Wurzeln schlagen in Niehl

In Niehl haben Menschen aus verschiedenen Ländern einen interkulturellen Garten gegründet. Die Suche nach einem Grundstück war nicht einfach. Von Carolin Wedekind, Kathrin Ohlmann

Kinder und Erwachsene tummeln sich im Garten. Etwa dreißig Leute sind zum Grillfest in den interkulturellen Garten nach Niehl gekommen. Obwohl der Garten zum größten Teil noch aus Wiese besteht, ist er bereits eine Begegnungsstätte für Menschen aus vielen Ländern. Hier treffen sich Leute aus der Türkei, Kurdistan, Iran, Kambodscha, Japan, Polen, Kenia und dem Kongo. Auch Deutsche engagieren sich in dem Projekt. Für Beatrix Langehenke ist der Garten der ideale Ausgleich zum Bürojob auf dem Amt. »Es ist so entspannend. Wenn ich eine Viertelstunde hier bin, geht es mir gut«, sagt sie. Langehenke macht seit 2005 bei dem Projekt mit. Pflanzen anbauen wollte sie schon länger, aber ungern allein in einem eingezäunten Schrebergarten. »Außerdem wollte ich Leute aus anderen Ländern kennenlernen.« Als sie im Internet über das Projekt las, nahm sie deshalb sofort Kontakt auf.

Den Garten in Köln hat Ingrid Holzmayer nach dem Vorbild eines Göttinger Projektes mit zwei anderen Deutschen initiiert. Am Anfang sei sie kritisch gegenüber der Idee gewesen, sagt Holzmayer. »Es klang nach Multi-Kulti und Friede, Freude, Eierkuchen«. Doch dann habe sie sich mit der soziologischen Basis beschäftigt, dem »in der Fremde Wurzeln schlagen«. Den Begriff Integration findet sie zu negativ, lieber spricht sie von Interkultur. »Wir wollen, dass Deutschland als Einwanderungsland gesehen wird. Interkultur bedeutet, dass alle sich verändern: die, die da sind und die, die kommen«.

Die Idee hinter dem Garten-Projekt war, »Flüchtlingsfamilien einen Halt in der neuen Heimat zu bieten.« Doch es sei nicht einfach, Kontakte zu Flüchtlingen zu knüpfen. Im Moment machen eher Leute mit, die schon länger in Deutschland sind, hier arbeiten, wohnen und Kinder haben.

Bevor das Gartengrundstück in Niehl im Frühjahr 2005 ausgesucht wurde, mussten die InitiatorInnen in Bickendorf die Erfahrung machen, dass sie nicht überall erwünscht sind. »Bei der Infoveranstaltung für Anwohner wurden wir geteert und gefedert«, sagt Holzmayer. Die AnwohnerInnen hätten gesagt, dass MigrantInnen dort nicht hinkämen. Sie hätten genug Probleme mit dem AsylbewerberInnenheim. »Sie sagten, wir sollten nur kommen und wären dann so schnell wieder weg, wie wir gekommen seien.« Um Konfrontationen zu vermeiden, suchten sie deshalb ein anderes Grundstück. »Der interkulturelle Garten braucht einfach Sensibilität von den Anwohnern«, erklärt Katarzyna Kowala-Stamm, die aus Polen kommt. »Viele hier haben es ohnehin schwer und einiges hinter sich.«

Auch in Niehl gibt es Probleme mit der Nachbarschaft. »Wir bekommen anonyme E-Mails«, sagt Holzmayer. Es störe AnwohnerInnen, dass sie da seien und einen Teil der Wiese bekommen haben, auf der viele mit ihren Hunden spazieren gehen. »Im Winter wurde in unseren Container eingebrochen und Werkzeug gestohlen«, sagt Holzmayer, »doch wir lassen uns nicht vertreiben.« Es gebe aber auch AnwohnerInnen, die zu Besuch kämen.

Das Grundstück in Niehl ist vom Liegenschaftsamt der Stadt Köln gepachtet, das Projekt erhält aber keinerlei städtische Förderung. Für Holzmayer ist das »ein Armutszeugnis für eine Stadt, in der so viele Migranten leben«. Die GärtnerInnen würden sich aber weiter um Förderung bemühen und direkt an Oberbürgermeister Fritz Schramma wenden, um in Köln ein Netzwerk von interkulturellen Gärten aufzubauen.