Literaturverfilmungen sind immer eine heikle Sache, und Historienfilme sowieso. Bei Ersteren nehmen die LeserInnen des Buches jedes Detail haarscharf unter die Lupe, um hinterher über etwaige Abweichungen jammern zu können. Und Historienfilme werden von Fachleuten dahingehend gründlich untersucht, ob sie sich penibel an die Fakten halten. Wie schön ist es da, wenn zwei ExpertInnenwelten aufeinander treffen: bei der Verfilmung eines historischen Romans.
Vanity Fair lautet der Titel des neuen Films mit Reese Witherspoon. Als Vorlage diente der gleichnamige Roman von William Makepeace Thackeray von 1848. Darin geht es um die Lebensgeschichte der Becky Sharp, die Anfang des 19. Jahrhunderts in Armut aufwächst und davon träumt, in die so genannte bessere Gesellschaft aufzusteigen, was ihr eine Zeitlang sogar gelingt. Als Gouvernante im Haus von Sir Pitt Crawley lernt sie dessen Sohn Rawdon kennen, einen notorischen Spieler, der bald darauf ihr Ehemann wird. Diese Ehe ist jedoch nicht lange glücklich, denn sie können sich das Leben, das sie führen wollen, nicht leisten. Die Schuldenfalle ist letztlich für das Scheitern der Ehe verantwortlich.
Für diesen Film ist eingehend recherchiert worden. Die Kostüme sind historisch korrekt und die Wortwahl der Charaktere stimmt mit den Konventionen der damaligen Gesellschaft überein. Technisch gesehen ist der Film also durchaus zu empfehlen. Wenn da nicht die Filmheldin wäre. Es fällt schwer, für Becky echte Zuneigung zu empfinden. Zwar ist sie gewitzt, klug und schlagfertig, was ihr einige Sympathien einbringt. Doch andererseits ist sie auch kühl, berechnend und skrupellos. Wenn sie begeistert den Anekdoten von Joseph, dem Bruder ihrer Freundin Amelia, lauscht und mit ihm herumalbert, weiß man nicht recht, ob sie ihn tatsächlich mag oder nur einen Ehemann braucht. In dieser Hinsicht mag sie zwar wie eine zweite Scarlett O'Hara erscheinen, doch an deren Klasse reicht sie nicht heran.
Vanity Fair. USA/Großbritannien 2004. Regie: Mira Nair. DarstellerInnen: Reese Witherspoon, Gabriel Byrne u.a. Bereits angelaufen.