Auf dem nebenstehenden Bild wird gerade ein Monster geschaffen. Der Meister verleiht seiner Kreatur noch den letzten Schliff, bevor sie auf der Leinwand Unsterblichkeit erlangt. Das Monster ist Frankensteins tragische Schöpfung, die von Boris Karloff 1931 in der wohl bekanntesten Version der Frankenstein-Filme dargestellt wurde. Der akribisch arbeitende Meister auf dem Bild ist weder Frankenstein noch Regisseur James Whale, der die ersten Frankenstein- und Dracula-Verfilmungen der Tonfilmära drehte, sondern ein unbekannter Maskenbildner. Das Foto selbst gehört dem heutzutage kaum beachteten Genre der movie-stills an.
Die Bezeichnung für diese Richtung der Fotografie umfasst eigentlich alle Fotos, die im Zusammenhang mit Filmen entstehen können, seien es nun Porträts der Stars oder Szenenbilder. Meist wird der Begriff jedoch für die Bilder verwandt, die bei Dreharbeiten hinter den Kulissen entstehen. Großaufnahmen, die nicht nur die im Film gezeigte Szene sondern auch Kamerakräne, Regiestuhl, Mikrofonbäume und Beleuchtung festhalten, gehören zu den oft eingefangenen Motiven der stills. Aber auch Momentaufnahmen von Drehpausen der Stars wie diese von Boris Karloff in der Maske sind Klassiker des Genres.
Die Hochphase der stills fiel im Wesentlichen mit der Ära der großen Studios in den dreißiger und vierziger Jahren zusammen. Die kunstvoll ausgeleuchteten Porträts der Garbo oder der Dietrich aus dieser Zeit wurden ebenso von den Studios zu Werbezwecken veröffentlicht wie die Bilder, die hinter den Kulissen entstanden. Sie füllten nicht nur die zahlreichen von den Studios instrumentalisierten Fanmagazine sondern waren auch eine eigene Kunstform. Mit der Popularität des Fernsehens und den Starablichtungen der Paparazzi in den Gesellschaftskolumnen wurden die Porträts mehr und mehr durch Schnappschüsse ersetzt.
Zu den besseren Veröffentlichungen von stills in den letzten Jahren gehören ein Bildband von Schauspieler Jeff Bridges, der eigene Fotos veröffentlichte, oder eine Sammlung von Aufnahmen aus der gesamten Geschichte Hollywoods von Filmkritiker David Thomson. Das Bild des noch nicht vollständig behaarten flachen Charakterschädels von Frankensteins Monster entstammt der Kobal Collection, der wohl größten internationalen Sammlung von movie-stills.