Die im Jahr 1997 an den Hochschulen in Baden-Württemberg eingeführte Rückmeldegebühr ist verfassungswidrig, so das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 19. März 2003. Damit schlossen sich die Karlsruher RichterInnen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim an, der bereits im Sommer 1998 erkannt hatte, dass die Höhe der Gebühr von rund fünfzig Euro in einem »groben Missverhältnis« zu den tatsächlichen Verwaltungskosten von durchschnittlich 4,40 Euro pro Rückmeldung stehe. Da deshalb die Gegenleistung für die Gebühr nicht mehr klar erkennbar sei, werde die Abgabe zum Mittel staatlicher Einnahmeerzielung - womit sich die Gerichte der Einschätzung des Rechtsanwaltes Andreas Piekenbrock, der die Gebühr als »Studentensteuer« bezeichnet hatte, annäherten.
Für die StudentInnen in Baden-Württemberg bedeutet das Urteil zunächst eine Art Schuldenerlass, da die Zahlung der Gebühr zwar seit 1998 aufgrund der zweifelhaften Rechtslage ausgesetzt, formell aber jedes Semester neu erhoben wurde. Bei einer anderslautenden Entscheidung hätten die Betroffenen also bis zu 450 Euro nachzahlen müssen. Offen ist allerdings noch, ob die bereits überwiesenen rund 35 Millionen Euro zurückerstattet werden müssen. Da die Erstattungsansprüche Ende 2000 verjährt sind, werden vielleicht nur die StudentInnen in den Genuss einer Rückzahlung kommen, die ihre Rückmeldegebühren nur unter Vorbehalt entrichtet hatten.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat keine Konsequenzen für die mit den Rückmeldegebühren eingeführten Immatrikulations- und Langzeitgebühren. Auch wendet sich das Gericht in der Urteilsbegründung nicht gegen die an sich legitimen Gebührenzwecke der Kostendeckung, der Verhaltenslenkung oder des Ausgleichs von Vorteilen, die mit dem Status »als Studierender« verbunden sind. Vielmehr war für die Entscheidung die Formulierung des Gesetzes ausschlaggebend: Da dort die Gebühr ausdrücklich als Entgelt der Kosten »für die Bearbeitung jeder Rückmeldung« ausgewiesen wurde, konnte es sich nicht - wie das Land Baden-Württemberg im Nachhinein argumentiert hatte - um eine allgemeine Verwaltungsgebühr oder um einen »moderaten Solidarbeitrag der Studierenden« handeln. Damit wird sich das Urteil vermutlich nicht auf ein ähnliches Gesetz in Niedersachsen auswirken, das allgemeiner verfasst ist, könnte allerdings bedeutsam für die in Brandenburg erhobene Rückmeldegebühr sein. Nach Angaben des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) wird die dortige Rechtslage momentan geprüft.
Unterdessen kündigte der baden-württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) nach dem Richterspruch an, »unverzüglich die erforderlichen Konsequenzen für etwaige Gesetzesänderungen« zu ziehen. Was dies bedeuten soll, wurde eine Woche später in einer Presseerklärung präzisiert. Statt der missglückten Rückmeldegebühr ist nun ein allgemeiner Verwaltungskostenaufwand in Höhe von 75 Euro geplant. Damit sollen noch in diesem Jahr dem Land Mehreinnahmen von 17 Millionen Euro zukommen. Empört äußerte sich Jesko Splittgerber, Sprecher der Landes-ASten-Konferenz in Baden Württemberg, zu dem erneuten Vorstoß des Wissenschaftsministeriums. Auch die SPD-Landtagsabgeordnete Carla Bregenzer, die bereits das alte Gebührenmodell als »Sonderopfer der Studierenden für den Landeshaushalt« kritisiert hatte, betrachtet den neuen Versuch als »unverschämt und lächerlich.«