Lecturer zwar durch den Vertreter des Mittelbaus Andreas Klingenberg vertreten, der gab jedoch zu, keine Namen gehabt zu haben, an die er die Infos hätte leiten können.

Mitte September fielen die Lecturer jedenfalls aus allen Wolken und aus ihren Lohnverhältnissen. Die fehlende Vernetzung wurde ihnen fast zum Verhängnis. Und nun geschah, was längst überfällig war: die Lecturer begannen zu kommunizieren, sie erstellten im Oktober 2011 ein eigenes Positionspapier und wiesen die ihnen unterstellte Ausbeutung weit von sich. »Eine Verstetigung dieser notwendigen Beschäftigungsverhältnisse ist überaus wünschenswert, bedarf aber einer frühzeitigen und an den Realitäten orientierten Konzeption«, schrieben zehn Lecturer aus unterschiedlichen Instituten.

Als Mitte September die DozentInnen die Studierenden über die ausfallenden Kurse informierten, herrschte große Verwirrung. Das rief die Fachschaften auf den Plan. In einer eilig einberufenen Fachschaftskonferenz im Oktober 2011 wurde das Positionspapier von 2007 überdacht: Nun entscheiden die jeweiligen Fachschaften über die Verlängerung der Verträge. An diese Einzelentscheidungen sind dann ihre studentischen VertreterInnen in der QVM gebunden. Die meisten Kursangebote finden daher weiterhin statt. »Doch dies kann nicht die langfristige Lösung sein«, sagt Peter Hacke, studentisches Mitglied der EF. Die Lehrenden müssten auch forschen, die Lecturer müssten in wissenschaftliche MitarbeiterInnen umgestuft werden, findet er. Die QVM-Kommission wird nun ein Konzept erarbeiten und damit die Institute unterstützen, einen sanften Ausstieg aus den Lecturer-Stellen zu schaffen.