Am 17. Februar hat die große Koalition im Bundestag die umstrittene Speicherung von Verbindungsdaten beschlossen. Internet- und Telefondaten müssen von den DienstleisterInnen für sechs Monate gespeichert werden. Der Bundestag hat damit eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt.
Die Daten, um die es geht, sind die Filetstückchen der Privatsphäre: Wann wo an wen eine SMS verschickt wurde, wer wann mit wem telefonierte oder per E-Mail kommunizierte. Lediglich Inhalte werden nicht erfasst. Bisher war es für Ermittlungsbehörden nur möglich, den Zugriff auf Verbindungsdaten explizit zu erfragen. In Zukunft werden sie »auf Vorrat« angesammelt. Verbindungs- und Standortdaten technischer Kommunikation müssen den europäischen Ermittlungsbehörden in kleinen Computern, so genannten Black Boxes, zur Verfügung gestellt werden. Dieses Verfahren stellt die Internetprovider vor technische Schwierigkeiten. Die Datenmenge sei zu groß, um sie effektiv handhaben zu können, erklärte Richard Nash, Sprecher des Europäischen Providerverbandes EuroISPA.
Die Idee zu dieser Regelung entstammt den Sicherheitsdebatten nach den Terroranschlägen vom 11. September und denen in Madrid im März 2004. Kurze Zeit später tagten verschiedene Gremien der EU in Brüssel und beschlossen unter dem Tagesordnungspunkt »Sonstiges« den ersten Entwurf. Verbindungsdaten sollten für drei Jahre verfügbar sein, so die ersten Planungen. Diesem Ansinnen widersetzte sich die Bundesregierung zunächst. In ihrer Novelle des Telekommunikationsgesetzes von 2004 ist eine Vorratsdatenspeicherung nicht vorgesehen. Ein knappes Jahr später wurden allerdings Absprachen der Bundesregierung mit der Telekom bekannt, nach denen der größte deutsche Anbieter für Telefon- und Internetdienstleistungen die Vorratsdatenspeicherung bereits »durch die Hintertür« eingeführt hatte. Dadurch wurden noch vor dem Abschluss des politischen Entscheidungsprozesses Fakten geschaffen.
Dabei ist die Idee der Vorratsdatenspeicherung höchst umstritten. Die Prinzipien der Beweislast würden verkehrt, warnte ein Sprecher des Chaos Computer Clubs. KritikerInnen bemängeln, dass von einer solchen Liste alle betroffen seien, und weisen besonders auf die Gefährdung von NGOs und politischen Initiativen hin. Auch der InformantInnenschutz, für JournalistInnen Grundlage investigativer Arbeit, sei gefährdet. Der Wissenschaftliche Dienst des Kieler Landtags warnt in einer von der FDP in Auftrag gegebenen Studie vor Einschnitten im Zeugnisverweigerungsrecht und der informationellen Selbstbestimmung der Abgeordneten. Die so genannten Metadaten, also Ort, Zeit und EmpfängerIn einer Kommunikation, seien dann grundrechtlich geschützt, wenn sie Rückschlüsse auf die kommunizierten Inhalte zuließen. Dieses Prinzip werde durch die Vorratsdatenspeicherung untergraben.
Die EU-Richtlinie sorgte bei EU-Justizkommissar Franco Frattini für wahre Jubelstürme: es sei ein Sieg für die Demokratie, die BürgerInnen der EU und die Grundrechte. Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Peter Schaar, sieht in der Entscheidung des Rates hingegen einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre und Vertraulichkeit der EU-BürgerInnen.