Der Plot der Geschichte ist schnell erzählt: In einem amerikanischen Vorort breitet sich das Grauen aus. Menschen verwandeln sich in bluthungrige Monster, die von ihnen Getöteten mutieren ebenfalls zu lebenden Toten. Die Epidemie, deren Ursachen nicht erklärt werden, greift rasend schnell um sich. Eine kleine Gruppe von Menschen, unter anderem die von Sarah Polley gespielte Krankenschwester Ana und der Polizist Kenneth (Ving Rhames), kann sich in ein nahegelegenes Einkaufszentrum retten, wo sie von einer riesigen Menge der wandelnden Toten belagert werden.
Dawn of the Dead ist ein Remake von George A. Romeros gleichnamigem Zombiefilm aus dem Jahre 1978. Zombie, so der damalige deutsche Kinotitel, ist das Mittelstück der Untoten-Trilogie von Romero, der mit Night of the Living Dead den Klassiker des Genres und mit Day of the Dead einen unterschätzten Abschluss geschaffen hat. Dawn of the Dead gilt allerdings zu Recht als Höhepunkt der Reihe. Die amerikanische Village Voice bescheinigte ihm, »der größte Kulturschocker aller Zeiten« zu sein. Während der Vorgänger Night of the Living Dead als Kommentar zum Vietnamkrieg und den gewalttätigen Auseinandersetzungen um die Bürgerrechtsbewegung gelesen werden kann, wurde Dawn of the Dead Ende der Siebzigerjahre als Kritik am eskapistischen Konsumverhalten der Disco-Ära verstanden. So wirken Romeros ungelenke Zombies beinahe mitleiderregend, wie sie ihre Gesichter sehnsüchtig an den Schaufenstern der Geschäfte plattdrücken. Einer von Romeros Protagonisten grübelt über die Frage, warum die Zombies von dem Einkaufszentrum angezogen werden und gibt die Antwort: »Some kind of instinct. Memory of they used to do. This was an important place in their lives.«
Dieser politische Unterton entfällt in Snyders Film fast komplett, wahrscheinlich würde eine Shopping Mall als Sinnbild für Konsum-Kritik auch nicht mehr funktionieren. Anders als Ende der Siebzigerjahre wird die Architektur von Einkaufzentren nicht mehr kritisch beäugt und aus amerikanischen Vorstädten sind sie nicht mehr wegzudenken. Damals neu, versprachen die riesigen Zentren alle Verheißungen des Kapitalismus.
Überhaupt hat der Film von Regisseur Zack Snyder mit Romeros Vorlage, außer dem Einkaufszentrum als Mittelpunkt der Handlung nicht mehr viel gemeinsam. Vor allem eines fällt auf: seine Zombies stolpern nicht mehr langsam und unkoordiniert vor sich hin, sondern sie sind zu schnellen, übermenschlich starken und aggressiven Kampfmaschinen geworden. Mit ein Grund, warum der Film mehr an einen anderen neueren Zombiefilm als an Romeros Klassiker erinnert: Danny Boyles 28 Days Later von 2002, in dem die mit einem Virus Infizierten ähnlich aggressiv und rasend schnell nach Opfern suchen.
Auch ist das Tempo in Snyders Film durchweg höher als im Original. Romero nahm sich die Zeit zu zeigen, wie sich seine ProtagonistInnen monatelang in der Shopping Mall einrichten, Einkaufstouren unternehmen und ihre Freizeit gestalten. Die Eingeschlossenen leben in einer vermeintlichen Idylle und vergessen das Chaos um sie herum. Das Leben im Überfluss findet erst ein Ende, als eine Rockerbande in Plünderlaune in das Einkaufzentrum eindringt und damit auch den Zombies die Türen öffnet. In Snyders Neuverfilmung brechen die Überlebenden dagegen ohne größere Not aus dem belagerten Gebäude aus und schlagen sich zum Hafen durch, um mit einer Jacht zu fliehen. Das Ende von Snyders Film ist deutlich apokalyptischer als das Original geraten: Keine der Hauptfiguren überlebt die Flucht, während die ProtagonistInnen im Originalfilm zumindest in ein ungewisses Ende fliehen können.
Im Vergleich zu Romeros tiefgründigerem und schwarzhumorigem Original ist Snyders Film eher ein spannender Action-Film, der aber mit viel Liebe zum Detail und einigen neuen Einfällen glänzen kann. So gibt es ein Zombie-Baby zu sehen und ein Hund, an dem die Zombies kein Interesse zeigen, wird zum Helden. Die Effekte sind gegenüber Romeros 1,5-Millionen-Dollar-Film natürlich bei weitem realistischer. Die Zombies sind individuell gestaltet und nicht nur blau angemalt wie im Original. Es fließt eine Menge Blut, obwohl die langen Einstellungen von Zombies, die ihre Opfer ausweiden und verspeisen, fehlen.
Mit einigen schönen Cameo-Auftritten von Original-Darstellern wird Romeros Klassiker gehuldigt. Scott Reiniger ist als General zu sehen und Ken Foree, der Hauptdarsteller von 1978, darf als Fernsehprediger den berühmten Slogan des Originals zitieren: »When there is no more room in hell, the dead shall walk the earth.« Maskenbildner Tom Savini, dem die Spezialeffekte für Dawn of the Dead Kultstatus unter Horrorfans sicherten, ist als Polizist zu sehen, der erklärt, dass die Zombies nur durch einen Kopfschuss zu töten seien.
Während der neue Dawn of the Dead ungekürzt in den deutschen Kinos läuft, ist das Original in Deutschland selbst für Erwachsene offiziell nicht zugänglich. Der international ausgezeichnete Film ist seit 1991 wegen Gewaltverherrlichung verboten. Eine stark geschnittene Fassung wurde noch vor einigen Jahren bundesweit beschlagnahmt. Im Handel findet sich zwar eine ab 16 Jahren freigegebene Version des Films, diese ist jedoch so verstümmelt, dass Romeros Original kaum noch zu erahnen ist. Ähnlich erging es in Deutschland lange Jahre Tobe Hoopers Texas Chainsaw Massacre, der kürzlich ebenfalls neu verfilmt wurde. In den USA als einer der hundert wichtigsten Filme in die Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art aufgenommen, ist der Film in Deutschland erst seit letztem Jahr für Erwachsene wieder zugänglich. Im Januar dieses Jahres wurde zudem der Pionierfilm des Splatterkinos, Blood Feast von Hershell Gordon Lewis, beschlagnahmt. Doch die Liste der Filme im Giftschrank ist noch länger: Seit den Achtzigerjahren wurden bundesweit über 120 Titel wegen Gewaltverherrlichung beschlagnahmt, darunter auch Day of the Dead - der Abschluss von Romeros Zombie-Trilogie.
Dawn of the Dead, USA 2003. Regie: Zack Snyder. DarstellerInnen: Sarah Polley, Ving Rhames, Jake Weber, u.a. Bereits angelaufen.