philtrat: Freizeit http://www.philtrat.de/ de http://www.philtrat.de/ philtrat redaktion@philtrat.de (Support philtrat) Übergangslösung http://www.philtrat.de/articles/2052/ Abgelichtet IV Tue, 13 Nov 2012 19:24:03 GMT http://www.philtrat.de/articles/2052/ Redaktion Die BauplanerInnen der Uni haben nicht nur einen Sinn für Pragmatismus, sondern auch für Extravaganz. Eine Brücke verbindet die Container C1 und C2 neben dem Neuen Seminargebäude - nur für den Übergang.

]]>
Bei Rot kein Brot http://www.philtrat.de/articles/2005/ Abgelichtet II: Die Mensa-Ampel Tue, 27 Mar 2012 10:38:33 GMT http://www.philtrat.de/articles/2005/ Sebastian Grote Bei Grün durfte man gehen, bei Rot musste man sehen - wo man sein Essen herbekam. Die Mensa-Ampel zeigte früher an, ob noch Platz im Hause war. Heute verschönert sie nur noch das Areal vor der Hauptmensa und dient JoggerInnen als Fixpunkt beim Durchhalten.

]]>
Appel-und-Ei-Flieger http://www.philtrat.de/articles/1932/ Mit dem Billigflieger in den Urlaub – Ja oder Nein? Thu, 14 Jul 2011 17:18:45 GMT http://www.philtrat.de/articles/1932/ C. Wienen, Fatima Khan dafür

Ein Hoch auf die Billigflieger! Ohne sie hätten viele Menschen nie das Kolosseum, den Eiffelturm, den schiefen Turm von Pisa, die Tower Bridge oder das Brandenburger Tor gesehen. Billigflieger lassen Länder zusammenwachsen. Einfach mal für ein Wochenende nach Rom zu fliegen, das wäre in der Prä-Billigflieger-Zeit undenkbar gewesen. Kostengünstiger denn je, kann man innerhalb kürzester Zeit Städte erkunden, Museen besuchen oder in diesem kleinen, traditionellen italienischen Restaurant mit rot-weiß karierten Tischdecken im römischen Stadtteil Trastevere eine Pizza genießen.

Gerade als StudentIn hat man das Geld oft nicht auf der hohen Kante liegen und da kommen einem günstige Flugtickets natürlich gelegen. Billigflieger erweitern den Horizont. Heutzutage muss man allumfassend gebildet sein und dazu gehört, so viele Sprachen wie möglich zu sprechen, Auslandserfahrungen zu sammeln und andere Kulturen kennenzulernen. Billigflieger fördern die Völkerverständigung.

In andere Länder zu fliegen, fremden Menschen zu begegnen und in neue Kulturen einzutauchen, kann auch Vorurteile abbauen. Billigflieger beflügeln die Liebe. Nicht auszudenken, wie viele Fernbeziehungen ohne Billigflieger in die Brüche gegangen wären. So kann man die Liebe hegen und pflegen und falls man sich streitet, kann man dank der Billigflieger auch schnell wieder abhauen. Natürlich schaden Billigflieger der Umwelt. Aber wer einmal 13 Stunden in einem Bus nach Rom gesessen hat, ohne Klimaanlage, dafür mit schwitzendem Sitznachbar, tut sich das nie wieder an. Und das Flugzeug fliegt so oder so.

Nur das Wort Billigflieger hinterlässt einen faden Beigeschmack. Vielleicht sollte man die Billigflieger umbenennen. Es wäre doch viel netter, mit dem »Appel-und-Ei-Flieger« in den Kurzurlaub zu düsen.

Fatima Khan

dagegen

Billigflieger bringen Menschen an viele Orte dieser Erde. Tag für Tag starten die Kerosinschleudern Richtung Sonne, Schnee oder Metropole. Das alles geht aber nur, weil Kerosinverbrauch staatlich unterstützt wird. Die Ökosteuer gilt nicht für das Kerosin der gewerblichen Personenflüge. Selbst die Kerosinsteuer, die nach europäischem Recht erlaubt wäre, wird nur von den Niederlanden erhoben. Alle anderen europäischen Staaten verzichten auf diese Geldquelle und fördern damit den Wettbewerbsvorteil der Billig-Airlines. Das umweltschädlichste Transportmittel Flugzeug wird sogar so gut unterstützt, dass Inlandsflüge und Flüge ins nahe Ausland bis zu 75 Prozent billiger sein können als ein klimafreundlicheres Bahnticket. Somit wird umweltbewusstes Handeln zum Privileg der Gutverdienenden. Wer auf sein Geld achten muss, kann sich die Bahn nicht leisten.

Billiges Fliegen schadet nicht nur der Umwelt. Die vielen kleinen Regionalflughäfen werden nicht nur von Billig-Airlines angeflogen, sondern werden von den Kommunen als Geldquelle und Touristenmagnet gefeiert. Tatsächlich bescheren sie den Gemeinden oftmals Verluste. Private InvestorInnen ziehen irgendwo in der Provinz einen neuen Flughafen auf. Die Gemeinde gibt willig Kredite, macht sich abhängig von den Fluggesellschaften - und bleibt am Ende oftmals auf ihren Schulden sitzen, wenn diese sich aufgrund mangelnder Passagierzahlen zurückziehen. So geschieht es derzeit in Weeze mit Ryanair. Zahlen müssen die SteuerzahlerInnen.

Nicht zuletzt muss ein solcher Preiskampf auch in unzumutbaren Arbeitsbedingungen für die Angestellten der Billig-Airlines enden. Tatsache ist, dass nicht selten die zukünftigen Angestellten ihre Schulungen selber berappen. Auf den mehr als tausend Euro Schulden bleiben sie dann sitzen, wenn sie den Job nicht kriegen.

Cornelia Wienen

]]>
Freundschaft 2.0 http://www.philtrat.de/articles/1930/ Dafür und dagegen XIX: Social Networking auf Facebook – Ja oder Nein? Fri, 29 Apr 2011 18:42:24 GMT http://www.philtrat.de/articles/1930/ dafür

Wer erinnert sich noch an die Zeit, als man alten SchulfreundInnen alle paar Wochen einen Brief geschrieben hat, um den Kontakt nicht völlig zusammenbrechen zu lassen? Diese ist Facebook sei Dank vorbei. Unzählige Kontakte kann man mit seinem Profil verknüpfen lassen. Die Anzahl der Freundschaften reicht in die Hunderte. Dabei muss man nicht hundert gezwungene Emails schreiben. Statusmeldungen halten über Alltagserlebnisse der FreundInnen und Bekannten auf dem Laufenden. Zumindest, wenn man das in seinem Profil so eingestellt hat. Seit Februar dieses Jahres erscheinen standardmäßig nur noch Meldungen von FreundInnen, mit denen man kürzlich Nachrichten geschrieben hat.

Facebook verbindet nicht nur mit FreundInnen. Über die »gefällt mir«-Funktion kann man sein Profil beispielsweise mit Zeitungen, KünstlerInnen oder auch politischen Gruppen vernetzen. So informiert Facebook über interessante Events, Neuerscheinungen und Lokalpolitik. Und wenn man plant, an einer Veranstaltung teilzunehmen, verrät einem Facebook, welche FreundInnen auch anwesend sein werden. Ist die gewünschte Begleitung nicht darunter, kann man sie noch schnell selbst einladen. Das vereinfacht die Wochenendplanung.

Natürlich wird Facebook auch von Leuten genutzt, die man selbst dort nicht haben möchte. ChefInnen, Eltern oder aber VerbreiterInnen von Schadsoftware. Aber wenn man mit Verstand in sozialen Netzwerken unterwegs ist, lassen sich die meisten Probleme vermeiden. Ein Hochsetzen der Privatsphäreeinstellungen verhindert, dass ChefIn oder NachbarIn Partyfotos vom 18. Geburtstag finden. Oder man lädt so etwas gar nicht erst ins Internet. Wenn man nicht jeden Link anklickt, der einem schon »Spam« entgegen schreit, fängt man sich auch keine Viren ein. Das größte Sicherheitsrisiko bildet nicht Facebook an sich, sondern die Blauäugigkeit der NutzerInnen.

dagegen

Man muss sich schon wundern, wie Leute reagieren, wenn man ihnen erzählt, dass man beim Netzwerk Facebook keinen Account besitzt. Die Augen werden gerollt, Köpfe geschüttelt, als ob man einer Spezies angehöre, die auf diesem Planeten nichts zu suchen hat. Der Blick, den man erntet, variiert zwischen Verwunderung und Verachtung. Bei Facebook sein ist nicht mehr cool, nein, mittlerweile ist es so normal wie ein Handy oder eine Kopierkarte zu besitzen.

Fragt sich nur, wieso eigentlich. Wieso sollte man nach jedem Start des Rechners die Facebook-Seite aufrufen, um zu gucken, wer was für einen belanglosen Kram auf die Pinnwand postet? Und wen interessiert eigentlich was Jenny im Fernsehen guckt oder dass Marcel wieder arbeiten muss? Für Leute mit Mitteilungsdrang ist Facebook ein Paradies. Aber selbst ohne Facebook ist es bisher möglich Freundschaften zu pflegen und Verabredungen zu treffen. Auch über das aktuelle Film- und Musikgeschehen - Presse und Mundpropaganda sei Dank - ist man bei Bedarf bestens informiert.

Interessant sind auch ein paar Infos über das Milliardenunternehmen. Facebook ließ die Seite »Suicide Machine« verbieten. Dort konnten Nutzer ihre Profil-Daten löschen lassen. Das Unternehmen ist ein Raster für Wirtschaftsunternehmen. Durch die umgehende Personalisierung können Partnerseiten uneingeschränkt auf Profile zugreifen. Werbeeinnahmen von Facebook 2010: 1,5 Milliarden Euro. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass mittlerweile auf vielen Internetseiten »gefällt-mir«-Buttons zum Anklicken sind. Wenn man noch nicht bei Facebook angemeldet ist und die Seite der Bild-Zeitung online aufruft, dann platziert Facebook zwei Cookies auf dem Desktop, die im Falle einer Anmeldung bei Facebook aktiviert werden und über die Interessen des neuen Mitglieds informieren. Genug Gründe, um Facebook zu ignorieren.

]]>
Gruseln mit Kürbissen http://www.philtrat.de/articles/1865/ Dafür und dagegen XVII: Halloween feiern - Ja oder Nein? Fri, 19 Nov 2010 19:32:57 GMT http://www.philtrat.de/articles/1865/ Dana Römling dafür

»Süßes, sonst gibt's Saures!« Endlich ist wieder Halloween. Es gibt keine schönere Zeit im Jahr. Dass die Halloween-Zeit naht, merkt man schon im Super- markt: an den orange verpackten Kürbisplätzchen oder an der Schokolade, die als schwarze Katze verkleidet ist. Das hat Stil. Im Gegensatz zu den Nikoläusen und Lebku- chen, die unberührt und unerwünscht in den Regalen ste- hen. Stattdessen sind Kürbisse gefragt und jeden zweiten Tag wird man zu leckerer Kürbissuppe eingeladen. Auch die Dekoration passt sich an: Überall sind Geister und Skelette zu sehen, Discounter verkaufen Hexenhüte und Drogeriemärkte haben Schmink-Sonderposten. Trans- sylvanien und Haddonfield in Köln. Da fühlen sich die Halloweenfans doch direkt wohl und die Vorfreude steigt. Spaßbremsen wettern, dass man nicht alles aus Amerika übernehmen soll. Sie irren sich: ursprünglich kommt das Fest aus Irland. Über den Sinn des Fests kursieren ver- schiedene Gerüchte. Doch für die Horrorfans ist er völ- lig klar: Gruseln wollen sie sich, bis die Nackenhaare zu Berge stehen. Und ganz gelungen ist der Abend, wenn man mit blutunterlaufenen Augen und einem Messer in der Brust noch ein paar langweilige SpießerInnen zu Tode erschrecken konnte.

Außerdem ist Halloween quasi ein cooleres Karnevals- fest: Verkleidungen und albern sein sind absolut willkom- men, nur eben auf Gruselniveau. Die meisten wundern sich an diesem Tag auch nicht, wenn sie Jack the Ripper und Freddy Krüger gleich mehrmals begegnen - und überleben. Auch die Filme in den Kinos passen sich dem Thema an, es darf blutig werden, es soll sogar. Haupt- sache es schockiert. Denn was gibt es Schöneres als mit orangefarbenem Popcorn und einem großen schwarzen Umhang den nächsten Horrorfilm zu schauen? Warum ist nicht jeden Tag Halloween?

]]>
Gruseln mit Kürbissen http://www.philtrat.de/articles/1864/ Dafür und dagegen XVII: Halloween feiern - Ja oder Nein? Fri, 19 Nov 2010 19:29:20 GMT http://www.philtrat.de/articles/1864/ Elisa Moll dagegen

In Köln gibt es schon genug Gründe sich zu verkleiden. Dazu haben wir bekanntlich nicht nur - wie in anderen Teilen Deutschlands - ein paar Tage Gelegenheit, sondern gleich eine ganze Jahreszeit. Es gibt also keinen, wirklich gar keinen Grund, noch ein weiteres Fest zu feiern, bei dem man sich verkleiden muss.

Falls man Karneval mag, stellt Halloween eine Einschränkung dar, weil man sich nur gruselig verkleiden darf. Außerdem kostet ein ordentliches Karnevalskostüm schon einen Batzen Geld. Es bleibt somit kaum welches übrig, das man in ein ebenso aufwändiges Halloweenkostüm investieren könnte. Für die KölnerInnen, denen Karneval nicht gefällt, die also ohnehin schon genug gestraft sind, gibt es noch weniger Gründe, Halloween zu mögen. Denn auch an Halloween muss man sich verkleiden. Oder anders ausgedrückt: man macht sich freiwillig vor aller Welt zum Affen. Der einzige Unterschied zu Karneval ist hierbei, dass kaum jemand mitmacht, was das Ganze natürlich noch würdeloser macht.

Auch die Argumente derjenigen, die gerne Horrorfilme gucken und behaupten, dass an Halloween so viele liefen, lassen sich entkräften. Denn die Filme, die an Halloween gezeigt werden, sind für HorrorfilmkennerInnen keine wahre Freude. Auch hier gilt vielmehr: Qualität geht über Quantität. Wer braucht denn ernsthaft die dreizehnte Version von »Ich weiß immer noch, was du am Mittwochabend vor siebeneinhalb Jahren getan hast«?

Das einzig Gute an Halloween sind die vielen, leckeren Kürbisse. Aber die sind ja auch nicht Halloween zu verdanken, die gibt es so oder so im Herbst. Wen all diese Argumente nicht überzeugen, der sollte doch wenigstens etwas für die europäische Tradition tun und sein Geld für das Halloweenkostüm lieber für die nächste Walpurgisnacht aufsparen.

]]>
Mo'Money - Meh Geld http://www.philtrat.de/articles/1838/ Dafür und dagegen XVI: Filme synchronisieren - Ja oder Nein? Sun, 22 Aug 2010 18:33:40 GMT http://www.philtrat.de/articles/1838/ Nina Weinbrenner, Elisa Moll dafuer

Ein gemütlicher Abend vor dem Fernseher mit einer DVD, Popcorn und Freunden ist etwas Schönes. Vor allem, wenn der Film, den man sich ansehen möchte, synchronisiert ist. Manche Witze wirken vielleicht irgendwie unbeholfen, aber man denkt nicht weiter drüber nach und genießt den Abend. Sieht man sich nämlich denselben Film in Originalsprache an, gibt es gleich Probleme. Auch wenn zwar fast jeder irgendwann mal Englisch in der Schule gelernt hat, ist es mit den praktischen Kenntnissen meist nicht allzu weit her, von umgangssprachlichen Ausdrücken mal ganz abgesehen. Da gibt es dann nur eine Möglichkeit: Man muss die Untertitel mitlesen, anstatt einfach nur entspannt den Film zu sehen. Während die FreundInnen nach dem Film über Details reden fragt man sich, ob man selbst eigentlich einen ganz anderen Film gesehen hat, da einem die Anekdoten und Witze, über die sie lachen, total unbekannt vorkommen. Man selbst war ja beschäftigt, schnell genug zu lesen und musste dabei ja auch noch aufpassen, dass die anderen nicht alle Chips wegessen.

Untertitel sind generell eine praktische Erfindung. In Skandinavien werden Filme nicht synchronisiert - ein häufig genannter Grund für das gute Abschneiden in den PISA-Studien. Natürlich wird das Lesen verbessert, doch das Vergnügen bleibt dabei unweigerlich auf der Strecke. Zum einen sind Untertitel viel zu ungenau aufgrund ihrer Zeichenbeschränkung. Zum anderen lenken sie vom eigentlichen Film ab. Ob man Englisch kann oder nicht, man fängt automatisch an, die Untertitel mitzulesen. Das Ergebnis ist dann, dass man zwar weiß, worüber die SchauspielerInnen reden, aber die Bilder, das Wichtigste an einem Film, werden zur Nebensache.

Bei allen Nachteilen haben Synchronisationen den Vorteil, dass alle alles verstehen können. Der Film wird zum Ereignis, nicht die Untertitel. Und wenn man einfach nur entspannen möchte, ist das durchaus hilfreich.

Nina Weinbrenner

dagegen

In einem Kino zu sitzen und nichts zu verstehen, ist blöd. In einem Kino zu sitzen und fälschlicherweise zu denken, dass man alles versteht, noch blöder. Klar, es ist bequemer und entspannter sich einen Film synchronisiert anzuschauen. Nur leider schaut man dann oft nicht den Film, den der Regisseur gedreht hat beziehungsweise der Drehbuchautor geschrieben hat. Das fängt meist schon beim übersetzten Titel an. Einerseits kann es bereichernd und hilfreich sein, wenn ein Übersetzer einen Filmtitel für seinen Kulturkreis interpretiert. Andererseits wurde der Originalname eines Filmes ja auch nicht zufällig gewählt. Wenn also ein Filmemacher beschließt seinen Film zum Beispiel Stepmother zu nennen und dies vom Verlauf des Films her nicht gerade abwegig ist, wie kommt man dann auf einen seichten Titel wie Seite an Seite?

Die Filmverleihe und ihre Marketingabteilungen haben eben meist nur ein Ziel: den Film für die breite Masse so aufzubereiten, dass er sich leicht verkauft. Das ist legitim und nachvollziehbar. Aber ist es auch das, was man als Zuschauer will? Oder will man nicht viel lieber den Film so sehen, wie er gemeint ist? Und ist es oft nicht gerade der Klang der Sprache, der dem jeweiligen Film sein ganz eigenes Flair verleiht? Denn seien wir ehrlich, Deutsch klingt leider nicht halb so schön wie Französisch oder Italienisch oder Spanisch oder Portugiesisch oder…

Natürlich kann man von niemandem erwarten, dass er all diese Sprachen fließend beherrscht und dann womöglich noch alle Dialekte versteht. Aber dieses Problem lässt sich ja auch anders lösen: durch den fälschlicherweise so ungeliebten Untertitel. Gegen ihn hört man oft das Argument, dass man im Kino nicht lesen wolle. Aber schon nach kurzer Zeit gewöhnt sich das Auge daran und man merkt gar nicht mehr, dass man auch liest. Ganz nebenbei kann man dann auch mal wieder spielerisch seine Sprachkenntnisse aufbessern und versteht vielleicht sogar das ein oder andere Wortspiel.

Elisa Moll

]]>
Kultur für alle und für umme http://www.philtrat.de/articles/1812/ Dafür und dagegen XV: Autonome Zentren gründen und dafür Häuser besetzen - Ja oder Nein? Fri, 04 Jun 2010 18:53:39 GMT http://www.philtrat.de/articles/1812/ Julia Groth, Nina Weinbrenner dafür

Viele Menschen haben altbackene Vorurteile gegen Autonome Zentren. Aus ihrer Sicht handelt es sich um Orte für Nichtsnutze, Arbeitslose, Obdachlose oder KrawallmacherInnen, die einfach nur Spaß daran haben, Gebäude zu besetzen, aber sonst nichts aus ihrem Leben machen. In Wirklichkeit - und ganz konkret in Kalk - sieht das Ganze aber anders aus. Autonome Zentren bieten Menschen in jedem Alter und unabhängig von ihrem sozialen oder kulturellen Hintergrund die Möglichkeit, andere Gleichgesinnte zu treffen und an politischen und kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen oder sie aktiv mit zu gestalten. Die angebotenen Veranstaltungen sind vielfältig und in den meisten Fällen umsonst. Das ist ein zentraler Punkt. Wo sonst können politische Gruppen und Bands proben und sich treffen ohne gleich 50 Euro im Monat blechen zu müssen?

In den meisten Städten mangelt es an freien Räumen für solche Zentren, obwohl es viele Gebäude gibt, die überhaupt nicht genutzt werden. Um ihre Ideen verwirklichen zu können, bleibt den AktivistInnen kaum etwas anderes übrig, als Häuser zu besetzen. Deshalb kann man die Besetzungen nicht als unangemessen bezeichnen. Vielmehr wäre es Aufgabe der Städte, den Menschen mehr Freiräume zu bieten. Denn dass der Bedarf nach so einem Ort da ist, sieht man an den Hunderten Menschen, die sich schon in den ersten Wochen des Kalker Autonomen Zentrums beteiligten. Vom Kabelverlegen bis zum Capoeira-Kurs - unzählige Menschen hatten Lust, sich einzubringen.

Es geht nicht darum, eine Party zu feiern, sondern sich frei politisch und kulturell zu engagieren und das ist in jedem Fall unterstützenswert. Das Autonome Zentrum in Köln sowie die anderen bereits existierenden Autonomen Zentren sollten ein Beispiel für andere Städte sein, ebenfalls aktiv zu werden und den Verantwortlichen zeigen, dass solche Freiräume unterstützt und nicht kriminalisiert werden sollten.

Nina Weinbrenner

dagegen

GründerInnen Autonomer Zentren betonen gern, dass sie Freiräume schaffen wollen. Für ein selbstbestimmtes Leben. Für linke Kultur. Irgendwie so etwas. Jetzt gibt es in Köln wieder ein Autonomes Zentrum, in einem besetzten Haus im Stadtteil Kalk. Und was machen die AktivistInnen dort? Sie nähen, gucken Filme, diskutieren über Musik und manchmal vielleicht auch ein bisschen über Politik. Sie tun, kurz gesagt, Dinge, die sie ebenso gut zuhause tun könnten. Zum Nähen braucht man keine neuen Freiräume. Nähen kann man jederzeit und überall, auch ohne dass einem die kapitalistische Verwertungslogik über die Schulter schielt. In Autonomen Zentren treffen sich keineswegs Menschen, die sonst keinen Ort haben, an dem sie sich entfalten können. Sondern Menschen, die sich schon immer überall entfalten konnten. Menschen, die lediglich Lust haben, sich gemeinsam zu entfalten, und aus schwer nachvollziehbaren Gründen der Ansicht sind, das Recht auf Gruppen-Nähen rechtfertige es, ein Haus zu besetzen.

Autonome Zentren sind, und das ist das eigentliche Problem, Horte der Spießigkeit. BildungsbürgerInnen wollen dort mal so richtig politisch und alternativ sein - und verstehen darunter nicht mehr als Independent-Filme gucken und über den Staat diskutieren. In der Regel sind die AktivistInnen nicht nur spießig, sondern auch intolerant: Vegane Volxküche für alle, und wer ein Schnitzel mitbringt, muss sich TierrechtlerInnentiraden anhören. »Autonomes Zentrum« heißt Wohlfühldiskussionen, drittklassige Konzerte und sich dabei ganz, ganz revolutionär fühlen. Echte RevolutionärInnen könnten mit einem solchen Zentrum überhaupt nichts anfangen. Würden sie sich dort treffen, wüsste die Staatsmacht ja, wo sie zu finden sind. Fazit: RevolutionärInnen in den Untergrund, linke SpießerInnen auf den Biobauernhof. In die besetzten Häuser können dann Menschen einziehen, die tatsächlich Bedarf für ein neues Dach über dem Kopf haben.

Julia Groth

]]>
Romantik im alten Stil http://www.philtrat.de/articles/1786/ Dafür und dagegen XIV: Der Liebsten oder dem Liebsten einen Maibaum aufstellen - Ja oder Nein? Sun, 18 Apr 2010 09:52:51 GMT http://www.philtrat.de/articles/1786/ Laura Reina, C. Wienen dafür

Wer hat als junges Mädchen nicht davon geträumt, einen Maibaum oder ein Maiherz zu bekommen? Man steht eines schönen Frühlingsmorgens auf und da steht er: ein schöner Baum, geschmückt mit bunten Bändern. Vielleicht lehnt auch am Türrahmen ein rotes Herz aus Krepp-Röschen. In jedem Fall ist es ein Kunstwerk, liebevoll gebastelt vom Freund oder dem, der es einmal werden könnte. Ich denke, so ziemlich alle Frauen, die aus dem Rheinland kommen, haben sich das insgeheim schon einmal gewünscht - auch wenn man damals vielleicht noch so getan hat, als ob man diese Tradition absolut bescheuert fände..

Wir wollen es also zugeben: Der Maibaum-Brauch ist die beste Gelegenheit, das Herz eines Mädchens zu erobern. Wie kann man seiner Herzdame besser zeigen, wie sehr man sie liebt? Gleichzeitig bietet er die geeignete Herausforderung für jeden (Möchtegern-) Liebhaber, der der Angebeteten einen Beweis seiner Liebe erbringen will. Schließlich verlangt es einigen Mut seitens der Männer, ihre Liebe so öffentlich zu bekunden. Das ist uns Frauen schon viel wert.

Natürlich zählt nicht nur die rein romantische Komponente. Immerhin hat die Männerwelt dadurch auch einmal jährlich eine unschlagbare Ausrede für einen netten, feuchtfröhlichen Abend mit den Kumpels. Womit wir beim nächsten Vorzug der Maitradition wären: Sie fördert das Miteinander. Ob auf dem Dorf oder in der Großstadt - beim Tanz in den Mai kommen alle zusammen. Und wer noch keine Mailiebe hat, lernt sie nun vielleicht kennen. Also liebe Männer, fasst euch ein Herz und fangt an Röschen zu drehen. Geht in den Wald und hackt einen Baum. Es ist noch genug Zeit bis zur Mainacht. Und vielleicht zahlen wir es euch ja im nächsten Schaltjahr heim: mit viel buntem Krepppapier.

Laura Reina

dagegen

Es ist das traurige Frühlings-Highlight des Jahres: Die werten Herren treffen sich am Abend zum ersten Mai in feuchter Runde und binden Kreppband um Äste und Gestrüpp. Im Morgengrauen machen sie sich dann auf den Weg, mal mit Bollerwagen, mal auf Rädern, und klappern die Wohnungen und Häuser der Liebsten ab. Sie schleichen sich grölend ans Haus heran, legen eine Leiter an und unter fachmännischem Lallen wird nun der beste Platz für den geschmückten Zweig gesucht. Ausgestattet mit demselben wird der Verehrer dann zur Leiter geschubst und begibt sich ans wacklige Werk.

Ist die Flagge gehisst, kein Ziegel beschädigt und der Mann wieder gesund am Boden, wird frau verstohlen die Tür aufmachen. Sie kann leichtes Erstaunen vortäuschen, welches schnell in Freude übergehen sollte und den Herren ein bereits gekühltes Gläschen Korn anbieten. Die Freude über diesen Liebesbeweis hält dann noch ungefähr zwei Tage. Dann setzt entweder der erste Regen ein und der Baum sieht nur noch schäbig aus oder der Wind versetzt ihm einen Stoß und schiebt ihn bedrohlich nah an die Regenrinne heran.

Frau wartet daraufhin bis zum ersten Juni, wenn hoffentlich irgendwer, am besten der Wohltäter selbst, das Ding wieder runter holt. In diesen Tagen wirft sie immer wieder einen besorgten Blick aufs Dach und fleht, dass der Ast ihr nur nicht auf den Kopf fallen möge. Die aufgeweichten Kreppbandfetzen wehen derweil in den Garten und müssen dort möglichst trocken eingesammelt werden, um nicht alles einzusauen. Zu guter Letzt wird frau auch noch dazu verdammt, den Ast mit Kreppband zu entsorgen, da die Männer ihr Werk als selbst gemachtes Geschenk betrachten. Kurzum: Ein schöner Strauß Blumen wäre mir lieber. Man munkelt ja, im Schaltjahr dürften auch die Frauen Maibäume setzen. Ich tue mal so, als hätte ich das nicht gehört.

Cornelia Wienen

]]>
Vereinzelt sind wir stark http://www.philtrat.de/articles/1763/ Dafür und dagegen XIII: Studiengebühren boykottieren - Ja oder Nein? Thu, 11 Feb 2010 11:18:42 GMT http://www.philtrat.de/articles/1763/ Hanna-Lisa Hauge, Max Lebsanft, Laura Reina dafür

Hessen hat es uns vorgemacht: Studiengebühren zu boykottieren funktioniert. Dort haben die Studierenden durch Demos und Boykotte Studiengebühren zum Wahlkampfthema gemacht. Und das mit Erfolg: sie zahlen - zumindest in dieser Legislaturperiode bis 2014 - keine Gebühren.

Dass Studiengebühren bei Studierenden auf breite Ablehnung stoßen, ist nicht weiter umstritten. Die Bildungsstreiks im vergangenen Jahr haben bewiesen, dass für viele die Missstände an den Universitäten unerträglich geworden sind. 270000 Leute, davon ein Großteil Studierende, gingen in ganz Deutschland auf die Straßen. Sie demonstrierten gegen Bachelor- und Masterstudiengänge, gegen den wachsenden Leistungsdruck und natürlich auch gegen Studiengebühren. Weshalb ist die Beteiligung an den Gebührenboykotten so gering, fragt man sich da. Am Unmut der Studierenden kann es jedenfalls nicht liegen.

So umstritten die Wirksamkeit des Boykotts sein mag - er bleibt unerlässlich. Wer an dieser Protestform herumkritteln und sie als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnet, hat letztlich nicht begriffen, dass es nur mit Demonstrieren nicht getan ist. Denn verändern wird sich nur etwas, wenn auf breiter Basis gekämpft wird. Ein Bündel von Aktivitäten ist gefragt, um RektorInnen und BildungspolitikerInnen zu überzeugen.

Besonders in Nordrhein-Westfalen sind Boykotte ein wirksames Mittel, denn die Unis können selbst entscheiden, ob ihre Studierenden zahlen sollen und auch wie viel. 10000 Studierenden würden definitiv reichen, um den Senat genug unter Druck zu setzen. Jeder sollte sich mal an die eigene Nase fassen und sich fragen, ob er oder sie den Boykott nicht eigentlich im Geiste unterstützt. In Anbetracht der Masse an DemonstrantInnen vom Bildungsstreik sollten sich die paar Tausend BoykotteurInnen doch finden lassen.

Übrigens: Auch bei uns stehen bald wieder Landtagswahlen an.

Max Lebsanft, Hanna-Lisa Hauge

dagegen

Wer kennt es nicht: Am Ende eines jeden Semesters muss noch ganz schnell Geld für die Studiengebühren aufgetrieben werden. Das Ganze will natürlich auch noch fristgerecht überwiesen werden. Es wäre sicher eine große Erleichterung für so manche Studierende, wenn sich dieses Problem in Luft auflösen würde. Irgendwann sollte aber auch mal Schluss sein mit dem ganzen Boykottieren und dem mittlerweile obligatorischen Dagegen-Sein, denn bisher sind einfach noch keine Erfolge zu verzeichnen.

Wer trotzdem noch hofft, irgendwann einmal von den Studiengebühren befreit zu werden, kann sein Geld statt an die Uni auf ein Treuhandkonto überweisen und abwarten, ob das Quorum von 10000 Studierenden bei der »solidarischen Zahlungsverweigerung« erreicht wird. Klingt ja eigentlich nach einer guten Idee, und die rund 600 Studierenden der Uni Köln, die bereits mitgemacht haben, können wohl bestätigen, dass sie weder exmatrikuliert noch um ihr hart verdientes Geld gebracht wurden. Das Problem: Es sind eben nur 600. Und nicht die nötigen 10000. Da ist es mit der guten Idee auch schon wieder vorbei. Rund 25 Prozent der Studierenden müssten sich beteiligen. Ein Großteil von ihnen weiß aber sicher noch nicht einmal, worum es bei dem Boykott geht. Wenn dieser weiter so vor sich hindümpelt, braucht das Boykott-Team noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, um das von ihm verfolgte Ziel zu erreichen.

Selbst wenn sich 10000 Studierende zusammenfinden, ist nicht ganz klar, was mit dem Geld passiert, denn die Studierenden bekommen es erst zurück, wenn die Studiengebühren endgültig abgeschafft sind. So weit in die Zukunft zu spekulieren schreckt sicher Viele ab und hält sie davon ab, solidarisch zu handeln. Vielleicht vermag ja der Bildungsstreik dem Gebührenboykott Zulauf zu bescheren.

Laura Reina

]]>
Aufn Absacker in die Südstadt? http://www.philtrat.de/articles/1619/ Dafür und dagegen VIII: Neue U-Bahn durch Köln weiterbauen - ja oder nein? Thu, 09 Apr 2009 12:13:32 GMT http://www.philtrat.de/articles/1619/ Nadine Gottmann, Katrin Gildemeister dafür

Zugegeben, beim Bau der neuen Nord-Süd-Stadtbahn ging bisher eigentlich alles schief. Bereits vor dem Unglück an der Severinstraße lagen die Kosten mehr als fünfzig Prozent über dem zu Beginn kalkulierten Preis. Inzwischen ist mit einem Betrag von etwa einer Milliarde Euro zu rechnen. Offensichtlich hatten verschiedene StatikerInnen und GutachterInnen, unter anderem vom Aachener Hochschul-Institut für Geotechnik, bereits seit September vor den unsicheren Bodenverhältnissen gewarnt. Und nun, nach dem Unglück, will niemand die Verantwortung für den Einsturz des Historischen Archivs und der drei angrenzenden Häuser übernehmen.

Man hätte nie anfangen sollen, die neue U-Bahn-Linie zu bauen - das ist richtig. Vor allem in Hinblick auf die beiden Menschen, die ihr Leben verloren haben. Doch den Bau an diesem Punkt abzubrechen, wäre sicherlich die falsche Entscheidung. Da die Stadt ein Zehntel der Kosten selbst trägt, sind bereits große Summen an Kölner Steuergeldern in das Projekt geflossen. Durch einen Abbruch zum jetzigen Zeitpunkt würden kaum Kosten gespart, denn die aufwändigsten Abschnitte wurden bereits fertig gestellt.

Die Finanzen allein können natürlich nicht den Ausschlag zur Vollendung der Nord-Süd-Bahn geben. Zwei unabhängige Ingenieurbüros, die Oberbürgermeister Fritz Schramma zur Einschätzung der Lage zusätzlich beauftragt hat, haben den Weiterbau inzwischen für sinnvoll erklärt, allerdings unter "begleitender intensiver Überwachung". Dass die KVB aus den Fehlern gelernt hat, die Bauüberwachung von nun an ernst genommen wird und diesbezüglich kein noch so kleines Risiko eingegangen wird, darauf muss man sich jetzt verlassen können. Nach dem Schaden, den die U-Bahn schon angerichtet hat, ist es das Mindeste, dass die KölnerInnen die neue Linie wenigstens eines Tages nutzen können.

Nadine Gottmann

dagegen

Seit 2004 werkeln Bauunternehmen im Auftrag der KVB nun an der noch imaginären, vier Kilometer langen Nord-Süd Bahn quer durch Köln herum - und verursachen eine Katastrophe nach der nächsten. Jetzt sind zwei Menschen gestorben. Zwei Menschen, die auf Kosten ignoranter und kapitalgeiler UnternehmerInnen ihr Leben lassen mussten.

Leider steht offiziell immer noch in den Sternen, beim wem die Schuld zu suchen ist, aber gewusst haben auf jeden Fall beide Parteien von den 15 Brunnen in der Nähe des Archivs, elf mehr als eigentlich erlaubt. Die Brunnen, die das Grundwasser abpumpen sollten und über die alle Beteiligten geschwiegen haben. Und jetzt ist nicht nur der Tod zweier Menschen zu beklagen, sondern die KölnerInnen müssen sich auch noch um die hundert anderen Gebäude sorgen, die entlang der Strecke Risse zeigen, unter ihnen Basilika Sankt Maria im Kapitol. Denn seit Ende März darf die Strecke weitergebaut werden, zur Beunruhigung der in der Nähe wohnenden Menschen. Die Umsätze der Läden auf der Severinstrasse sind gesunken und die Menschen leben in Angst vor der nächsten Katastrophe.

Klar, das Projekt hat bereits viel Geld gekostet und wurde von objektiven PrüferInnen abgesegnet. Immerhin haben sich die dafür verwendeten Steuergelder schon von 320 Millionen auf fast eine Milliarde erhöht. Aber wenn man bedenkt, dass auch das Archiv in der Woche vor seinem Einsturz noch geprüft wurde, ist diese Tatsache wenig vertrauenerweckend. Die KölnerInnen haben also noch drei Jahre vor sich, in denen ungeahnte, von niemandem verantwortete Katastrophen passieren können. Wie viele Menschen sollen noch unschuldig sterben, wie viele in Angst und Schrecken versetzt werden, bevor die Stadt die einzig richtige Konsequenz zieht und den Bau der Nord-Süd Bahn stoppt?

Katrin Gildemeister

]]>
Wenn dat Trömmelsche jeht... http://www.philtrat.de/articles/1590/ Dafür und dagegen VI: Kölner Karneval mitfeiern - ja oder nein? Sat, 21 Feb 2009 09:59:23 GMT http://www.philtrat.de/articles/1590/ Julia Groth, Nina Weinbrenner dafür

Ende Februar werden viele Menschen Köln eilig verlassen. Dann nähert sich die Karnevalssaison ihrem Höhepunkt. Die Begründungen der Karnevalsmuffel für ihren Exodus ändern sich mit den Jahren kaum: Zu viele Betrunkene überall, deshalb auch zu viele AntatscherInnen, und überhaupt sei Karneval eine piefige Veranstaltung. Letzteres mag für den Sitzungskarneval mit Funkemariechen und Altmännerreden gelten - der Straßenkarneval aber wird jedes Jahr neu erfunden, nämlich von den Menschen, die ihn feiern.

Allein schon, weil Karneval das demokratischste aller Feste ist, muss man die jecken Tage eigentlich mögen. Wann sonst können BWLerInnen und IndologInnen sich ohne Vorurteile auf der Straße begegnen, Polohemden und Walle-Kleider unter Mönchskutten oder Vampirumhängen versteckt? Die allgemeinen Alkoholexzesse bringen natürlich in der Tat einige unangenehme Nebenwirkungen mit sich.

Dazu gehören leider auch unerwünschte Angriffe auf diverse Körperteile. Aber dennoch: Sogar das Grabschen, das ja leider auch den Rest des Jahres über in Kneipen oder auf Partys vorkommen kann, spielt sich an Karneval demokratischer ab als sonst. Denn man hört nicht nur Frauen, sondern auch Männer klagen: »Eine Biene hat mir an den Po gepackt!« Generell kommt es natürlich an Karneval ebenso wie den Rest des Jahres darauf an, die Kneipen, Clubs oder Straßen mit passender Atmosphäre zu finden. Karneval ist nicht gleich Karneval - es laufen nicht einmal überall dieselben Lieder, auch wenn es manchmal so klingt. Wer üblicherweise in Edel-Clubs verkehrt, sollte nicht gerade an Karneval eine kölsche Eckkneipe aufsuchen und sich dann wundern, dass ihm Stimmung und Publikum dort nicht gefallen. Die Stadt gleich zu verlassen, ist aber eindeutig übertrieben. Wer es keine sechs Tage in einer Stadt aushält, in der ein Großteil der Bevölkerung kollektiv Spaß hat, hat kein Problem mit Karneval, sondern mit seinem Sozialverhalten. Und sollte vielleicht versuchen, einmal mitzuschunkeln - vielleicht macht es ja doch Spaß.

Julia Groth

dagegen

Laute kölsche Musik, gutgelaunte Menschen, viel Alkohol und bunte Deko in der ganzen Stadt. Für die meisten KölnerInnen ist das die schönste Zeit des Jahres. Für viele NichtkölnerInnen ist es der Zeitpunkt, an dem sie Köln fluchtartig verlassen, Fernseher und Radio meiden, um dem jecken Treiben zu entgehen. Am besten in die Berge oder aufs Land, wo es nach Möglichkeit weder Zeitungen noch NachbarInnen oder Elektrizität gibt. Und das liegt nicht daran, dass sie Spaßbremsen wären. Manchmal erschlägt die kölsche Kultur sie einfach. Die KölnerInnen halten viel von ihrer Tradition, Karneval zu feiern. Doch wenn man damit nicht groß geworden ist, kann man das nicht immer nachvollziehen. Man leidet vielmehr darunter, dass die Stadt überlaufen ist von verkleideten Menschen, dass Bahnen und Busse nicht regelmäßig fahren und man im schlimmsten Fall nicht dahin kommt, wo man hin möchte. Sollte man doch das Glück haben, eine passende Bahn zu bekommen, ist diese meistens völlig überfüllt und man wird von Betrunkenen in seltsamen Kostümen belästigt.

Schließt man sich den Menschenmassen an, die sich den Rosenmontagsumzug vor Ort ansehen wollen, passiert es leicht, dass man sich den einen oder anderen blauen Fleck einhandelt, da ringsum alle um die Kamelle kämpfen. Hat man Pech, wird man dabei von der Menge halbtot getrampelt. Da wünscht man sich zurück in sein Bett, mit Ohropax im Ohr und der Bettdecke über den Kopf. Doch am schlimmsten sind die vielen Betrunkenen, die ihre Hemmungen komplett verlieren. Steht man zu lange regungslos an einer Stelle, könnte man für einen Baum gehalten werden, der nach Hundemanier erst einmal anpinkeln werden muss. Oder man stolpert über Pärchen, verkleidet als Nonnen oder Kühe, die sich vor Karneval noch nie gesehen haben und sich danach vermutlich nicht mehr sehen werden. Spaß zu haben ist nicht verwerflich, und auch viele NichtkölnerInnen haben Spaß. Doch braucht man dafür kein festgelegtes Wochenende. Spontan feiern gehen, weil man es selbst will, macht aus Sicht einer Nichtkölnerin einfach mehr Spaß.

Nina Weinbrenner

]]>
Nicht immer still und heilig http://www.philtrat.de/articles/1564/ Dafür und dagegen V: Weihnachten mit der Familie feiern - ja oder nein? Fri, 23 Jan 2009 18:50:42 GMT http://www.philtrat.de/articles/1564/ Julia Groth, Lars Strojny dafür

An Weihnachten ist die bürgerliche Gesellschaft darauf programmiert, Glück verspüren zu wollen: Konsum, Geschenke, gutes Essen, feine Spirituosen und Weine und ein paar ruhige Tage. Im Kreise der Familie verschwinden die Unterschiede hinter der gemeinsamen Anstrengung, ein paar Tage gut miteinander auszukommen - man sieht sich ja sonst nicht so oft.

Auch der mürrische Nachbar lässt seine gefühlte Lärmbelästigung mal Lärmbelästigung sein - es ist ja Weihnachten. Der Müll muss einmal nicht ordentlich getrennt werden, die Papiertonne ist schließlich schon mit Geschenkpapier gefüllt - es ist ja Weihnachten. Wie der Schnee Geräusche schluckt, so zivilisiert die geplante Glückseligkeit ihre TeilnehmerInnen. Aber eben nur diese: Dass vom schönen Spiel die Hälfte ausgeschlossen ist, ist ein wichtiger Einwand. Trotzdem geht er am Kern der Sache vorbei - Kapitalismus ist leider kein Ponyhof.

Das populärste linke Ressentiment gegen Weihnachten ist ein Ausflug mit Captain Obvious. An Weihnachten wird konsumiert, und Konsum ist ja böse - wegen der Konzerne und so. Die Schnoddrigkeit der Wiedergabe entspricht dem Argument selbst: Schwanz und Hund werden vertauscht, Produktion und Produktionsbedingungen verwechselt.

Natürlich ist Familie auch immer mit einem gängelnden Moment verbunden, das Karl Kraus mit seiner Anmerkung, dass das Wort »Familienbande« einen Beigeschmack von Wahrheit in sich trage, so schön entlarvte. Doch diese Erkenntnis verblasst hinter dem Einwand, dass man sich an Weihnachten nicht streitet. Und so ist Weihnachten trotz allem eine schöne Institution, mit gutem Essen und Geschenken. Eben dem, wofür der Alltag wenig Platz lässt.

Lars Strojny

dagegen

Unter all den christlichen Festen, die übers Jahr gefeiert werden, hat Weihnachten eine Sonderstellung inne - als das Fest, das am meisten nervt. Wer lässt sich schon wegen Ostern stressen? Wer wird an Pfingsten melancholisch? Weihnachten aber, mit seinen exzessiven Familienfeiern, treibt oft diejenigen in den Wahnsinn, die an den Feiern teilnehmen. Und die, die keine Familie haben, bringt es nicht selten zu depressivem Vor-dem-Fernseher-Versacken. Das größere der beiden Übel sind meist die Familienfeiern.

Das Problem an Familienweihnachten ist altbekannt: Menschen, die sich nicht zwangsläufig gut verstehen, tun so, als hätten sie sich das ganze Jahr lang nichts sehnlicher gewünscht, als Zeit miteinander zu verbringen. Wer sich nicht der allgemeinen Hochstimmung anschließt, läuft Gefahr, als Störenfried gebrandmarkt und entsprechend behandelt zu werden. So weit, schlechter Laune mit Geduld und Freundlichkeit zu begegnen, reicht der Geist der Weihnacht meist doch nicht.

Oft wird dem Karneval vorgeworfen, ein Fest zu sein, das zu Heiterkeit und gemeinsamen Saufgelagen verpflichtet, dazu quasi zwangsrekrutiert. Was den Zwang zum Feiern angeht, läuft Weihnachten Karneval aber mühelos den Rang ab. An Karneval nimmt es einem niemand übel, wenn man sich davonschleicht, statt mitzuschunkeln. Das ist dann eben eine Geschmacksfrage. Wer allerdings ähnliches an Weihnachten versucht, wird schnell feststellen, dass ein solches Verhalten nicht als höflicher Rückzug gewertet wird, sondern als heimtückischer Anschlag auf das Familienglück. Weihnachten ist das Fest mit dem größten Feierzwang überhaupt, das rücksichtsloseste Fest des Jahres. Und schuld daran ist die fragwürdige, aber von vielen eisern verteidigte Tradition der Familien-Weihnachtsfeier.

Julia Groth

]]>
Arsch huh, Zäng ussenander! http://www.philtrat.de/articles/1535/ Dafür und dagegen IV: Sollte man auf Demonstrationen gehen? Thu, 16 Oct 2008 20:04:15 GMT http://www.philtrat.de/articles/1535/ Julia Groth, Gregor Leyser dafür

Bei einigen ZeitgenossInnen sind Demonstrationen seit den Protesten gegen den rechten »Anti-Islamisierungs-Kongress« in Köln etwas in Verruf geraten. Da wollten die KölnerInnen einfach nur schunkeln, singen und feiern und nebenbei gegen die versammelten europäischen Rechtsextremen protestieren - und auf einmal tauchten vermummte Horden auf und prügelten sich mit der Polizei. Da bleibt man vielleicht besser gleich zuhause, denken sich jetzt bestimmt einige, und schunkelt dort ein bisschen vor sich hin. Da bekommt man wenigstens nichts aufs Maul.

Aber egal, ob eine Demonstration aus Blumen verteilenden Hippies, Anzug tragenden CDU-Wählern oder Antifa-AktivistInnen besteht: Sie ist eine vom Staat gestattete Möglichkeit, die eigene Meinung an die Öffentlichkeit zu tragen. Die Versammlungsfreiheit ist ein deutsches Grundrecht. Und Grundrechte sollte man wahrnehmen, so viel man kann. Sonst könnte noch jemand auf die Idee kommen, sie wären gar nicht nötig. Demonstrationen schaffen Öffentlichkeit und zeigen denen, die an ihnen teilnehmen, dass sie nicht alleine dastehen. Ein Beispiel: Ein Unternehmen will eines seiner Werke schließen. Was kann jemand tun, der in keinem für diese Entscheidung wichtigen Gremium sitzt? Niemanden beeindruckt es, wenn einzelne Personen ein paar Protestbriefe schreiben oder sich bei den AbteilungsleiterInnen beschweren gehen. Wenn aber mehrere Tausend vor den Werkstoren demonstrieren, wecken sie Aufmerksamkeit. Dann bleiben PassantInnen stehen und fragen nach, dann berichtet die Presse darüber, dann sehen vielleicht auch die für die Schließung Verantwortlichen, dass es Probleme gibt. In der Wahlkabine sein Kreuzchen zu machen und ab und zu einen Beschwerdebrief zu schreiben, darf nicht alles sein, was man tut, um gegen bestehende Verhältnisse zu protestieren. Wie die RAF PolizistInnen zu erschießen, bringt zwar mehr Aufmerksamkeit, aber auch Gefängnisstrafen und - bei den meisten Menschen - moralische Probleme mit sich. Die goldene Mitte sind Demonstrationen.

Julia Groth

dagegen

Demonstrieren gehen ist an sich eine feine Sache. Man kommt unter Leute, ist an der frischen Luft und rettet nebenbei noch ein bisschen die Welt - nicht. Denn das Problem an Demos ist, dass es BildungsministerInnen, chinesischen Politbüromitgliedern oder Weltkonzernvorständen in der Regel herzlich egal ist, dass man sich gerade auf der Straße den Arsch abfriert. Es sei denn, sie sind in dem Moment automobil in der Innenstadt unterwegs. Was die Egal-Haltung dann aber eher in die falsche Richtung verändert.

»Aber was ist mit den Nazis?«, werden jetzt Einige aufschreien. Die kann man doch nicht unbehelligt ihre braunen Parolen skandieren lassen! Doch, kann man. Sollte man vielleicht sogar. Denn wie schon ein ehemaliger Bundeskanzler in einem seiner helleren Momente richtig bemerkte: »Entscheidend ist, was hinten rauskommt.« Und in den Abendnachrichten sind das leider nicht die bürgerlichen Demonstrationsgutmenschen mit Luftballons und Kinderwagen, sondern die schwarz-rot geblockten KrawalltouristInnen, die überall dort auftauchen, wo man sich kostenfrei kalt abduschen lassen kann.

So richtig nützlich sind Demonstrationen nur für eine einzige Sache, nämlich fürs eigene Ego. Wem das neben der Tatsache bewusst ist, dass man mit lustig gereimten Spruchbändern auf der Straße faktisch überhaupt nichts verändert, kann sich bei seinen Wochenendspaziergängen gerne der nächstbesten größeren Menschenansammlung anschließen und eine Runde mitlaufen. Selbst wenn man aus Versehen die falsche Seite erwischt, nur keine Panik, davon geht das Abendland nicht unter. Und wenn man früh genug den Absprung schafft, hat man mehr Zeit für die samstägliche Shoppingtour. Die kann man dann dafür nutzen, sich die Etiketten eines »Free Tibet«-T-Shirts etwas genauer anzuschauen und es wieder zurückzuhängen, wenn da »Made in Bangladesh« draufsteht. Und wenn man noch mehr Zeit hat, weil man sich die Demo komplett geschenkt hat, kann man sogar versuchen, die VerkäuferInnen davon zu überzeugen, die Sweatshop-Shirts komplett aus dem Programm zu nehmen.

Gregor Leyser

]]>
Wohltäter im Vorstandssessel http://www.philtrat.de/articles/1506/ Dafür und dagegen III: Gehört soziales Engagement zu den Aufgaben von ManagerInnen? Fri, 25 Jul 2008 17:03:59 GMT http://www.philtrat.de/articles/1506/ Gregor Leyser, Katrin Gildemeister dafür

Mit einer Verfassung, wie Deutschland sie hat, sollte soziale Verantwortung von ManagerInnen eine Selbstverständlichkeit sein. Gegenüber den ArbeitnehmerInnen sowie der Gesellschaft. Schon in Artikel 14 des Grundgesetzes heißt es: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« Dass ManagerInnengehälter heutzutage um die dreihundert Mal so hoch sind wie die der durchschnittlichen ArbeitnehmerInnen, lässt sich kaum leugnen. Dass sich die Spitzen von Unternehmen dennoch häufig weigern, von ihrem enormen Profit einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens beizusteuern, hängt wohl mit Lücken im System und purem Egoismus zusammen. Genügend Unternehmen nutzen Deutschland als Produktionsstätte und entziehen sich der Versteuerung durch Gewinnverlagerung ins Ausland. Dadurch bleibt es einmal mehr an den arbeitenden BürgerInnen hängen, das Gemeinwesen durch Besteuerung zu finanzieren. Dabei sind es doch gerade die ArbeitnehmerInnen, die ein Unternehmen am Leben erhalten. Indem ArbeiterInnen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, können sie das Engagement des Unternehmens fordern. Aber auch ManagerInnen müsste am Arbeitsklima gelegen sein.

Je wohler sich die MitarbeiterInnen fühlen, desto höher ist die Identifikation mit ihrer Arbeit. Arbeitseinsatz erfolgt dann im besten Fall nicht mehr ausschließlich aufgrund von Entlohnung, sondern auch wegen persönlicher Bindung. Das ist profitsteigernd und so auch für das Unternehmen förderlich. Vorraussetzung ist, dass die ArbeitnehmerInnen sich sicher und gerecht behandelt fühlen. Aber auch moralische Gründe spielen eine wesentliche Rolle. Wie ist es zu verantworten, dass ein Teil unserer Gesellschaft in Überflussverhältnissen lebt, während eine Vielzahl anderer sich in Armut befindet? Auch ManagerInnen tragen großen Anteil daran, und es wird höchste Zeit, dass sie sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden.

Katrin Gildemeister

dagegen

ManagerInnen führen Wirtschaftsunternehmen. Mit ihrer Tätigkeit ist keine andere soziale Aufgabe verbunden als die, die in einer Gesellschaft benötigten Güter verfügbar zu machen. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen wäre zwar grundsätzlich begrüßenswert, würde es nicht in Marketingabteilungen oder von PR-Agenturen konzipiert. Aber auf als Wohltätigkeit verpackte Werbung verzichte ich dankend. Und von ManagerInnen zu erwarten, Menschen aus sozialen Gründen in ihren Betrieben zu beschäftigen, ist schlicht Unfug. Ansonsten müsste man in jedes Anforderungsprofil einer Stelle im höheren Management den Punkt »Neigung zur Schizophrenie« aufnehmen.

Warum sich nicht auf die erprobte Aufgabenverteilung zurück besinnen, in welcher der Staat die soziale Absicherung übernimmt? Glaubt man den FinanzministerInnen des Rekord-Exportweltmeisters, ist dafür das Geld zu knapp. Aber wer nach wie vor der Mär »Vollbeschäftigung ist möglich« anhängt und seine Steuermodelle danach ausrichtet, darf sich nicht wundern wenn die Kassen leer bleiben. Sowohl PolitikerInnen als auch GewerkschafterInnen sollten mal den Begriff »jobless growth« googeln. Denn Massenentlassungen sind heute nicht mehr unbedingt Zeichen für eine schlechte Auftragslage, sondern eher für gesteigerte Effizienz.

Was nicht stimmt in dem jetzigen System, ist die ungleiche Verteilung der Abgabenlasten. Das kann man ManagerInnen nicht vorwerfen. Im Gegenteil: ManagerInnen, die die innerhalb des gesetzlichen Rahmens vorhandenen Möglichkeiten für ihre Unternehmen nicht voll ausreizen, sind schlechte ManagerInnen. Richtiger wäre, überzogene Unternehmensgewinne zu thematisieren und Steuerschlupflöcher konsequent zu schließen, statt sich auf Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu verlassen. Die Regierungen sollten an Stelle der juristischen endlich wieder die natürlichen Personen ins Zentrum ihrer Arbeit rücken. Dann würden sie vielleicht auch mal wiedergewählt.

Gregor Leyser

]]>
Zehn kleine Jägermeister… http://www.philtrat.de/articles/1477/ Dafür und dagegen II: Jugendschutz - ja oder nein? Fri, 27 Jun 2008 12:46:50 GMT http://www.philtrat.de/articles/1477/ Lars Strojny, Maximilian Waclawczyk dafür

Lukas W. war ein 16-Jähriger, der seine eigenen Erfahrungen gemacht hat. Er wurde an jenem schicksalhaften Abend im Februar dieses Jahres von niemandem bevormundet. Er selbst entschied, wie viel er wo trinken wollte. Wäre alles gut gegangen, dann wäre er mit einem schlimmmen Kater am nächsten Morgen aufgewacht, hätte sich vielleicht gesagt, dass er so etwas nicht wieder machen würde, aber viel wahrscheinlicher wäre er am nächsten Abend wieder losgezogen, um seine eigenen Erfahrungen zu machen. Es ist aber nicht gut gegangen. Lukas W. starb nach 45 Gläsern Tequila. Er starb trotz Jugendschutz. Ein paar Zeilen in einem Gesetzesbuch konnten nicht verhindern, was geschehen ist. Aber hätte es mehr Menschen gegeben, die Wert darauf legten, dass manch Jugendlicher vor seiner eigenen Überheblichkeit beschützt werden muss, dann wäre Lukas aller Wahrscheinlichkeit nach noch am Leben.

Jugendschutz ist eine Frage der Reife. Aber wie legt man fest, ob ein Mensch reif ist oder nicht? Da der Staat nicht jeden Jugendlichen individuell prüfen kann, muss eine einheitliche Norm her und diese ist nun mal das Alter. Mit 16 ist man alt genug zum Bier trinken und rauchen, mit 18 alt genug zum Pornos gucken und GTA IV spielen. Es scheint willkürlich, aber eine Festlegung muss es geben und wenn wir nicht mehr erwarten können, dass ein Mensch mit 19 reifer ist als mit 15, dann läuft in unserer Gesellschaft grundsätzlich etwas falsch. Jugendschutz, das ist Schutz der Jugend. Primär sollte dies natürlich Aufgabe der Erziehungsberechtigten sein, doch wenn diese versagen oder Jugendliche außerhalb ihrer Reichweite sind, ist es Aufgabe des Staates Minderjährige zu schützen. Lukas W. wäre nicht damit geholfen gewesen, den Jugendschutz abzuschaffen. Er hätte nur ein paar Menschen gebraucht, die den Jugendschutz nicht für irrelevant oder überflüssig gehalten hätten.

Maximilian Waclawczyk

dagegen

Stolz auf etwas zu sein, für das man nichts kann, die Anwesenheit von Schamhaaren, die Familie aus der man stammt, das Land, dem man sich zugehörig fühlt, gilt gemeinhin als Charakterschwäche oder gar ernsthafte Störung. Umgekehrt werden Benachteiligungen aufgrund solcher Attribute in unserer Gesellschaft üblicherweise weder geduldet noch gutgeheißen. Alter ist ein solches Attribut: »Die Jugend ist ein schwaches Pflänzlein, das gehegt und gepflegt werden will«, könnte in der Präambel der Gesetze zum Schutze der Jugend stehen. Niemand sonst aber würde es akzeptieren, als schwach verhätschelt zu werden.

Ein guter Teil unserer Bevölkerung allerdings hat genau das hinzunehmen. Jugendliche können nicht selbst entscheiden, was gut für sie ist. Keine Lust zu begründen, warum der Junior um Mitternacht zu Hause sein soll? Jugendschutz. Keine Lust darüber zu streiten, ob die fünfzehnjährige Tochter zu jung ist, mit ihrem volljährigen Freund zu schlafen? »Den Kindern droht mit dem schwarzen Mann, den Älteren mit dem Jugendschutz.« Pragmatisch, praktisch, unwirksam: Die Tochter wird Sex, der Sohn unterwegs eine »Fahrradpanne« haben. Dass Verbote niemanden abhalten, zeigt die lange Geschichte des Drogenkonsums oder in jüngerer Zeit die Kriminalisierung ganzer Schulhöfe aufgrund illegaler Downloads. Ganz im Gegenteil hüllen Verbote ihren Gegenstand in eine Aura des Verruchten. Dass es mit der Dissidenz eines Besäufnisses nicht viel auf sich hat, zeigt ein ordentlicher Vollrausch weit einprägsamer als die andauernde Warnung vor ihm.

Nun sind Jugendliche weder besonders vernünftig noch übermäßig intelligent im Umgang mit Pornographie, Alkohol, Zigaretten, Gewaltfilmen oder -Spielen. Sie stehen ihren erwachsenen Vorbildern dabei aber in nichts nach. Trotzdem beantragt niemand massenweise Vormundschaftsverfahren für peinliche Volljährige, die sich komisch aufspielen.

Lars Strojny

]]>
Drum prüfe, ob sich ewig bindet http://www.philtrat.de/articles/1446/ Dafür und dagegen: Jung vor Standesamt und Traualtar - ja oder nein? Fri, 04 Apr 2008 17:09:23 GMT http://www.philtrat.de/articles/1446/ Julia Groth, Lars Strojny dafür

Ich kenne tausend und ein Argument, warum man nicht heiraten sollte. Erst recht nicht vor der Vollendung des vierzigsten Lebensjahres, mindestens aber, solange man noch in die Kategorie attraktiv fällt. Heute können wir reisen wohin wir wollen, ernähren uns von Falafel, Burgern, Pasta, Borschtsch, Fish 'n' Chips und Sauerbraten, tragen Sneakers aus New York, Poloshirts aus Tokio, dazu Pariser Jeans (allesamt gefertigt in Indien, aber das ist ein anderes Thema), kurz, wir führen ein vorbildliches postmodernes Leben. Warum also käme jemand auf die debile Idee, sich entgegen der Freiheit, die man sonst genießt, in jungen Jahren zu binden, das Versprechen »bis dass der Tod uns scheidet« ernst zu meinen und gegen jede Vernunft und Scheidungsstatistik dem Partner zu versprechen, eben ein solcher zu bleiben?

Es gibt genau drei Gründe. Der erste, Steuern, ist einer Ökonomie geschuldet, die auch durch angestrengtes Wünschen nicht verschwinden will. Der zweite ist die furchtbar romantische Idee, dass meine Sneakers unter ihrem Mantel stehen könnten - für die nächsten sechzig Jahre oder auch länger. Die Schuhe mögen später mal Ledersohlen haben, die Größe des Mantels wird sich in den oberen Vierzigern bewegen, aber die Personen, die beides tragen, sollen gleich bleiben. Der dritte Grund ist das Bedürfnis nach Sicherheit und Endgültigkeit. Es gibt sicher coolere Sätze, aber was ist, ist schwer zu leugnen. In der Postmoderne heiratet man aus dem gleichen Grund, aus dem englische Landhaus-Sakkos inklusive weißem Einstecktuch mit Jeans kombiniert werden - weil es möglich ist.

Lars Strojny

dagegen

Heiraten scheint derzeit bei vielen jungen Leuten groß in Mode. Noch nicht mit der Uni fertig, der Freund studiert in einer anderen Stadt, aber damit auch ja alle sehen, dass man zusammen gehört, müssen Ring, Standesamtsurkunde und im schlimmsten Fall sogar ein gemeinsamer Nachname her. Die Rückkehr zur Spießigkeit.

Wer sich mit vierzig oder fünfzig Jahren dazu entscheidet, die Lebensgemeinschaft offiziell zu machen, ist zwar ebenfalls spießig, darf es aber auch sein. Gedanken über eine bessere Steuerklasse seien MitbürgerInnen fortgeschrittenen Alters zugestanden. Aber mit Anfang zwanzig? Junge, heiratswillige Paare schwärmen daneben oft von der Romantik des Heiratens. Das ist natürlich Unsinn. Romantik braucht weder Ring noch Hochzeitskleid. Und weiße Tauben, die vor der Kirche gen Himmel flattern, sind nicht romantisch, sondern abgedroschen.

Der Drang, sich mit staatlichem Segen möglichst früh zu binden, zeugt vor allem von einer tief greifenden Unsicherheit. In einer Welt, in der man vielleicht schon morgen für einen Job von Bayern nach Ostfriesland ziehen muss, wollen viele junge Menschen den Partner oder die Partnerin so fest wie möglich an ihre Seite gekettet wissen. Damit machen sie sich aber nicht nur zu SpießbürgerInnen erster Klasse, sondern zerstören auch alles Spontane an junger Liebe. Allzu große Sorgen muss man sich darüber aber trotzdem nicht machen: Spätestens mit Mitte Dreißig kommen Sinnkrise und Scheidung, und dann wird erstmal richtig wild durch die Gegend gevögelt.

Julia Groth

]]>
Wettlauf im ewigen Eis http://www.philtrat.de/articles/1318/ Bildergeschichten XXVII: Wie zwei Polarforscher als Erste den Südpol erreichen wollten, aber nur einer lebend zurück kam Fri, 20 Jul 2007 17:31:35 GMT http://www.philtrat.de/articles/1318/ Julia Groth Gleich zwei Expeditionen kämpften sich Ende des Jahres 1911 durch Schnee und Eis, um den Südpol zu erreichen. Zwei Mannschaften, deren Anführern schnell klar wurde, dass es ein Wettrennen war. Nur einer von ihnen konnte der erste Mensch am Südpol werden. Und nur eine der beiden Mannschaften kehrte lebend aus dem ewigen Eis zurück.

Die eine Expedition wurde vom norwegischen Polarforscher Roald Amundsen geleitet. Die andere vom britischen Polarforscher und Marineoffizier Robert Falcon Scott. Amundsen hatte bereits Erfahrung mit Expeditionen in kalten Gefilden. Vor seiner Reise zum Südpol war er schon einmal auf einer Expedition in der Antarktis gewesen. Außerdem hatte er die Nordwestpassage entdeckt, einen Seeweg im Polarmeer, der den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Auch Scott war nicht ganz unerfahren. Er hatte jedoch eine frühere Antarktis-Expedition fast 500 Meilen vom Südpol entfernt abbrechen müssen.

Im Oktober 1911 brachen die beiden Konkurrenten auf, um endlich als erste Menschen den Südpol zu erreichen. Beide hatten Schlittenhunde dabei, mit denen Amundsens Leute aber um einiges besser umgehen konnten als die Leute von Scott. Die Norweger benutzten außerdem Skier, die Briten hingegen Ponys und Motorschlitten. Trotz des fast gleichzeitigen Aufbruchs konnte von einem Kopf-an-Kopf-Rennen keine Rede sein. Am 20. Dezember 1911 wehte die norwegische Fahne am Südpol, 35 Tage vor der Ankunft der britischen Expedition. Amundsen hatte gewonnen. Seinem Konkurrenten Scott ließ er, nachdem er und seine Mitarbeiter einige wissenschaftliche Untersuchungen gemacht hatten (siehe Bild), ein Zelt mit einem Brief darin zurück.

Scotts Expedition blieb vom Pech verfolgt. Der Rückweg zum Basislager, für die Norweger kein großes Problem, wurde für die Briten zum verzweifelten Kampf gegen die Kälte. Ein Kampf, den sie verloren. Nur elf Meilen von einem Nahrungsmittellager entfernt starben Scott und die letzten zwei noch lebenden Expeditionsteilnehmer im Schnee. In seinem Tagebuch, das später gefunden wurde, hatte Scott als letzten Wunsch geschrieben, dass man sich um die Hinterbliebenen kümmern möge.

Amundsen war nach seiner Rückkehr ein gefeierter Held. Aber auch er starb schließlich im Eis. Bei einer Rettungsaktion 1928 für den italienischen General und Luftschiffpionier Umberto Nobile, der mit seinem Luftschiff in der Arktis abgestürzt war, stürzte auch Amundsens Flugzeug ab. Das Flugzeug wurde bis heute nicht gefunden. Auch der Polarforscher tauchte nie wieder auf.

]]>
Cowboy und Indianer http://www.philtrat.de/articles/1286/ Bildergeschichten XXVI: Wie eine Wildwest-Legende die Geschichte der amerikanischen Pionierzeit erzählte und Rassismus schürte Fri, 11 May 2007 18:28:45 GMT http://www.philtrat.de/articles/1286/ Julia Groth Mutige Cowboys, blitzende Colts, Indianer auf ungesattelten Mustangs - das ist das Bild vom Wilden Westen, wie es viele Bücher und Filme vermitteln. Bevor Western-Filme aufkamen, gab es Buffalo Bill's Wild West Show. Der große Western-Zirkus tourte Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts durch die USA, Kanada und Europa. Er präsentierte den ZuschauerInnen ein Bild der US-amerikanischen Pionierzeit, das ebenso bunt wie verzerrt war.

Gründer der Show war William Frederick Cody, besser bekannt als Buffalo Bill. Cody hatte zuvor nicht nur als Büffeljäger gearbeitet, sondern sich auch als Goldsucher, Pfadfinder und Reiter beim Pony-Express versucht. Die Wild West Show gründete er 1883. Ihr Star war die Kunstschützin Annie Oakley. Die junge Frau konnte einem Mann eine brennende Zigarette aus dem Mund schießen.

Als weitere Attraktion hatte Cody den berühmten Sioux-Häuptling Sitting Bull in seine Show geholt. Sitting Bull, einer der Führer der indianischen Freiheitsbewegung, wurde dabei übel getäuscht. Wegen seiner schlechten Englischkenntnisse dachte er, er könne vor einem großen Publikum über die an den IndianerInnen verübten Verbrechen sprechen. Er hielt Ansprachen in seiner Muttersprache Lakota, ohne darüber aufgeklärt zu sein, dass es sich um eine Show handelte.

IndianerInnen und andere Menschen aus fremden Kulturen zur Schau zu stellen, war im 19. Jahrhundert beliebt. Die »Ausstellungsstücke« sollten ihr vermeintliches Alltagsleben vorspielen, manchmal auch Kunststücke vorführen. Indem sie Unterschiede überbetonten, trugen die so genannten Völkerschauen dazu bei, Rassismus zu schüren. Als die Wild West Show 1889 in Karlsruhe gastierte, mussten die KarlsruherInnen die Vorführung allerdings ohne Sitting Bull sehen. Er hatte es abgelehnt, an der Europa-Tournee teilzunehmen.

William Cody war zu diesem Zeitpunkt bereits durch seine Show und Groschenromane, die ihn zum Helden stilisierten, berühmt geworden - und möglicherweise größenwahnsinnig. Er versuchte mehrmals, eine Stadt zu gründen, und verlor dabei viel Geld. Im Jahr 1896 gelang es ihm schließlich mit Hilfe einiger Investoren. Die Stadt Cody in Wyoming wirbt heute mit einem Buffalo-Bill-Museum sowie dem Slogan: »Cody is Rodeo!«

]]>
Die »Schwarze Venus« der Résistance http://www.philtrat.de/articles/1252/ Bildergeschichten XXV: Wie eine Varieté-Künstlerin gegen Nationalsozialismus und Rassimus kämpfte Fri, 27 Apr 2007 19:16:59 GMT http://www.philtrat.de/articles/1252/ Gregor Leyser Ihr Outfit ist legendär und wird fast automatisch mit ihrem Namen assoziiert. Das Bananenröckchen, das sie während ihrer Shows des Pariser Varietétheaters »Les Folies Bergère« trug, wurde zu ihrem Markenzeichen. Die dunkelhäutige Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin Josephine Baker eroberte Mitte der Zwanzigerjahre mit ihren Auftritten die Herzen vor allem ihres europäischen Publikums. Doch ihren bis heute bestehenden Ruhm verdankt sie nicht nur ihrer Tätigkeit als Künstlerin, sondern auch ihrem Engagement im Kampf gegen Rassismus und ihrem Widerstand gegen die nationalsozialistischen Besatzer Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs.

1906 als uneheliche Tochter eines jüdischen Musikers und einer Wäscherin unter dem Namen Freda Josephine McDonald in Saint Louis geboren, erlebte Baker mit elf Jahren ein Pogrom gegen Schwarze. Diese Erfahrung nannte sie später als Grund für ihr antirassistisches Engagement. Als Zeichen für Toleranz adoptierte sie in den Fünfzigerjahren zwölf Kinder unterschiedlicher ethnischer Herkunft und Religion und gründete eine Vereinigung gegen Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Glauben. Obwohl Baker 1925 nach Paris umsiedelte und später die französische Staatsbürgerschaft annahm, gab sie auch gelegentliche Gastspiele in den USA. Dort weigerte sie sich, vor einem nach Rassen getrennten Publikum aufzutreten, womit sie die Öffnung einiger Einrichtungen für Afro-AmerikanerInnen erreichte. Die National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) erklärte sie dafür zur »Frau des Jahres«. Auf dem »Marsch auf Washington für Jobs und Freiheit« 1963 sprach sie zudem neben Martin Luther King, der dort seine berühmte »I have a dream« - Rede hielt.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Baker für das französische Rote Kreuz und nutzte ihren Status dazu, für die Résistance Botschaften zu schmuggeln. Später machte sie einen Pilotenschein und war für den französischen Geheimdienst in Nordafrika tätig. Für diese Arbeit erhielt sie nach dem Krieg mehrere Auszeichnungen wie das »Croix de Guerre« und die »Medaille de la Résistance«.

Bakers Auftritte als Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin spalteten das Publikum. Während viele Künstler und Intellektuelle wie Ernest Hemingway und Pablo Picasso sie verehrten und ihr den Titel »Schwarze Venus« verliehen, verlangten Andere Auftrittsverbote. Die NationalsozialistInnen bezeichneten ihre Musik als »entartet«. In Wien wurden 1928 während ihres Gastspiels Sondergottesdienste abgehalten, »als Buße für schwere Verstöße gegen die Moral, begangen von Josephine Baker«. Trotzdem feierte sie während ihrer Welttourneen große Erfolge, lediglich in den USA wurde sie überwiegend abgelehnt. Lange Zeit hatte sie dort mit rassistischen Vorurteilen zu kämpfen, die New York Times bezeichnete sie in einem Artikel als »Negerschlampe«. Durch ihren aufwändigen Lebensstil und die hohen Unterhaltskosten für ihr Schloss Les Milandes war Baker zeitweise dem finanziellen Ruin nahe. Ihrem Rückzug von der Bühne 1956 folgte aus finanziellen Gründen bereits drei Jahre später das Comeback. Nachdem 1969 das Schloss trotzdem versteigert werden musste, bekam sie Hilfe von ihrer Freundin Fürstin Gracia von Monaco, die ihr eine Villa zur Verfügung stellte. Kurz nach ihrem Auftritt bei der Pariser Premiere des autobiografischen Theaterstücks Joséphine anlässlich ihres fünfzigjährigen Bühnenjubiläums starb Josephine Baker am 12. April 1975 im Alter von 68 Jahren in Paris. Angeblich fand man sie in ihrem Bett liegend, umgeben von Zeitungen, in denen TheaterkritikerInnen ihren letzten Auftritt bejubelten.

]]>
Das Urzeitmonster aus dem Pazifik http://www.philtrat.de/articles/1218/ Bildergeschichten XXIV: Wie ein verwesender Tierkadaver weltweit für Furore sorgte Fri, 09 Feb 2007 19:32:15 GMT http://www.philtrat.de/articles/1218/ Julia Groth Im Frühjahr des Jahres 1977 machte das japanische Fischerboot Zuiyo-Maru vor der Küste Neuseelands einen Fang, der weltweit Aufsehen erregte. Als die Besatzung die Netze einholte, kamen nicht die erwarteten Makrelen an die Oberfläche, sondern ein riesiger, halbverwester Kadaver, zirka zehn Meter lang und über eine Tonne schwer. Keins der Besatzungsmitglieder konnte ihn identifizieren. Der augenscheinlich lange Hals, der kleine Kopf und die Flossen erinnerten aber an einen Dinosaurier, den so genannten Plesiosaurier. Ein solcher soll einigen Theorien zufolge auch im Loch Ness leben. War der Zuiyo-Maru etwa der Beweis dafür ins Netz gegangen, dass es in manchen Gewässern noch lebende Dinosaurier gibt?

Weil der Kadaver entsetzlich stank, warfen die Fischer ihn nach dem Fotografieren und Messen wieder über Bord. Sie behielten aber Stücke von Flosse, Skelett und Haut, um sie in Japan analysieren zu lassen. Als japanische WissenschaftlerInnen in dem Wesen tatsächlich einen Plesiosaurier zu erkennen glaubten, war die Sensation perfekt. Das künftig nach dem Fischerboot Zuiyo-Maru benannte Ungeheuer erfreute sich in Japan riesiger Beliebtheit. Die SchiffseignerInnen schickten sogar mehrere Schiffe in den Südpazifik, um den Kadaver wiederzufinden, allerdings vergeblich. Stattdessen warfen SpielzeugherstellerInnen Plesiosaurier-Modelle auf den Markt und noch im gleichen Jahr erschien sogar eine Plesiosaurier-Briefmarke.

Es gab jedoch auch ForscherInnen, die skeptischer waren. Schon wenige Tage nach dem Fund wurden erste Stimmen laut, die sagten, es handele sich möglicherweise um den Kadaver eines Riesenhais. Vor allem schwedische und französische WissenschaftlerInnen wiesen darauf hin, dass Unterkiefer und Kiemen beim Riesenhai nur sehr locker mit dem restlichen Körper verbunden sind und in der Regel als erstes verloren gehen, wenn das Tier verwest. Weil dadurch der Eindruck eines langen Halses und kleinen Kopfes entsteht, werden Kadaver vom Riesenhai manchmal auch Pseudoplesiosaurier genannt. Auch die Anzahl der Halswirbel sprach gegen die Plesiosaurier-Theorie und für einen verwesenden Hai, ebenso wie die Jahre später untersuchten Gewebeproben. Die Monsterfans in Japan und weltweit ließen sich durch die wissenschaftlichen Befunde aber nicht beirren. Noch heute tauchen gelegentlich Artikel auf, die den sensationellen Fang der Zuiyo-Maru als Dinosaurier-Kadaver interpretieren.

]]>
Im Namen Gottes zum Affen gemacht http://www.philtrat.de/articles/1185/ Bildergeschichten XXIII: Warum der Oberste Gerichtshof der USA die Evolutionstheorie erst verbot und dann wieder erlaubte Fri, 05 Jan 2007 19:15:45 GMT http://www.philtrat.de/articles/1185/ Beate Schulz »Unser Ziel ist es zu verhindern, dass religiöse Eiferer und Ignoranten die Schulbildung in den Vereinigten Staaten kontrollieren.« Diesen Satz schleuderte Clarence Darrow vor 81 Jahren William Jennings Bryan ins Gesicht. Das Bild dieser beiden älteren Herren, die hier einträchtig beisammen sitzen, entstand in einer Verhandlungspause während einem der aufsehenerregendsten Prozesse in der Geschichte der USA, der als »Monkey Trial« bekannt wurde. Darrow fungierte als Verteidiger, Bryan als Ankläger des Lehrers John T. Scopes, dessen Verbrechen darin bestand, im Staat Tennessee die Evolutionstheorie unterrichtet zu haben.

Ein halbes Jahr zuvor war genau das durch den sogenannten Butler Act verboten worden, demzufolge es in Tennessee keinem Lehrer an einer öffentlichen Schule mehr erlaubt war, »irgendeine Theorie zu unterrichten, die die Schöpfungsgeschichte, wie sie in der Bibel gelehrt wird, verleugnet«. Allerdings hatte der Senat bei der Verabschiedung des Gesetzes eine Kleinigkeit übersehen: das im Lehrplan vorgeschriebene Textbuch für den Biologieunterricht enthielt unter anderem auch ein Kapitel über die Evolutionstheorie. Deswegen verstießen die LehrerInnen quasi nach Vorschrift gegen das Gesetz.

Vor allem in den Reihen der American Civil Liberties Union, einer liberalistischen Bürgerrechtsorganisation, formierte sich entschlossener Widerstand gegen das Gesetz. Ein Freund überredete Scopes dazu, öffentlich zu bekennen, dass er die Evolutionstheorie unterrichtet habe, damit er als Angeklagter in einem Musterprozess fungieren könne. Das Verfahren in der Kleinstadt Dayton wurde zur hitzigen öffentlichen Debatte - ausgetragen zwischen dem agnostischen Verteidiger Darrow und dem populären christlichen Fundamentalisten und Ex-Präsidentschaftskandidaten Bryan. Das Gericht entschied nach sieben Verhandlungstagen, dass der religiöse und wissenschaftliche Schlagabtausch zwischen Darrow und Bryan für die eigentliche Anklage irrelevant sei und verurteilte Scopes zu einer Geldstrafe von hundert Dollar.

Erst 1968 urteilte der Oberste Gerichtshof, dass ein Gesetz wie der Butler Act gegen den ersten Verfassungszusatz verstößt, der unter anderem die Einführung einer Staatsreligion verbietet und das Recht der Redefreiheit garantiert.

]]>
Symbol des Widerstands http://www.philtrat.de/articles/1149/ Bildergeschichten XXII: Warum das Foto eines sterbenden Schülers zum Sinnbild der Unterdrückung in Südafrika wurde. Fri, 13 Oct 2006 17:34:10 GMT http://www.philtrat.de/articles/1149/ Beate Schulz Der Todestag des Jungen auf dem Foto ist in seiner Heimat ein Nationalfeiertag, an dem die Jugend geehrt werden soll. Damit gedenkt Südafrika jedes Jahr am 16. Juni Hector Pietersons, der erst zwölf Jahre alt war, als ihn Polizisten der Apart-heidsregierung während der so genannten Soweto Riots 1976 erschossen. Die Aufnahme des Fotojournalisten Sam Nzima ist mittlerweile Sinnbild der Polizeibrutalität, mit der Südafrikas weiße Regierung die Demonstration der SchülerInnen niederschlug, die am 16. Juni 1976 im Johannesburger Vorort Soweto gegen das »Bantu Education System« protestierten.

Zwei Jahre zuvor hatte Bildungsminister Punt Jameson ein Gesetz verabschiedet, das verordnete, dass der Unterricht in allen höheren Schulen auf Afrikaans abgehalten werden sollte. In der, wie Bischof Desmond Tutu es nannte, »Sprache des Unterdrückers«. Den meisten schwarzen AfrikanerInnen war dadurch der Zugang zu höherer Bildung versagt. Selbst viele Highschool-LehrerInnen beherrschten die Sprache nicht. Die Unruhen nahmen zu, und am 30. April 1976 traten die SchülerInnen der Orlando West Junior School in den Streik. Ihrem Beispiel schlossen sich immer mehr SchülerInnen an, die sich weigerten, an den Examen teilzunehmen. Für den 16. Juni wurde zu einer Massendemonstration aufgerufen, an der 10000 Menschen teilnahmen.

Wo genau die Gewalt ihren Ausgang nahm, ist unklar. Die Polizei behauptete, Demonstrant-Innen hätten Steine geworfen, und feuerte daraufhin in die Menge. Mindestens vier Kinder starben auf der Stelle. Bekannt wurde jedoch Hector Pieterson. Der Schüler Mbuyisa Makubo hob ihn auf und rannte zusammen mit Hectors Schwester Antoinette zum Pressewagen des Fotografen Sam Nzima, der den Sterbenden ins Krankenhaus fuhr. Nzimas Foto ging bald darauf um die Welt. Einen Tag nach der Demonstration besetzten 1500 Johannesburger Polizisten Soweto. Laut Regierungsberichten kamen 23 Menschen ums Leben, inoffiziell wird die Zahl der Toten auf 200 bis 600 geschätzt. Tausende wurden verwundet. Murphy Morobe, einer der SchülerInnen, die die friedliche Demonstration organisiert hatten, ging ins Exil. Wenige Monate später kehrte er zurück und gründete Umkhonto we Sizwe, den bewaffneten Flügel der südafrikanischen Anti-Apartheids-Bewegung African National Congress. Die Unruhen vom 16. Juni gelten allgemein als Anfang vom Ende der Apartheidsregierung in Südafrika.

]]>
Fliegerin, grüß mir die Sonne http://www.philtrat.de/articles/1021/ Bildergeschichten XXI: Wie eine Frau alleine über den Atlantik flog und zur Ikone wurde Fri, 14 Jul 2006 19:12:51 GMT http://www.philtrat.de/articles/1021/ Beate Schulz »Einige Aspekte des Fluges sind übertrieben dargestellt worden, fürchte ich… Ich habe bei der Landung keine Kuh getötet, es sei denn, eine wäre vor Angst gestorben.« Der Flug, den Amelia Earhart so lakonisch kommentierte, hatte allerdings nicht nur ein paar Kühe auf einer Wiese in Nordirland erschreckt, sondern auch Luftfahrtgeschichte geschrieben. Fünf Jahre nach Charles Lindbergh hatte sie im Mai 1932 als erste Frau im Alleinflug den Atlantik überquert.

Während einer Stuntflugshow am 28. Dezember 1920 saß die damals 23-jährige Earhart zum ersten Mal in einem Flugzeug. Eine Woche später nahm sie ihre erste Flugstunde, die sie ebenso wie ihr eigenes Flugzeug mit 28 verschiedenen Jobs finanzierte. Mit ihrem leuchtendgelben Flugzeug »Canary« stellte sie 1921 einen Höhenrekord für Frauen auf. Nach der Scheidung ihrer Eltern zog sie mit ihrer Mutter von Kalifornien an die Ostküste und gab die Fliegerei vorübergehend auf - bis sie 1928 einen Anruf des Piloten Wilbur Stultz erhielt, der sie einlud, als Passagierin mit über den Atlantik zu fliegen. Obwohl sie nicht als Pilotin geflogen war, wurde sie bei ihrer Rückkehr als Heldin gefeiert und zu einem Idol der jungen amerikanischen Frauen.

Nach ihrer Teilnahme am als »Puderquastenrennen« bekannt gewordenen Cleveland Women's Air Derby gründete sie mit drei anderen Pilotinnen die Ninety Nines, einen Club, dem 99 der damals 117 in den USA zugelassenen Pilotinnen angehörten und der noch heute die weltweit größte Pilotinnenvereinigung ist. Als Präsidentin der Ninety Nines setzte sie sich für feministische Ziele ein und opponierte gegen das traditionelle Erziehungssystem, das »die Menschen weiterhin nach ihrem Geschlecht einteilt«.

Ein halbes Jahr nach ihrer Hochzeit mit dem New Yorker Verleger George Putnam brach sie am 20. Mai 1932 zu ihrem Flug über den Atlantik auf. Wegen schlechter Wetterbedingungen erreichte sie aber nicht Paris, sondern landete auf einem Feld nahe der nordirischen Stadt Londonderry. Mit diesem Flug hatte sie als erster Mensch den Atlantik zweimal in einem Flugzeug überquert, wofür sie mit der Goldmedaille der National Geographic Society geehrt wurde.

Die Liste ihrer fliegerischen Pionierleistungen umfasst unter anderem die ersten Alleinflüge über den Pazifik und vom Roten Meer nach Indien. Ihr größtes Unterfangen nahm sie 1937 in Angriff: einen Flug rund um die Erde entlang des Äquators. Als sie am 2. Juli 1937 von Neu-Guinea zur letzten Etappe über den Pazifik aufbrach hatte sie bereits drei Viertel der Strecke zurückgelegt. Ihren letzten Funkspruch empfing die »Itasca«, ein Schiff der US-Küstenwache, um 20.45 Uhr. Am 19. Juli brach die Marine die zweiwöchige Suche nach Amelia Earhart und ihrem Navigator Fred Noonan erfolglos ab. Sie sei »verschollen, vermutlich tot«. Ihr Flugzeug wurde bis heute nicht gefunden.

]]>
Oh, wie schön ist Panama http://www.philtrat.de/articles/1080/ Bildergeschichten XX: Die Geschichte eines Kanals, der immer wieder zum Politikum wurde Mon, 10 Jul 2006 14:38:21 GMT http://www.philtrat.de/articles/1080/ Julia Groth Die S.S. Ancon war offiziell das erste Schiff, das den Panamakanal vom Atlantik in den Pazifik durchquerte (siehe Bild). Das war im Jahr 1914. Seitdem sind die Schiffe größer geworden. Die riesigen Containerschiffe, mit denen heute Güter transportiert werden, passen nicht mehr durch die fast hundert Jahre alte Wasserstraße. Die Regierung Panamas überlegt seit einigen Jahren, den Kanal auszubauen, denn die Einnahmen aus den Durchfahrten gehören zu den wichtigsten des Landes. Eine Volksabstimmung soll in der nächsten Zeit über diesen Plan entscheiden.

Der Panamakanal kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Mehr als 25000 ArbeiterInnen kamen bei seinem Bau ums Leben, hauptsächlich durch Krankheiten wie Malaria. Erste Pläne, einen Kanal durch die Landenge in Mittelamerika zu bauen, kamen bereits im 16. Jahrhundert auf. Panama war damals noch nicht selbstständig. Der Landstrich gehörte erst zum spanischen Kolonialreich, später zu Kolumbien.

Erst im Jahr 1881 wurde tatsächlich mit dem Bau begonnen. Mit einer Konzession der kolumbianischen Regierung machte sich die neu gegründete französische Panamakanal-Gesellschaft daran, Atlantik und Pazifik zu verbinden. Nachdem zirka ein Sechstel des Kanals fertig gestellt war, ging die Gesellschaft Pleite. Das Interesse am Kanal war aber nicht erloschen. Die USA kauften den bereits fertig gestellten Teil und traten in Verhandlungen mit der kolumbianischen Regierung. Diese stimmte einigen Forderungen der USA nicht zu. Daraufhin unterstützte die US-Regierung unter Theodore Roosevelt 1903 eine Revolution, die dazu führte, dass Panama selbstständig wurde. Die Arbeit am Panamakanal wurde drei Jahre später wieder aufgenommen. Im Jahr 1920, fast vierzig Jahre nach Beginn der Bauarbeiten, wurde der Kanal offiziell eröffnet.

Nach der Eröffnung kam es zu weiteren politischen Auseinandersetzungen, denn die USA behielten die Hoheit über den Kanal. Einige US-amerikanische SchülerInnen hissten 1964 in der Kanalzone die Flagge ihres Landes. Weil das einem Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Panama widersprach, demonstrierten daraufhin panamesische Studierende. Die Auseinandersetzung eskalierte und es kam zu antiamerikanischen Ausschreitungen. Innerhalb von drei Tagen wurden fast dreißig Menschen getötet und mehrere hundert verletzt. Im Jahr 1977 ging der Kanal schließlich in den Besitz von Panama über.

]]>
Dichtungsring tötet sieben Menschen http://www.philtrat.de/articles/1116/ Bildergeschichten XIX: Wie ein kleiner technischer Fehler zur Explosion der Raumfähre Challenger führte Sat, 01 Jul 2006 14:32:57 GMT http://www.philtrat.de/articles/1116/ Beate Schulz Mit bloßem Auge ist die Rauchwolke in 14 Kilometern Höhe kaum zu erkennen; mit einem Teleskop könnte man sie vielleicht für den Kondensstreifen eines Linienflugzeugs halten. Tatsächlich bedeutet sie den Tod der sieben Besatzungsmitglieder des Space Shuttle Challenger.

Am 28. Januar 1986, exakt 73 Sekunden nach dem Start, explodiert das Raumschiff. Ein defekter Dichtungsring am Treibstofftank verursacht die schwerste Katastrophe in der Geschichte der NASA. An Bord sind sechs AstronautInnen: Kommandant Francis Scobee, Pilot Michael Smith sowie die MissionsspezialistInnen Ronald McNair, Ellison Onizuka, Judith Resnik und Grebory Jarvis. Mit ihnen fliegt die Lehrerin Sharon Christa MacAuliffe. Ausgewählt unter mehr als 11000 BewerberInnen, sollte sie als erste Teilnehmerin des neuen Programmes »Teachers in Space« in einem Shuttle mitfliegen und von dort via Satellitenübertragung ihre Klasse unterrichten, die Crew und das Schiff vorstellen und die Begeisterung der Kinder für die Raumfahrt wecken. »I watched the Space Age being born and I would like to participate«, sagte sie in einem der zahlreichen Interviews vor dem Start.

Die Untersuchungskommission, die nach der Katastrophe die Ursache derselben bestimmen soll, macht nicht nur den defekten Dichtungsring für die Explosion verantwortlich, sondern übt auch scharfe Kritik an der NASA. Verantwortliche NASA-MitarbeiterInnen hatten grünes Licht für den Start gegeben, obwohl TechnikerInnen erhebliche Bedenken geäußert hatten. So hätte der Start eigentlich schon sechs Tage zuvor erfolgen sollen, wurde aber wegen technischer Schwierigkeiten und der schlechten Wetterlage mehrfach verschoben. Während der Startvorbereitungen versagte zeitweise ein Teil des Feuerwarnsystems der Tankanlage.

Noch während der Untersuchung stellt die NASA ihr komplettes Shuttle-Programm ein. Die Sicherheitsprotokolle und Qualitätskontrollen werden verschärft. Die Angehörigen der sieben Besatzungsmitglieder gründen die Challenger Organization, die Lernmaterial zur Raumfahrt für Kinder, Eltern und LehrerInnen zur Verfügung stellt, und der 42 Lernzentren angehören. Erst zwei Jahre nach der Explosion der Challenger startet am 28. September 1988 mit der Discovery wieder ein Schiff des Spaceshuttle-Programms.

]]>
Der unbesungene Bloody Sunday http://www.philtrat.de/articles/1148/ Bildergeschichten XVIII: Wie die IRA zwölf Agenten des britischen Geheimdienstes erschoss Wed, 21 Jun 2006 20:05:35 GMT http://www.philtrat.de/articles/1148/ Beate Schulz Ein Mann bricht von mehreren Kugeln getroffen in seinem Hotelzimmer zusammen, ein anderer kniet betend im Park während drei Pistolenläufe auf seinen Kopf zielen - er wird das »Amen« nicht mehr sprechen. So wird in Neil Jordans Film Michael Collins der Tod einiger britischer Agenten dargestellt, die zweierlei gemeinsam haben: Sie alle standen als Angehörige der so genannten Cairo Gang auf der nebenstehenden »Abschussliste« der Irisch Republikanischen Armee (IRA) und wurden von dieser am 21. November 1920 - ein Sonntag - um Punkt 9 Uhr erschossen. Ein Schlag, von dem sich der britische Geheimdienst in Irland nicht mehr erholen sollte und der mitentscheidend für den Ausgang des Unabhängigkeitskrieges war.

Dieser Tag sollte als der erste Bloody Sunday in die irische Geschichte eingehen, denn Großbritannien reagierte noch am selben Tag. Britische Truppen umstellten ein Stadion für Gaelic Football in Dublin, um IRA-Mitglieder festzunehmen und feuerten - angeblich nach Schüssen vonseiten der IRA - in die Menge. Bei dem Massaker wurden 65 Menschen schwer verletzt, 14 starben, unter ihnen auch der Sportler Michael Hogan. Die jüngsten Opfer waren zehn und elf Jahre alt.

Die Vorgeschichte dieses Bloody Sunday beginnt mit dem 1916 gescheiterten »Osteraufstand« irischer NationalistInnen. Aus ihrer desaströsen Niederlage hatten die überlebenden Angehörigen der »Irish Republican Brotherhood« (IRB) die Konsequenz gezogen, dass sich das britische Empire nur mit Guerilla-Taktiken bekämpfen lasse. Mit Beginn des Unabhängigkeitskrieges 1919 formierte Michael Collins die IRB in die IRA um. Für diese spielte die Enttarnung von Spitzeln eine wichtige Rolle. In dem Film von Neil Jordan stellt Michael Collins fest, dass »Bewegungen wie die unsrige immer wieder von Spitzeln verraten wurden«. Zu den VerräterInnen in den eigenen Reihen gesellten sich die AgentInnen des britischen Geheimdienstes. Als dessen »Elite« galten die Männer der Cairo Gang, die ihre Spionageerfahrungen in erster Linie im Mittleren Osten gesammelt hatten. Ihre Aufgabe war, das mittlerweile extrem erfolgreiche Spionagenetzwerk der IRA zu bekämpfen, soll heißen seine Führungsoffiziere zu eliminieren. Die IRA kam ihnen aber mit Hilfe der eigenen InformantInnen zuvor.

]]>
Staublungen und Kronleuchter http://www.philtrat.de/articles/978/ Ob Universitätsbergwerk, Hightech-Tunnel, römische Fundamente oder Kammerkonzert in der Kanalisation: Touren durch das unterirdische Köln sind en vogue. Eine Museumstour wird zum Abenteuer. Sun, 04 Dec 2005 15:00:51 GMT http://www.philtrat.de/articles/978/ Christina Rietz Loren, Förderbänder, Bohrer und Zahnräder stehen still. Keine Arbeiter mit schwarz verstaubten Gesichtern, in die nur der Schweiß Furchen gegraben hat, sind da, um die zahlreichen Maschinen zu bedienen. Es ist kein Klirren, Surren, Rattern oder Brummen zu vernehmen. Trotzdem ist der Boden noch gründlich gefegt, denn aufgewirbelter Kohlestaub könnte explosionsartig mit der Atemluft reagieren. Das vormalige Geschehen im Bergwerksstollen ist seltsam konserviert, und der Eindruck, jeden Moment könnte ein hustender Trupp Kumpel durch die Wettertüre für den Druckausgleich treten und »Schicht« rufen, ist übermächtig.

Wider Erwarten befindet sich der Schauplatz unserer kleinen Zeitreise nicht in einer stillgelegten Zeche im Ruhrgebiet. Zurück in die Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts verschlägt es vielmehr die BesucherInnen des Barbarastollens unter dem Hauptgebäude der Kölner Universität. Hier befindet sich der originalgtreue Bergwerksstollen, ausgestattet mit allerlei Gerät, einem Abluftsystem, einem Lastenaufzug und einem Schienennetz, auf dem die authentischen Loren Kohle abtransportieren könnten. Und doch haben diesen Stollen nie Bergleute betreten, ist hier nie Kohle abgebaut worden. Der Barbarastollen wurde 1932 unter der Universität installiert, geriet im Dritten Reich in Vergessenheit und wurde in den Achtzigerjahren zufällig wiederentdeckt. Nach der Instandsetzung in den Neunzigerjahren wurde er für BesucherInnen als Anschauungsobjekt eröffnet und dient heute dem Institut für Arbeitsmedizin als Versuchsstollen.

Allerdings ist der Stollen nur eine weitere Station im Skurrilitätenkabinett der Kölner Unterwelt; so reiht sich das Kwartier Latäng in die nicht enden wollende Liste unterirdischer Attraktionen der Stadt ein. Der subterrane Tourismus erfreut sich in Köln seit Jahren wachsender Beliebtheit: Ob Domfundamente, Ubiermonument oder die labyrinthartige Kanalisation - Köln hält für alle, die seiner oberirdischen Schönheit überdrüssig sind, eine Sehenswürdigkeit unter Tage bereit. Was das Reizvolle an häufig ungemütlichen, oftmals nasskalten, seltener übelriechenden, meistens aber ziemlich düsteren Orten im Souterrain der Stadt ist, darüber darf spekuliert werden.

Ein Dauerbrenner ist zum Beispiel ein eher profaner Ort, an dem die Kölner Hohenzollernverehrung - Ring, Brücke, Reiterstandbild - eher komische Formen annimmt: Wer am Theodor-Heuss-Ring hinab steigt ins feucht-modrige Dunkel des unterirdischen Kanalisationslabyrinths, den überrascht ein unerwarteter Anblick. Ein mittlerweile legendärer Kronleuchter hängt im gleichnamigen Saal - als nette Begrüßungsgeste für Wilhelm II., der im Jahr 1890 die damals modernste Kanalisation Deutschlands mit einem Besuch beehrte. Das Talent der KölnerInnen, die unterirdischen Sehenswürdigkeiten zu zweckentfremden und damit populär zu machen, zeigt sich besonders im Fall des Kronleuchtersaals: Während nebenan das Abwasser der wilhelminischen Cloaca Maxima vorbeirauscht, erklingt jedes Jahr zum Duft von Pfefferminzsträußchen Händels Wassermusik, gespielt vom Neuen Rheinischen Kammerorchester.

Die Moderne wartet im unterirdischen Köln dort, wo man sie nicht unbedingt erwartet hätte, eben in der Kanalisation oder unterm Rhein: Wer trockenen Fußes vom Breslauer Platz nach Deutz kommen möchte, muss nicht zwangsläufig eine Brücke benutzen, sondern kann unter dem Flussbett des Rheins durch den futuristischen Fernwärmetunnel der GEW RheinEnergie spazieren. 461 Meter lang ist die Röhre aus Stahlbeton, die 1984 mit Hilfe eines 64 Tonnen schweren Bohrschilds gebaut wurde.

Es ist dieses Nebeneinander von antiken, mittelalterlichen und modernen Attraktionen, die die Kölner Unterwelt für so viele verschiedene BesucherInnen interessant macht. Evergreens wie die zahlreichen römischen Überbleibsel oder die mittelalterlichen Domfundamente werden kontrastierend ergänzt durch andere Sehenswürdigkeiten, die eine dröge Museumstour zu einem Abenteuerausflug für GroßstädterInnen machen. So etwas endet dann in der Kanalisation. Oder eben im Bergwerk.

Hilfreich und empfehlenswert bei einer ersten Erkundung des unterirdischen Köln ist Franz Jungblodts Das unterirdische Köln zu Fuß, erschienen im Bachem Verlag Köln.

]]>
Jahrhundertdeutscher am Boden http://www.philtrat.de/articles/959/ Bildergeschichten XVII:Max Schmeling: Die längsten zwei Minuten im Leben des einzigen deutschen Schwergewichts-Weltmeisters Sun, 04 Dec 2005 14:58:50 GMT http://www.philtrat.de/articles/959/ Patrick Hagen Nur 124 Sekunden und der Kampf ist vorbei. Max Schmeling liegt nach dem dritten Niederschlag auf dem Ringboden; seine Ecke wirft das Handtuch. Die ungläubige Stimme des deutschen Radio-Kommentators ruft: »Max, Maxi, was ist los? Steh auf!« Doch der »Jahrhundertkampf« endet vor Ablauf der ersten Runde.

Das Aufeinandertreffen von Joe Louis und Max Schmeling am 22. Juni 1938 im New Yorker Yankee-Stadion wollten 70000 ZuschauerInnen sehen. Die Bedeutung des Kampfes ging jedoch weit über seinen sportlichen Charakter hinaus. In den USA hatten seit den Olympischen Spielen 1936 in Berlin die Stimmen für einen Boykott Nazi-Deutschlands an Einfluss gewonnen. In Deutschland galt Schmeling der Nazi-Führung als Aushängeschild »arischer Überlegenheit«. Die nationalsozialistische Presse beschwor einen Kampf des »arischen Übermenschen« gegen das »Lehmgesicht aus Alabama«. In Amerika wurde der schwarze Louis zum Hoffnungsträger der gesamten Nation. Präsident Franklin D. Roosevelt hatte vor dem Kampf zu Louis gesagt: »Solche Muskeln brauchen wir, um Deutschland zu schlagen.«

Schmeling wurde 1930 der bislang einzige deutsche Weltmeister im Schwergewicht. Da sein Gegner Jack Sharkey nach einem Tiefschlag disqualifiziert wurde, nannte man Schmeling auch spöttisch »Weltmeister im Liegen«. Seinen Ruhm erlangte er jedoch in einem Kampf, der nicht einmal ein Titelkampf war: 1936 gewann er völlig überraschend den ersten Kampf gegen den hoch favorisierten »Braunen Bomber« Louis. Danach begann auch die Nazi-Presse, Schmeling propagandistisch zu vereinnahmen. Wirklich gewehrt hat sich Schmeling dagegen nicht. Während seine Bekannten aus den Zwanzigerjahren wie Bertolt Brecht oder George Grosz emigrieren mussten, stellte der Übergang von der Weimarer Republik zum Dritten Reich für ihn keine große Zäsur dar.

Andererseits nutzte Schmeling seine Position, um während der so genannten Reichskristallnacht 1938 zwei jüdische Jungen in seinem Hotelzimmer zu verstecken. Auch wird ihm häufig zugute gehalten, dass er an seinem jüdischen Manager Joe Jacobs festhielt. Das war aber nur folgerichtig: Ohne Jacobs hätte er es wohl nicht geschafft, in den USA Fuß zu fassen.

Schmeling selbst zog in seiner Autobiografie Erinnerungen ein versöhnliches Resümee des Kampfes: »Aus dem Abstand des Alters denke ich mitunter, dass jene Niederlage tatsächlich ihr Gutes gehabt hat. Ein Sieg über Joe Louis hätte mich vielleicht wirklich zum ›Parade-Arier‹ des Dritten Reiches gemacht.« Am 2. Februar 2005 ist Max Schmeling im Alter von 99 Jahren gestorben.

]]>
Sitzenbleiben in Alabama http://www.philtrat.de/articles/928/ Bildergeschichten XVI:Mit 92 Jahren starb die bekannte schwarze US-Bürgerrechtlerin Rosa Parks Sun, 04 Dec 2005 14:56:45 GMT http://www.philtrat.de/articles/928/ Julia Groth 1. Dezember 1955, Montgomery, Alabama. Ein Weißer steigt in einen öffentlichen Bus und setzt sich in den Mittelteil. Der Fahrer fordert die Schwarzen, die dort sitzen, auf, ihre Plätze zu räumen und sich in den hinteren Teil des Busses zu stellen, denn das Gesetz schreibt vor, dass einem Weißen in einem solchen Fall Platz zu machen ist. Drei Männer folgen der Aufforderung, eine Frau bleibt sitzen: Rosa Lee Parks, im Bild rechts.

Für diesen Akt des zivilen Ungehorsams wurde die damals 42-Jährige verhaftet. Durch Parks' Beispiel aufgerüttelt, beschlossen beinahe alle ihre schwarzen LeidensgenossInnen, den öffentlichen Busverkehr zu boykottieren und stattdessen zu Fuß zu gehen, Fahrgemeinschaften zu bilden oder Taxis zu benutzen - so begann der 381 Tage dauernde Montgomery Bus Boycott, ein Protest, der zu den Anfängen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung zählt. Im November 1956 konnte die Bewegung, in deren Zuge auch Martin Luther King in Erscheinung trat, einen Erfolg erzielen, als der Oberste Gerichtshof die Trennungspraxis in Alabamas Bussen für illegal erklärte. Es brauchte jedoch noch einige Jahre und viele Opfer, bis im Jahr 1964 die Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe unter Strafe gestellt wurde.

Auch wenn es dieser eine Vorfall war, der Rosa Parks bekannt machte und zu einer der großen Figuren der Bürgerrechtsbewegung werden ließ, ist es nicht das einzige, das Parks im Kampf gegen die Diskriminierung getan hat. So arbeitete sie neben ihrem eigentlichen Beruf in der National Association for the Advancement of Colored People, einer einflussreichen Bürgerrechtsorganisation. Für ihren lebenslangen Kampf gegen Rassismus erhielt Parks viel Anerkennung. Ihr wurde die Goldene Ehrenmedaille des Kongresses verliehen, eine der höchsten zivilen Auszeichnungen in den USA. 2001 wurde in Montgomery das »Rosa Parks Library and Museum« eröffnet. Als letzte Ehrbezeugung wurde die am 24. Oktober 2005 im Alter von 92 Jahren Verstorbene als erste Frau vor ihrer Beisetzung im Washingtoner Kapitol aufgebahrt.

]]>