Neun Leute haben es sich im Café Chaos, dem von Studierenden verwalteten Kellerraum an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, bequem gemacht. Einige haben die Schuhe ausgezogen und die Füße auf einen alten Couchtisch gelegt. Eine Studentin hat Reiswaffeln mitgebracht. Gut gelaunt erzählen sich die Studierenden, wie ihre vergangenen Tage waren. Eine Studentin berichtet von ihren Versuchen, einen geschminkten Clownsmund wieder zu entfernen. »Das sah aus, als hätte ich einen Ausschlag«, erzählt sie. Die Rede ist nicht von Karneval, sondern von einem Workshop zur so genannten Rebel Clown Army. Deren »SoldatInnen« versuchen auf Demonstrationen, die Polizei lächerlich zu machen, indem sie die BeamtInnen in Clownskostümen nachahmen. Die rebellische Clownerei ist ein Punkt auf dem Lehrplan der neu gegründeten Freien Uni Köln (FUK).
Nach einem anonymen Aufruf über mehrere Uni-Mailinglisten kamen kurz vor Vorlesungsende des vergangenen Semesters zirka fünfzig Leute im Café Chaos zusammen, um über eine alternative Universität zu diskutieren. Hauptsächlich Studierende, die mit dem bestehenden Veranstaltungsangebot unzufrieden sind. Aber auch einige DozentInnen. »Wir wollen einen Rahmen schaffen für Leute, die Lust haben, selbst Veranstaltungen zu organisieren«, fasst FUK-Mitbegründer Till Kühnhausen das Konzept der Freien Uni zusammen. Die FUK-Mailingliste, auf der Veranstaltungen angekündigt werden, habe bereits über neunzig Mitglieder. In diesem Semester soll es richtig losgehen mit der Alternativ-Uni, unter anderem mit dem Seminar über richtiges Clownen auf Demonstrationen. An den Veranstaltungen können alle teilnehmen, die wollen.
Einige Seminare haben in den Ferien schon stattgefunden. Bei einer Veranstaltung zum Thema Kapitalismus und Krise lasen die TeilnehmerInnen unter anderem das Kommunistische Manifest. Weitere Lesekreise beschäftigten sich mit den Philosophen Jacques Derrida und Erich Fromm. Das Seminar »Internationale Volkslieder singen« wurde allerdings nach der ersten Sitzung wegen TeilnehmerInnenmangel wieder eingestellt.
Erfolgreicher ist bisher das Projekt der Sonderpädagogik-Studentin Sarah Günther. Sie arbeitet zusammen mit einigen anderen Studentinnen an einer feministischen Unizeitung. »Wir wollen die Leute zum Denken anregen«, sagt Günther. »Man hat immer noch bestimmte Bilder im Kopf, wie Männer sind und wie Frauen sind.« Sie hat bereits mehrere Artikel für die erste Ausgabe geschrieben.
Die FUK sei eigentlich eine »unsichtbare Uni«, erklärt Aktivist Kühnhausen. Alle Veranstaltungen und Projekte, die nirgendwo anders hinpassten, könnten als Veranstaltungen der Freien Uni deklariert werden. Das Café Chaos ist bisher allerdings der einzige Veranstaltungsraum. Die Beteiligten hoffen, im Sommer einige Seminare auf die Uni-Wiese verlegen zu können, beispielsweise das geplante Jonglier-Seminar. Auch über Anarchismus, Feminismus und den G8-Gipfel in Heiligendamm kann draußen diskutiert werden. So kann den Studierenden der FUK zumindest nicht das Gleiche passieren wie den AktivistInnen von der Freien Uni Bochum. Diese hielten einen Trakt der Bochumer Uni besetzt, bis Rektor Elmar Weiler ihn Ende Januar durch zwei Hundertschaften der Polizei räumen ließ.