Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) und das nordrhein-westfälische Landes-ASten-Treffen (LAT) bereiten momentan Klagen gegen das Ende Januar von der rot-grünen Mehrheit im Landtag beschlossene Gesetz zur Einführung von Studienkonten und zur Erhebung von Hochschulgebühren vor. Sie können sich dabei auf ein von ihnen in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten des Verwaltungsjuristen Wilhelm Achelpöhler stützen, in dem das Studienkontenmodell als verfassungsrechtlich bedenklich eingestuft wird.
Als Ergebnis seiner Expertise resümiert Achelpöhler: »Die Erhebung der Studiengebühren ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Studierenden erschwert Studierenden die Beendigung des Studiums rechtlich in gleichem, tatsächlich aber in deutlich unterschiedlichem Maße. Die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Sozialstaatsprinzip ist zweifelhaft.«
Ein Kernpunkt der Ausführungen ist die Prüfung des Gesetzes auf die Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der freien Wahl von Beruf und Ausbildung nach Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die bei Überziehung des Studienguthabens bzw. bis 2007 nach der anderthalbfachen Regelstudienzeit anfallende Studiengebühr von 650 Euro pro Semester stellt nach dem Gutachten eine problematische Berufszugangsregelung dar, da die Möglichkeit zur angemessenen Fortsetzung des Studiums so von der finanziellen Situation der gebührenpflichtigen StudentInnen eingeschränkt wird. Diesen stehe in der Regel weder ein Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern, noch ein Anspruch auf BAföG zu; zudem übersteige die Höhe der Studiengebühr den in den »Hammer Leitlinien« - ein vom Oberlandesgericht Hamm ausgearbeiteter Katalog mit Orientierungsgrößen zum Unterhaltsrecht - aufgeführten monatlichen Lebensbedarf der StudentInnen von sechshundert Euro.
Weiterhin wird im Gutachten angezweifelt, ob die Übergangsfrist bis zur Einführung der Regelung ausreichend bemessen ist, um die vom Gesetzgeber erhofften Auswirkungen auf die Effizienz des Studiums zu erreichen: »Sofern eine Verhaltenssteuerung beabsichtigt ist, kann sie durch die Einführung bereits im Sommersemester 2004 bei vielen Studierenden gar nicht erreicht werden, da diese ihr Studium nicht rechtzeitig beenden können.« Der bei den Betroffenen somit verstärkte Zwang zur Erwerbstätigkeit würde sich schließlich sogar studienverlängernd auswirken. Das Bundesverwaltungsgericht bezeichnete bei der Einführung von Studiengebühren in Baden-Württemberg eine Übergangszeit von eineinhalb Jahren als ausreichend. Generell scheint es für Achelpöhler fraglich, »wie hier Studierende, die ihr Studienguthaben ausgeschöpft haben, noch zu einem zügigen Studienabschluss kommen sollen.«
Mit diesen im Gutachten geäußerten Bedenken müsse die »Geeignetheit der Maßnahme« in Frage gestellt werden, ferner auch ihre Erforderlichkeit, da dem Gesetzgeber »gleich wirksame, das Grundrecht aber weniger einschränkende Mittel zur Verfügung« stünden. Alle Gebührenmodelle beeinträchtigten zudem die den Staat verpflichtende Garantie, mit dem Bildungswesen verbundene Chancen »prinzipiell gleichberechtigt« zugänglich zu machen. Die Einführung von Studiengebühren verletze demnach gerade den Gleichheitssatz Während Einzelne keine Schwierigkeiten damit haben dürften, diese Gebühr aufzubringen, stelle dies für andere, beispielsweise auf Erwerbstätigkeit angewiesene StudentInnen durchaus ein Problem dar. »Faktisch bedeutet die Erhebung von Studiengebühren daher die Zuteilung von Lebenschancen nach dem Geldbeutel«, bewertet Achelpöhler die Konsequenz der rot-grünen Gebührenpolitik.