Knopfaugen auf großer Fahrt

Kölner Studierende haben den Verein Aids-Waisenhilfe gegründet, um Aidswaisen in China zu helfen. Vergangenen Monat schickten sie hundert Teddybären an ihre chinesischen Schützlinge. Von Elke Hofmann

Sie sind braun, weiß oder gelb, haben schwarze Knopfaugen und ein weiches Plüschfell. Manchen hängt ein Brief, verfasst auf Chinesisch, um den Hals. Über hundert Stofftiere bevölkerten Mitte März das Ostasiatische Institut der Universität Köln. Sie warteten darauf, eine große Reise anzutreten. Ihr Bestimmungsort: die Provinz Anhui in Zentralchina. Dort wurden die Stoffbären, -hunde und -schafe Ende März an über hundert chinesische Kinder verteilt. Für die 7- bis 16-Jährigen ist ein Stofftier ein seltener Luxus. Sie leben in ärmlichen Verhältnissen und sind verwaist, seit ihre Eltern an Aids gestorben sind. Die meisten von ihnen haben zwar Verwandte, die sich um sie kümmern. Diese sind aber oft zu arm, um den Lebensunterhalt der Kinder zu sichern oder ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen.

Dass sie dennoch eine Perspektive haben, verdanken die Kinder dem Verein Aids-Waisenhilfe China. Mit monatlich gezahlten Beträgen sichert der Verein den Schulbesuch der Waisen. »Diese Kinder fangen manchmal schon mit elf Jahren an zu arbeiten, denn sie haben ja keinerlei Ausbildung«, sagt Bettina von Reden. Von Reden ist Doktorandin am Ostasiatischen Institut der Uni Köln und eines von etwa hundert Mitgliedern des Vereins. Diesen gründeten im Jahr 2004 etwa zwanzig Studierende, die am Ostasiatischen Institut gemeinsam in einer Arbeitsgruppe waren. Nachdem sie eine Studie über die Verbreitung von HIV und Aids im asiatischen Raum erstellt hatten, bewegte es sie, wie viele chinesische Kinder ihre Eltern durch das Virus verloren haben. »Wir hatten nach Abschluss der Studie das Gefühl, dass man das so nicht stehen lassen kann«, sagt von Reden. Mit »Save the Children« fand der neu gegründete Verein eine Partnerorganisation, die die Koordination vor Ort übernimmt.

Eins der Kinder, die von der Aids-Waisenhilfe unterstützt werden, ist Chengcheng. Seine Mutter ist vor vielen Jahren der Immunschwächekrankheit zum Opfer gefallen. Auf einem Foto könnte man den Jungen für einen Neunjährigen halten, aber er ist bereits 13 Jahre alt. »Ich habe Kinder gesehen, die viel zu klein sind für ihr Alter, die schon früh unterernährt waren und einfach nicht gewachsen sind«, erinnert sich von Reden an eine ihrer China-Reisen.

Etwa 250000 Aidswaisen wird es im Jahr 2010 in China geben, schätzt die UN-Organisation »Joint United Nations Programme on AIDS« in ihrem Bericht von 2006. Staatliche Unterstützung erfahren sie nur, wenn ihre Eltern zu Lebzeiten einen gültigen Aids-Test gemacht haben. Sonst sind sie auf sich gestellt. »Die Lokalregierungen empfinden es als Makel, wenn bekannt wird, dass es in ihren Regionen eine hohe Aids-Rate gibt, weil sie stigmatisiert werden. Die Folge ist, dass es keine Investitionen mehr in diesen Gebieten gibt«, erklärt von Reden.

Neben dem ständigen finanziellen Beistand für die Kinder investiert der Verein auch in kleinere Projekte. »Wenn wir merken, dass an irgendetwas ein eklatanter Mangel besteht, dann helfen wir auch dort«, sagt von Reden und erzählt vom Neubau sanitärer Anlagen in einer Schule, den der Verein finanziert hat. In zwei vom Verein gebauten Häusern finden Minderjährige, die keine Angehörigen mehr haben, Unterschlupf. Dort wohnen sie mit einem Ersatzelternpaar.

Vor einiger Zeit verschickte die Organisation »Save the Children« Briefe an ihre Schützlinge. »Ein elfjähriger Junge antwortete daraufhin an unsere Partnerorganisation, dass ihn schon lange keiner mehr gefragt hat, wie es ihm geht. Das hat ihm Mut gemacht«, erzählt von Reden. Mit den Stofftieren wolle die Aids-Waisenhilfe nun nicht nur finanzielle Zuwendung geben, sondern auch menschliche.