Christin Schürholz saß im letzten Jahr für die Autonome Frauenliste im Beirat zur Gleichstellungskommission. Die philtrat sprach mit ihr über ihre Tätigkeit in diesem Gremium, die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten und die Mitbestimmung von Männern in der Gleichstellungskommission. Das Gespräch führte Raphaela Häuser.
Was ist die Autonome Frauenliste und warum tretet ihr an?
Autonom heißt ausschließlich, dass wir unabhängig von jeglichen Hochschulgruppen und Parteiinteressen sind und wir die Interessen der Frauen vertreten. Das gleiche gilt für das Autonome Frauen- und Lesbenreferat, das vom AStA unabhängig ist und ihm keine Rechenschaft ablegen muss.
Wir treten auch dieses Jahr wieder an, weil wir es für wichtig erachten, dass sich die Studentinnen in hochschulpolitische Bereiche mit einbringen, was über das Autonome Referat nur bedingt möglich ist. Daher sind die universitären Gremien für uns von großer Bedeutung. Gerade beim Beirat zur Gleichstellungskommission, der die eigentlich wichtige Funktion hat, die Gleichstellungsbeauftragte zu beraten und zu vertreten, finden wir es entscheidend, dass dort Studentinnen sitzen, die ihre Interessen vertreten können.
Wie würdet ihr die Gleichstellungsarbeit an der Universität beurteilen?
Unserer Meinung nach ist es mit der Gleichstellungspolitik an der Universität nicht so weit her. Wenn man das Zahlenverhältnis zwischen Professoren und Professorinnen als Beispiel nimmt, sieht man, dass noch viel getan werden muss. Es ist auch die Frage, ob in diesem Punkt mittlerweile gleichberechtigt entschieden wird. Was zum Beispiel die Grundeinstellung an der Universität gut verdeutlicht, ist, dass auf den Studienunterlagen immer noch »Hörerstatus« steht. Wir bemühen uns, bei der Verwaltung darauf aufmerksam zu machen und dafür zu sorgen, dass ein Binnen-I eingefügt wird.
Und wie sieht konkret die Arbeit im Beirat aus?
In der einzigen Sitzung des Beirates, die im letzten Jahr stattfand, hat die Gleichstellungsbeauftragte Christel Tomson nur wenig dazu gesagt, was derzeit getan wird. Nach dieser einen Sitzung hat die Gleichstellungsbeauftragte das Gremium nicht mehr einberufen. Wir wissen zum Beispiel nicht, welche Mittel für die Gleichstellungsarbeit zur Verfügung gestellt wurden, weil Frau Tomson ihre Stellvertreterinnen nicht informiert hat, zumindest nicht die Studentinnen.
Die Gleichstellungsbeauftragte wurde ein bisschen unfreundlich, als wir in der Sitzung gefragt haben, was sie für die Studentinnen machen möchte. Denn im Prinzip geht es ihr meiner Meinung nach hauptsächlich darum, in den oberen Rängen mitzumischen. Man sollte ihr zwar zugute halten, dass sie im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich einiges unternimmt, um den Frauenanteil zu steigern. Aber das war es dann auch schon.
Glaubt ihr, dass eine Gleichstellungsbeauftragte für die gesamte Universität reicht, oder stellt ihr euch andere Strukturen vor, etwa eine Gleichstellungbeauftragte für jede Fakultät oder für jede Statusgruppe?
Mit Sicherheit würde es sehr viel Sinn machen, eine Gleichstellungsbeauftragte mit eigenem Beirat pro Fakultät zu wählen. Eine Stelle für jede Gruppe halte ich nicht für nötig, da das eigentlich die Aufgabe des Beirats wäre. Die Gleichstellungsbeauftragte hat ja jeweils eine Vertreterin in allen vier Statusgruppen, die sie allerdings besser einbinden könnte. Es stellt sich die Frage, ob das nicht auch ihre Pflicht ist.
Vor einiger Zeit ist die Frauenbeauftragte in Gleichstellungsbeauftragte umbenannt worden. Mit der neuen Grundordnung gibt es nun eine Gleichstellungskommission als Senatskommission, die quotiert besetzt wird. Was haltet ihr davon, dass Männer jetzt in Gleichstellungsbelangen mitentscheiden können?
Das Problem bei dem Begriff »Gleichstellungskommission« liegt meiner Meinung nach darin, dass damit implizit vorausgesetzt wird, die Gleichberechtigung sei bereits erreicht, und es gehe nur noch darum, diese aufrecht zu erhalten. In der Realität sieht das natürlich anders aus.
Die paritätische Besetzung sehe ich ebenfalls kritisch. Es ist fraglich, wie viel Mitspracherecht Männer haben sollten, da es in erster Linie um die Benachteiligung von Frauen geht. Eine beratende Tätigkeit von Männern wäre angemessener. Es stellt sich die Frage, ob Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte nicht ohnehin zwei verschiedene Arbeitsbereiche sind. Für eine Gleichstellungsbeauftragte an der Universität ist es einfach zuviel Arbeit, sich um die berufliche Gleichstellung von Frauen zu kümmern und Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen zu bekämpfen.
Wie ist die Reaktion vonseiten der Studentinnen? Sind sie sich der Benachteiligung von Frauen eigentlich noch bewusst?
Wir haben im Autonomen Frauen- und Lesbenreferat einen relativ großen Zulauf von Studentinnen, die sich politisch engagieren möchten, da sie das Missverhältnis zwischen der Behandlung von Männern und Frauen sehen. Diese Reaktion freut uns natürlich. Auf der anderen Seite haben wir ständig Diskussionen mit Frauen, die glauben, dass die Gleichstellung bereits erreicht und weitere Arbeit diesbezüglich überflüssig sei. Es hat sich zwar in den letzten Jahren viel getan, aber noch lange nicht genug.