Die Kölner Jungen Liberalen (Julis) schienen über den Besuch nicht erfreut zu sein, der sich für den Abend des 16. Juni angekündigt hatte. Rund fünfzig StudentInnen standen an diesem Abend vor der scheinbar verlassenen Geschäftsstelle der Kölner FDP in der Frankenwerft. Von der Juli-Arbeitsgruppe, die für diesen Abend zu einer öffentlichen Sitzung zum Thema Bildung geladen hatte, war jedenfalls weit und breit nichts zu sehen. Als hätten sich die FDP und ihr neuer Regierungspartner in Nordrhein-Westfalen, die CDU, abgesprochen, war bereits zuvor auch Jürgen Rüttgers, der CDU-Ministerpräsident, bei einem Besuch an seiner alten Schule in Köln nicht zu einem Gespräch mit protestierenden StudentInnen bereit gewesen.
Die Proteste gegen die Gebührenpläne der Landesregierung (s. Kasten) hatten sich seit dem Wahlerfolg von CDU und FDP bei den Landtagswahlen am 22. Mai abgezeichnet. Am 13. Juni stimmten rund fünfhundert StudentInnen der Philosophischen Fakultät bei einer vom SprecherInnenrat der Fakultät einberufenen Vollversammlung für einen unbefristeten Streik. Am nächsten Tag zogen die Heilpädagogische und die Erziehungswissenschaftliche Fakultät nach. Bereits vor der Philosophischen Fakultät hatte eine Vollversammlung am Fachbereich Biologie den Streik beschlossen.
Die ganze Woche über fanden auf dem Campus und in der Stadt Aktionen und Kundgebungen statt. Verschiedene Lehrveranstaltungen wurden in Straßenbahnen oder am Rudolfplatz abgehalten, auf dem Neumarkt wurde unter freiem Himmel eine alternative Bibliothek aufgebaut. Parallel dazu trafen sich an der Universität Arbeitsgruppen, um zum Beispiel über die geplante Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen zu diskutieren. »Im Streik sollen sich die Leute nicht in die Sonne legen, sondern sich konstruktiv in den Arbeitsgruppen einbringen und an den Aktionen teilnehmen. Ich glaube, das ist uns in großen Teilen gelungen«, so Jan Schröder, Aktivist in der Streikorganisation.
Eine eigene Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit der Kölner Erklärung. An dem Forderungskatalog, der Anfang Juni von einer uniweiten Vollversammlung als Arbeitsgrundlage verabschiedet und dem Rektorat übergeben worden war, wurde von StudentInnen teils massiv Kritik geübt. Beanstandet wurde unter anderem, dass die Erklärung zu weitreichend sei. Auf Unverständnis stieß auch die Rücktrittsforderung an Axel Freimuth, den Rektor der Kölner Universität, falls er das Papier nicht unterzeichne.
Freimuth, der als Gebührenbefürworter bekannt ist, erklärte dann auch im Verlauf einer Vollversammlung auf dem Albertus Magnus-Platz, er werde Gebühren erheben, wenn andere Hochschulen dies täten. Den umgekehrten Weg ging hingegen die Fachhochschule Dortmund. Ihr Sprecher Jürgen Andrae erklärte, man werde auf Studiengebühren verzichten: »Wir halten Studiengebühren für unsozial.« Und weiter: »Wenn wir uns weigern können, weigern wir uns.« Hinter dieser Aussage steht der Plan der CDU/FDP-Regierung, die Erhebung von Studiengebühren den Hochschulen zu überlassen.
Für Schröder spielt es keine Rolle, wie eventuelle Gebühren eingezogen werden: »Wir halten jede Form von Studiengebühren für sozial selektiv. Darum treten wir für ein freies, unabhängig von Einkommen, Geschlecht oder Nationalität zugängliches Studium ein. Wenn sich andere Städte den Kölner Protesten anschließen, können diese Ziele auch erreicht werden.«