»Unser Ziel ist es zu verhindern, dass religiöse Eiferer und Ignoranten die Schulbildung in den Vereinigten Staaten kontrollieren.« Diesen Satz schleuderte Clarence Darrow vor 81 Jahren William Jennings Bryan ins Gesicht. Das Bild dieser beiden älteren Herren, die hier einträchtig beisammen sitzen, entstand in einer Verhandlungspause während einem der aufsehenerregendsten Prozesse in der Geschichte der USA, der als »Monkey Trial« bekannt wurde. Darrow fungierte als Verteidiger, Bryan als Ankläger des Lehrers John T. Scopes, dessen Verbrechen darin bestand, im Staat Tennessee die Evolutionstheorie unterrichtet zu haben.
Ein halbes Jahr zuvor war genau das durch den sogenannten Butler Act verboten worden, demzufolge es in Tennessee keinem Lehrer an einer öffentlichen Schule mehr erlaubt war, »irgendeine Theorie zu unterrichten, die die Schöpfungsgeschichte, wie sie in der Bibel gelehrt wird, verleugnet«. Allerdings hatte der Senat bei der Verabschiedung des Gesetzes eine Kleinigkeit übersehen: das im Lehrplan vorgeschriebene Textbuch für den Biologieunterricht enthielt unter anderem auch ein Kapitel über die Evolutionstheorie. Deswegen verstießen die LehrerInnen quasi nach Vorschrift gegen das Gesetz.
Vor allem in den Reihen der American Civil Liberties Union, einer liberalistischen Bürgerrechtsorganisation, formierte sich entschlossener Widerstand gegen das Gesetz. Ein Freund überredete Scopes dazu, öffentlich zu bekennen, dass er die Evolutionstheorie unterrichtet habe, damit er als Angeklagter in einem Musterprozess fungieren könne. Das Verfahren in der Kleinstadt Dayton wurde zur hitzigen öffentlichen Debatte - ausgetragen zwischen dem agnostischen Verteidiger Darrow und dem populären christlichen Fundamentalisten und Ex-Präsidentschaftskandidaten Bryan. Das Gericht entschied nach sieben Verhandlungstagen, dass der religiöse und wissenschaftliche Schlagabtausch zwischen Darrow und Bryan für die eigentliche Anklage irrelevant sei und verurteilte Scopes zu einer Geldstrafe von hundert Dollar.
Erst 1968 urteilte der Oberste Gerichtshof, dass ein Gesetz wie der Butler Act gegen den ersten Verfassungszusatz verstößt, der unter anderem die Einführung einer Staatsreligion verbietet und das Recht der Redefreiheit garantiert.