Im Zuge der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge weht den Universitäten ein rauer Wind ins Gesicht. Sie müssten sich endlich von ihren antiquierten Vorstellungen und ihrer inhaltlichen Borniertheit verabschieden, hielt Edna Habel von der Akkreditierungsfirma AQAS den ProfessorInnen der Philosophischen Fakultät bei einem Treffen mit GremienvertreterInnen vor. Denn die Uni-McKinseys der Akkreditierungsagenturen haben bei den Studienplänen ein gewichtiges Wort mitzureden. Verschulung statt individuellem Stundenplan ist die Stoßrichtung, die StudentInnen möglichst schnell zu AbsolventInnen werden lassen soll.
Dass wissenschaftsfremde private Akkreditierungsfirmen künftig die Richtlinien akademischer Lehre bestimmen und Hochschulen in wirtschaftshörige Ausbildungsstätten verwandeln, steht bereits fest. Im Rahmen der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen haben sich die KultusministerInnen ein neues Verfahren ausgedacht, um deren »Qualitätssicherung« zu gewährleisten: die so genannte Akkreditierung. Die Kompetenzen hierfür übertrugen die Ministerien und Hochschulen Agenturen, die auf dem freien Markt zueinander in Wettbewerb treten. Eine Gruppe von GutachterInnen, der ProfessorInnen des jeweiligen Faches sowie VertreterInnen aus der Wirtschaft und zum Teil auch StudentInnen angehören, beurteilen den Standard der Fächer.
Unter der »Qualität«, die von dieser Gruppe geprüft werden soll, verstehen die Agenturen vor allem die Orientierung an den jeweiligen Berufen, für die StudentInnen ausgebildet werden sollen. Auch soll gewährleistet werden, dass der Bachelor in der Regelstudienzeit von sechs Semestern studiert werden kann, umfassende Studieninhalte seien dabei eher hinderlich. Dass nur wenige StudentInnen einen Master aufsatteln, ist das Ziel von NRW-Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft (SPD). Laut Norbert Finzsch, Prorektor für Lehre, Studium und Studienreform, plant sie, dass nur zwanzig Prozent der BachelorabsolventInnen zum Master zugelassen werden. Das wichtigste Kriterium soll der momentane Arbeitsmarktbedarf sein, weitere Aussiebmechanismen wie Bachelorabschlussnote oder Studiengebühren dürfen vermutet werden. Ob »ProfessorInnen und StudentInnen dann gemeinsam protestieren«, wie Finzsch ankündigt, bleibt abzuwarten.
Akkreditiert werden die Studiengänge in der Regel für fünf Jahre. Dann sucht erneut ein GutachterInnenteam die Universität heim, um zu prüfen, ob die »Qualität« gehalten und die Auflagen erfüllt wurden. Auflagen werden dann erteilt, wenn die »ExpertInnen« noch den einen oder anderen »Makel« finden, den die Fakultät auszumerzen hat. Zu wenig Lehrpersonal etwa ist ein beliebter Kritikpunkt, der ohne Rücksicht auf Streichungskonzepte der jeweiligen Landesregierung angemahnt wird.
Kommen die GutachterInnen zu dem Schluss, ein Fach sei personell schlecht ausgestattet - was bei den kleineren Fächern, die nur eineN ProfessorIn haben, nicht unwahrscheinlich ist -, wird in Absprache mit dem Rektorat entschieden, welche Fächer verzichtbar und auf dem Arbeitsmarkt am wenigsten verwertbar sind. Der Fakultät wird dann nahe gelegt, den entsprechenden Studiengang nicht mehr anzubieten. Die dadurch freiwerdenden Stellen würden anderen unterausgestatteten Fächern zugeschlagen.
Um allzu viel Ungemach zu vermeiden, werden sich die Fakultäten einem »fachlichen Konsens« anpassen, den der aktuelle Trend vorgibt. Dabei bleiben Forschungsbereiche auf der Strecke, die keinen ökonomischen Mainstream bedienen. Obwohl sich in universitären Gremien einige Klagerufe regen werden und ProfessorInnen bekennen, dass sie mit den neuen Studienabschlüssen nicht glücklich seien, werden sie aber keinesfalls zur Revolte schreiten. Sie werden stattdessen brav das abnicken, was hochschulferne Ministerien ausgeheckt haben. Das Risiko, die Akkreditierungskommission zu verstimmen, möchte niemand auf sich nehmen: zum einen ist ein erneutes Verfahren kaum finanzierbar, zum anderen schadet es dem Image der Fakultät.
Sebastian Schröder ist Mitglied im SprecherInnenrat der Philosophischen Fakultät.