Man stelle sich vor, wie es wäre, in normaler Straßenkleidung und eingewickelt in einen dicken Wintermantel in einen See zu springen. Die Kleider saugen sich voll mit Wasser, werden immer schwerer und ziehen einen mit sich in die Tiefe. Derartige Szenarios waren im 18. Jahrhundert keine Seltenheit. Denn die damalige Bademode der Frauen bestand aus dicken Flanellkleidern, Strümpfen und Pluderhosen. Das pompöse Äußere sollte an den Stränden und in den öffentlichen Bädern für Zucht und Ordnung sorgen. Man hängte sogar noch zusätzlich Gewichte an die Röcke, um zu verhindern, dass durch den Auftrieb ein Stück verbotene Haut zum Vorschein kam.
Die Bereiche des Körpers, die als Tabuzone galten, wurden in den Folgejahren allerdings zunehmend weniger und die Bademode freizügiger. Für Frauen bedeutete dies, keine Angst mehr vor dem Ertrinken haben zu müssen. Sie konnten nun die ersten richtigen Badeanzüge tragen, die mit riesigen Blumenmustern bedruckt waren. Bei den Männern änderte sich nicht viel. Aus den gestreiften Schwimmanzügen wurden knielange Bermudas und später Shorts.
Doch nicht überall löste die gelockerte Kleiderordnung Lob und Anerkennung aus. Nasse, an der Haut klebende Badekostüme verrieten viele Körperdetails und riefen die SittenwächterInnen auf den Plan. Ein Erlass des Preußischen Innenministeriums aus dem Jahr 1932 sollte dem moralischen Verfall Einhalt gebieten. Diese im Volksmund als »Zwickelerlass« bezeichnete Verordnung regelte die Mindestvoraussetzungen für die Badebekleidung. Unter einem Zwickel versteht man ein keilförmiges, eingenähtes Stück Stoff im Schritt, das den Tragekomfort und die Bewegungsfreiheit verbessern und außerdem weniger nackte Haut enthüllen soll.
Der Erlass legte also fest, dass Männer wieder knielange Hosen, in Familienbädern sogar Badeanzüge, mit eingenähtem Zwickel zu tragen hätten. Von den Frauen verlangte man ebenfalls einen Zwickel im Schritt. Außerdem waren ihnen nur Badeanzüge erlaubt, die den gesamten Oberkörper und den Rücken bis zu den Schulterblättern bedeckten. Das öffentliche Nacktbaden war strikt untersagt. Die NationalsozialistInnen schafften die rigiden Auflagen im Jahr 1942 wieder ab und erlaubten das Nacktbaden in der Öffentlichkeit.