Die Auszubildenden in Deutschland bekommen neue Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt: Bachelor-StudentInnen, die bereits nach drei Jahren ihren Abschluss in der Tasche haben. Mit dem nur sechs Semester dauernden Kurzstudium wollen die deutschen BildungsministerInnen die StudentInnen besonders schnell für den Beruf qualifizieren. Ein Versuch, der wohl gründlich daneben geht.
»Wenn im dreijährigen Bachelorstudium ein Semester fürs Praktikum und eins für die Abschlussarbeit verbraucht werden, dann würde sich die Theorievermittlung auf vier Semester und damit nahezu auf das Niveau eines Vordiploms begrenzen«, erklärt die Berliner Wirtschaftsprofessorin Karin Wagner. Die Folge ist, dass der Praxiserwerb außen vor bleiben könnte. Im Gegensatz zu den Auszubildenden, die in ihren zukünftigen Beruf eingearbeitet werden, stehen die HochschulabsolventInnen dann nach drei Jahren mit einem berufsqualifizierenden Abschluss, aber ohne Berufserfahrung auf der Straße. Ein deutlicher Nachteil bei jeder Bewerbung. Bisher bestand zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung eine mehr oder weniger klare Abgrenzung - nun wird letztere auf ein Niveau gedrückt, das nicht mehr über dem der Berufsausbildung liegt, sondern wegen der fehlenden Praxiserfahrung eher noch darunter. Viele AbiturientInnen überlegen sich angesichts dieser Aussichten, warum man überhaupt studieren soll. In einigen Berufsfeldern könnte auch der umgekehrte Effekt eintreten, dass Unternehmen sich aus der Berufsbildung zurückziehen, da die Hochschulen ihnen Fachkräfte umsonst zur Verfügung stellen.
Die KritikerInnen sehen allerdings nicht die Einführung der Bachelorstudiengänge im Ganzen als Problem, sondern nur die dreijährige Kurzform, die in Deutschland Schule machen soll. Die europäischen BildungsministerInnen lassen die Wahl zwischen sechs und acht Semestern, und auch im Ausland sind größtenteils acht Semester die Regel. Ein Grund mehr für andere Länder, der Qualität des deutschen Bachelors misstrauisch gegenüber zu stehen. Das angepeilte Ziel, Deutschland im internationalen Wettbewerb weiter nach vorn zu bringen, wird so weit verfehlt. Die internationale Vergleichbarkeit der Bachelor- und Masterabschlüsse, die als einer der Pluspunkte dieses Konzeptes gilt, ist unter diesen Umständen ebenfalls nicht gewährleistet.
Zudem ist fragwürdig, ob die AbsolventInnen eines Bachelor- und eventuell danach erfolgten Masterstudiums tatsächlich jünger auf den Arbeitsmarkt kommen, wie es sich die Regierung wünscht. Durch die Modularisierung des Studiums und Mittel wie allgemeine Studiengebühren soll erreicht werden, dass die StudentInnen eine verbindlichere Studiendauer einhalten müssen. Eine strenger reglementierte Studienzeit ist allerdings keine Garantie dafür, tatsächlich im gesetzten Rahmen fertig zu werden. Im Gegenteil: Viele StudentInnen werden durch die Gebühren dazu gezwungen, mehr Geld zu verdienen. Die straff organisierten Module des Bachelor-und Master-Modells lassen allerdings keine Zeit, nebenher einer Arbeit nachzugehen. Unter diesen Bedingungen wird eine Ausbildung in Zukunft wohl tatsächlich für die meisten die bessere Alternative sein.