Am 4. Juli 1954 geschah im Berner Wankdorfstadion das beinahe Unfassbare. Durch einen 3:2-Erfolg gegen die als unschlagbar geltenden Ungarn wurde die Nationalmannschaft der Bundesrepublik erstmals Fußball-Weltmeister. Für den bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber »ein Gründungsakt der Bundesrepublik Deutschland«, für den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl Ausdruck eines »wir sind wieder wer« - im positiven Sinn natürlich.
In seinem neu aufgelegten Buch 3:2 für Deutschland ist Arthur Heinrich dieser Glorifizierung des »Wunders von Bern« nachgegangen. Wie zahlreiche andere AutorInnen, die sich diesem Thema aus Anlass des fünfzigjährigen Jubiläums widmen, kommt auch er zu dem Schluss, dass der Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 eine große Bedeutung für die Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik hatte.
Er konstatiert jedoch nicht nur die »Aufbruchstimmung« und die »zivile Identität« nach der NS-Zeit, die unter anderem durch das Fußballspiel in Bern vorangetrieben worden seien. Er verschweigt nicht, dass noch zu Beginn der Fünfzigerjahre 41 Prozent der BundesbürgerInnen die Ideen des NS-Regimes für eher gut hielten und dass 21 Prozent der Meinung waren, die Juden und JüdInnen würden eine Mitschuld an der Shoa tragen. Er unterschlägt nicht die 1954 von der Süddeutschen Zeitung als »Sieg-Heil-Rede« apostrophierte Ansprache von Peco Bauwens, damals Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB), beim Empfang der Weltmeistermannschaft in München. Für Heinrich ist sie vielmehr Anlass, sich kritisch mit der nationalkonservativen Prägung des DFB in der Weimarer Republik und der problemlosen Anpassung des Verbandes an die NS-Ideologie zu beschäftigen. 3:2 für Deutschland ist momentan die beste Darstellung über Die Gründung der Bundesrepublik im Wankdorf-Stadion zu Bern.
Einen ganz anderen Blickwinkel auf das »Wunder von Bern« bietet das Buch Rahn schießt Tor! Tor! Tor! von Wolfgang Fuhr. Chronologisch geordnet beschreibt er in Bildern den Gang der Ereignisse: Vom ersten Spiel gegen die Türkei bis zur Rückkehr der Weltmeister in die Bundesrepublik. Aus den mehr als 2500 Bildern, die ihm zur Verfügung standen, hat Fuhr nicht nur das bekannte Tor durch Helmut Rahn aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln ausgewählt, sondern auch einige Skurrilitäten, so zum Beispiel die Übergabe einer Riesenflasche Milch durch die Nürnberger Milchversorgung an den Nationalstürmer Max Morlock. Ein Schmunzeln kann man sich bei derartigen Aufnahmen nicht verkneifen.
Arthur Heinrich: 3:2 für Deutschland. Die Gründung der Bundesrepublik im Wankdorf-Stadion zu Bern, Verlag die Werkstatt, Göttingen 2004, 14,90 Euro. Wolfgang Fuhr (Hg.): Rahn schießt Tor! Tor! Tor! Die besten Bilder der Fußball WM 1954, Agon Sportverlag, Kassel 2004, 19,50 Euro.