Selbstverliebter Kitsch

In My Blueberry Nights tauschen Nachtgestalten Lebensweisheiten aus Von Carolin Wedekind

Regisseur Wong Kar Wai stellt seinem neuen Film ein Selbstzitat voran: »Die Geschichte einer Frau, die den langen Weg statt des kurzen nimmt, um den Mann zu treffen, den sie liebt.« Es bleibt nicht der einzige kitschige Spruch in My Blueberry Nights. Erzählt wird die Geschichte der frisch abservierten Elizabeth, die nach Ladenschluss Trost bei dem New Yorker Café-Besitzer Jeremy findet. Es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden und bald kommt Elizabeth jede Nacht, um über Liebe und Gebäck zu philosophieren. Doch eines Tages bricht sie zu einem Selbstfindungstrip durch das Land auf. Auf ihrer Reise trifft sie andere Getriebene und bekommt viele Kalendersprüche zu hören. Wegen des eigenen gebrochenen Herzens gibt sie so gut wie nichts von sich preis und bleibt Beobachterin - eine passive Figur, die allenfalls reagiert. Wong lässt Elizabeths Charakter so leer wie möglich. Ihr einziges Ziel scheint ein Autokauf zu sein. Bis sie genug Geld gespart hat, muss sie allerdings den Bus nehmen, um von Stadt zu Stadt zu kommen. Dieser Roadmovie-Teil von Elizabeths Geschichte wird leider zu schnell und ohne Spannung erzählt. Für einen ruhigen Film überrumpelt My Blueberry Nights seine ZuschauerInnen zu oft. Die entscheidenden Szenen fehlen, Meinungswechsel und Entschlüsse kommen unpassend früh. Vielleicht ist das aber auch nötig, damit Elizabeth weiterhin kaum vorhanden bleibt. Neben dem Aphorismen-Kitsch schadet dem Film am meisten seine Selbstverliebtheit. Er badet geradezu in der Schönheit seiner Bilder und der guten Musik (Country-Sängerin Cat Power, auch in einer Nebenrolle). Wer Liebesgeschichten bunt und kitschig mag, sollte sich My Blueberry Nights also unbedingt ansehen.