In seiner Streitschrift Wer Sturm sät greift Micha Brumlik ein in den letzten Jahren kontrovers diskutiertes Thema auf: das vom Bund der Vertriebenen (BdV) geplante Zentrum für Vertreibungen.
Bereits der Titel fasst die Argumentationslinie kompakt zusammen. Die Ursache für die Vertreibung der Deutschen aus Polen und der Tschechoslowakei nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei die Politik des NS-Regimes nach dem Münchner Abkommen von 1938 gewesen. Die großangelegten Zwangsumsiedlungen im Verlauf des Krieges und letztendlich der Vernichtungskrieg selbst hätten nach 1945 zur Vertreibung der Deutschen geführt. In der Tschechoslowakei sei, argumentiert Brumlik, das weitgehend illoyale Verhalten der Sudetendeutschen gegenüber dem tschechoslowakischen Staat hinzugekommen.
Brumlik lehnt daher das vom BdV aus seiner Sicht revisionistisch geplante Zentrum für Vertreibungen ab. Die derzeitige Präsidentin des BdV, Erika Steinbach, verpacke ihre Forderung zwar geschickt, vertrete aber - wie auch die anderen Mitglieder - nach wie vor die rückwärtsgewandte Tradition ihres Verbandes.
Leider bricht Brumlik an dieser Stelle den interessanten Teil seiner Streitschrift ab und beschäftigt sich im Folgenden langatmig mit der Behandlung des Themas in der deutschen Literatur und der theoretischen Frage nach Schuld und Vergebung. Unverständlich werden seine Ausführungen im Abschlusskapitel, in dem er einen Zusammenhang mit dem palästinensischen Flüchtlingsproblem konstruiert. Dieser Kontext verwirrt nicht nur: Er ist schlichtweg falsch, da beide Ereignisse nicht vergleichbar sind.
Ohne den zweiten Abschnitt wäre Wer Sturm sät ein gutes Buch, das sich mit zumeist zutreffenden Argumenten gegen die Pläne für das Zentrum gegen Vertreibungen und die Rückwärtsgewandtheit des BdV wendet. Brumlik hat jedoch leider den rechtzeitigen Absprung verpasst.
Micha Brumlik: Wer Sturm sät. Die Vertreibung der Deutschen, Aufbau-Verlag, Berlin 2005, 18,90 Euro.