Sie sind einfach allgegenwärtig. Man findet sie an Universitäten und Schulen, in allen Rathäusern und Finanzämtern: Fast zwei Millionen BeamtInnen arbeiten in Deutschland für Bundes- oder Landesbehörden. Sie sind in der Öffentlichkeit nicht wirklich beliebt. Sie seien unfreundlich, und arbeiten würden sie auch nicht, sind nur zwei der gängigen Vorurteile.
Natürlich gehen die beiden Journalisten Pascal Beucker und Frank Überall in ihrem gut geschriebenen Buch Die Beamtenrepublik auch diesen Vorurteilen auf den Grund. Allerdings steht für die beiden Autoren ein anderer Aspekt im Mittelpunkt: nämlich die Kosten, die durch BeamtInnen für die öffentlichen Kassen entstehen. Könnte man BeamtInnen durch Angestellte ersetzen und so die viel gepriesene Entlastung der öffentlichen Haushalte erreichen? Dies ist die Frage, die sich Beucker und Überall stellen.
Kurzfristig kosten BeamtInnen, so die Autoren, im Vergleich zu Angestellten zwar weniger Geld, da für sie zahlreiche Abgaben entfallen, die von ArbeitgeberInnen für Angestellte zu entrichten sind. Langfristig jedoch würden die Staatsbediensteten die SteuerzahlerInnen teuer zu stehen kommen, da das eigentliche Problem erst mit der Pensionierung der BeamtInnen einsetzt. Im Gegensatz zu Angestellten orientiert sich nämlich das Altersgeld von BeamtInnen nicht am Durchschnittseinkommen aller Arbeitsjahre, sondern am letzten Bruttogehalt. Und dem stehen keine Einzahlungen in die Rentenkassen gegenüber. Momentan erhalten bundesweit insgesamt 846000 ehemalige StaatsdienerInnen durchschnittlich 2500 Euro monatlich. Und bis 2030 wird die Zahl der Pensionsberechtigten auf insgesamt 1,4 Millionen Menschen steigen. Bei diesen Zahlen handelt es sich nur um bereits aus dem Staatsdienst ausgeschiedene BeamtInnen. Nicht berücksichtigt sind die aktuellen Personalkosten.
Für laufende Unterhaltskosten wurden etwa in Nordrhein-Westfalen nach Berechnungen des Landesrechnungshofes im Jahr 2001 rund 56 Prozent der Steuereinnahmen ausgegeben. Und die Altersversorgung könnte mit steigender Tendenz bereits in kurzer Zeit die Grenze von vier Milliarden Euro übersteigen. Die Ursache für diese Entwicklung ist in der Verbeamtungspolitik der Sechziger- und Siebzigerjahre zu finden, die in den letzten vierzig Jahren beinahe zu einer Verdoppelung der verbeamteten Beschäftigten führte. Und die kurzfristig eingesparten Mittel wurden nicht etwa für zukünftige Ansprüche zurückgelegt, sondern wanderten in andere Haushaltstöpfe.
Für Beucker und Überall ist die »Beamtenschwemme« der Sechziger- und Siebzigerjahre allerdings nicht der einzige Grund für die aktuelle Kostenexplosion. Denn noch in den Neunzigerjahren wurden immer neue BeamtInnen eingestellt. Schließlich musste in der ehemaligen DDR das BeamtInnentum, das dort nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschafft worden war, neu aufgebaut werden. Beinahe schon legendär ist in diesem Zusammenhang die »Buschzulage«, mit der westdeutsche StaatsdienerInnen in den Osten gelockt werden sollten.
Als Konsequenz aus ihren Betrachtungen ziehen Beucker und Überall den Schluss, dass die Mär von den »billigen« BeamtInnen endlich der Vergangenheit angehören muss: »Ein Beamter ist noch nicht deshalb billiger, weil sein Dienstherr sich für ihn die Sozialversicherungsbeiträge sparen kann.« Der finanzielle Aspekt ist ihrer Ansicht nach allerdings nur der erste Schritt einer möglichen Reform des BeamtInnentums in Deutschland. Mit der Formel »Dienstleistung ist für den öffentlichen Dienst immer noch viel zu oft ein Fremdwort« greifen sie eines der zahlreichen Vorurteile gegenüber BeamtInnen auf und fordern ein Umdenken im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Zudem könnten Angestellte zahlreiche so genannte hoheitliche Aufgaben übernehmen, die bislang BeamtInnen vorbehalten sind. Hierzu ist allerdings eine Grundgesetzänderung notwendig. Diese, so befürchten Beucker und Überall, könnte am massiven Widerstand der BeamtInnenlobby scheitern. Unumgänglich sei sie trotzdem.
Pascal Beucker, Frank Überall: Die Beamtenrepublik. Der Staat im Würgegriff seiner Diener?, Campus-Verlag, Frankfurt 2004, 21,90 Euro.