Aus dem Pappmaché-Geldautomaten vor der Kölner Kreissparkasse kommen ölverschmierte Geldscheine. »Keine Spargroschen für Regenwaldzerstörung« fordert ein Transparent. In Köln und anderen Städten Nordrhein-Westfalens protestierten am 10. Juli diesen Jahres AktivistInnen des BUND, von Greenpeace, Robin Wood und Eine-Welt-Gruppen gegen die Geschäfte der Westdeutschen Landesbank AG (WestLB), vor allem gegen die Finanzierung einer Ölpipeline in Ecuador. Die WestLB gehört zu vierzig Prozent dem Land Nordrhein-Westfalen und ist die Zentralbank der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg.
In Ecuador finanziert die WestLB den Bau des Oleoducto de Crudos Pesados (OCP), einer Ölpipeline, die auf achtzig Grad erhitztes Schweröl transportieren soll. Die Trasse führt aus dem ecuadorianischen Amazonasgebiet über die Anden zur pazifischen Hafenstadt Esmeraldas - durch sieben Naturschutzgebiete, über dutzende Erdspalten und vorbei an sechs aktiven Vulkanen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach internationalen Anforderungen hat nie stattgefunden. Das Projekt unterschreitet sogar noch die äußerst niedrigen Umwelt- und Sozialstandards der Weltbank. Diese zog ungewöhnliche Konsequenzen: Im Jahr 2001 ermahnte sie das OCP-Konsortium und die WestLB zu größerer Sorgfalt.
Auch der Nutzen des OCP für die ecuadorianische Bevölkerung ist fragwürdig, hat doch die Erfahrung gezeigt, dass die starke ökonomische Abhängigkeit von der Ölförderung nicht zu einer Verbesserung der sozialen Situation beigetragen hat. Insgesamt sind die Auslandsschulden Ecuadors in den letzten dreißig Jahren um das 72-fache angestiegen; die Zahl der Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, hat sich verdoppelt. Zudem besteht bereits seit 1972 die SOTE-Pipeline, die das Amazonasbecken mit Esmeraldas verbindet, so dass der Bau des OCP eine reine Steigerung der Fördermenge bedeutet. Bei gleichzeitigem Betrieb von SOTE- und OCP-Pipeline reichen die Ölvorkommen dann aber nur noch für 15 Jahre.
Gerade die direkten sozialen Konsequenzen für die Betroffenen sind gravierend. Ihnen drohen Zwangsenteignungen, unfreiwillige Umsiedlung und Einkommenseinbußen auf Grund der Umweltschäden. Viele der in dem Gebiet lebenden Menschen sind als Indígenas oder Afro-EcuadorianerInnen ohnehin schon sozial und wirtschaftlich stark benachteiligt. Zudem sind sie startker rassistischer Diskriminierung ausgesetzt. Protesten begegnete der zur Zeit des Baubeginns amtierende Präsident Ecuadors, Gustavo Noboa Bejarano, mit den Worten: »Ich werde Krieg gegen alle führen, die sich dem Projekt entgegenstellen.« Und so sind UmweltaktivistInnen, die gegen den Bau der Pipeline demonstrieren, in Ecuador laut Amnesty International Report 2003 Ziel staatlicher Repression. Dazu drohen im Moment gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Indígenas im zukünftigen Ölfördergebiet der Pipeline und den Sicherheitskräften der Ölfirmen. Wenn die WestLB ihre Handlungsmöglichkeiten hier nicht ausschöpft, ist sie auch für diese Entwicklung mitverantwortlich.
Das Engagement der WestLB in Ecuador ist - wenngleich das bekannteste - nicht das einzige fragwürdige Projekt des Instituts. In einer Untersuchung der Geschäftspolitik der WestLB kommen die deutschen NGO Südwind und Urgewald zu dem Ergebnis, dass rund sechzig Prozent der Projektfinanzierung in ökologisch und menschenrechtlich bedenkliche Vorhaben fließen. Teilweise stehen die Finanzierungen unter Korruptionsverdacht, sie missachten die Interessen der lokalen Bevölkerung und führen in den betroffenen Ländern zur Verschärfung der sozialen Konflikte.
Einige weitere Beispiele: In Papua-Neuguinea vermittelte die WestLB einen Kredit an die dortige Regierung zur Finanzierung einer Goldmine auf der Inselgruppe Lihir. Schon die Errichtung der Mine führte zu starken Eingriffen in das Lebensumfeld der Inselbevölkerung. Seit ihrer Inbetriebnahme werden die Minenabfälle in die Gewässer um die Inseln geleitet und verseuchen diese mit Zyanid, Arsen, Quecksilber und anderen Schwermetallen. Die Schadstoffe zerstören besonders artenreiche Korallenriffe und gelangen in die Nahrungskette, womit sie die Gesundheit der auf den Inseln lebenden Menschen gefährden. Mit diesen Praktiken verstößt die Betreibergesellschaft gegen die Standards zumindest zweier internationaler Meereskonventionen, was zum Beispiel eine US-amerikanische Investmentagentur dazu bewegte, den Projektfinanzierungsauftrag abzulehnen. Aktuell drängen jedoch gerade die Banken auf eine Senkung der Umweltstandards. So musste sich die Regierung von Papua-Neuguinea auf Druck der KreditgeberInnen dazu verpflichten, keine Maßnahmen zu erlassen, die die Betriebskosten der Mine signifikant erhöhen könnten.
Im indischen Bundesstaat Kaschmir wird ein deutsch-norwegisches Konsortium den Sawalkote-Großstaudamm bauen, ein Auftrag über insgesamt 1,6 Milliarden US-Dollar. Nach Angaben der Kashmir Times erhielt das Konsortium, das von der WestLB beraten wird, den Zuschlag wahrscheinlich durch massive Schmiergeldzahlungen, weshalb das um zwei Drittel günstigere Angebot der indischen Firma Jai Bharat nicht berücksichtigt wurde. Nun sind Großstaudämme an sich schon problematische Projekte, da sie die Lebensgrundlage der betroffenen Menschen, zumeist Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, im Staubereich und im Unterlauf der Flüsse zerstören, das Land unfruchtbar machen oder permanenter Überflutungsgefahr aussetzen. Ein Staudamm der geplanten Größe aber stellt in der erdbebengefährdeten Region eine noch größere Gefahr dar: Schon die Anlage eines Staudamms kann in der Region Erdbeben auslösen, wie dies in den Achtzigerjahren fünfmal der Fall war. Gleichzeitig verschärft der Bau den Konflikt zwischen Pakistan und Indien. So hat Pakistan im Jahr 2001 Protest gegen den Bau eingelegt, da das Vorhaben den Indus Water Treaty verletze.
Die WestLB machte in den letzten Jahren bereits mehrfach Schlagzeilen, unter anderem wegen der so genannten Flugaffäre. Aktuell ermittelt die Finanzaufsicht wegen einer fragwürdigen Kreditvergabe an den englischen Fernsehgeräteverleiher Boxclever gegen die fünftgrößte Bank der Bundesrepublik. Ein Geschäft, das die WestLB fast eine halbe Milliarde Euro gekostet hat. Durch dubiose Geschäfte und mangelnde Kontrollen verbuchte das Düsseldorfer Institut im letzten Jahr insgesamt einen Rekordverlust von 1,7 Milliarden Euro.
An der Kölner Universität haben sich nun verschiedene Fachschaften und Gruppen zusammengetan, um über die Geschäftspraktiken der WestLB zu informieren. Denn StudentInnen der Universität Köln stehen gezwungenermaßen alle in direktem finanziellen Kontakt zur WestLB. Zweimal pro Jahr überweisen sie ihre Semesterbeiträge von insgesamt rund sieben Millionen Euro an die Universität Köln. Dieser Betrag wird auf ein Konto bei der Westdeutschen Landesbank AG (WestLB) transferiert, bevor Teile davon an das StudentInnenwerk und den AStA weitergeleitet werden.
Ulrike Bock ist in der Fachschaft Regionalwissenschaften Lateinamerika aktiv. Felix Rau arbeitet in der Fachschaft Sprachwissenschaft mit und ist Mitglied im SprecherInnenrat der Philosophischen Fakultät.
Am Donnerstag, den 30. Oktober um 19.15 Uhr hält der Südwind-Mitarbeiter Steffen Jörg einen Vortrag über die internationalen Geschäfte der WestLB. Die Veranstaltung findet im Hörsaal VIIb, Hauptgebäude, statt.