Sich von anderen Gruppen abzugrenzen ist eines der grundlegenden Prinzipien von Subkulturen. In Mexiko haben diese Rivalitäten ein beängstigendes Ausmaß angenommen. Die AnhängerInnen verschiedener Bewegungen veranstalteten Hetzjagden auf sogenannte Emo-Kids. Es gab Verletzte, im Internet kursieren Hassschriften und Morddrohungen.
Emotional Hardcore, kurz Emo, war ursprünglich ein musikalisches Subgenre des Hardcore-Punk. Die Musik thematisiert überwiegend negative Gefühle, aber auch Liebe und Freundschaft. In den vergangenen Jahren entstand losgelöst von der Musik aus Emo eine jugendkulturelle Modebewegung, die viele MexikanerInnen bisher verachteten oder schlicht ignorierten. Ihre AnhängerInnen nennen sich Emos.
Als Auslöser der Unruhen sehen viele Emos diskriminierende Äußerungen eines Fernsehmoderators der Sendergruppe Televisa. Nach Aufrufen in Internetforen versammelten sich Anfang März dann etwa 800 Jugendliche zur Jagd auf Emos in der Provinzhauptstadt Querétaro. Ähnliche Ausschreitungen fanden am darauf folgenden Wochenende auch in Mexiko-Stadt, Durango und Colima statt. Die TeilnehmerInnen stammten dabei aus den unterschiedlichsten jugendkulturellen Bewegungen. Punks und Gothics sehen ihre eigenen Kulturen kopiert und »ausgebeutet«. Dazu kommen SchwulenhasserInnen, die das androgyne, un-maskuline Aussehen männlicher Emos kritisieren. Andere stört die negative Grundhaltung: »Emos, eure Art zu denken ist Scheiße, wenn ihr so depressiv seid, tut uns allen einen Gefallen und bringt euch um!«, ist in einem Forum zu lesen. Hinzu kommt die Überschneidung der Emo- mit der Straight-Edge-Szene in Mexiko, die aufgrund ihres Verzichts auf legale wie illegale Drogen, promiskuitiven Sex und Fleischkonsum als spaßfeindlich und unjugendlich angesehen wird.
Als Reaktion auf die Ausschreitungen haben Emos in Querétaro einen Schweigemarsch für Frieden und Toleranz organisiert, sowie in Mexiko-Stadt unter Polizeischutz vor dem Gebäude der kommunalen Justizbehörde demonstriert. Organisiert hatte diese Veranstaltung eine Organisation zum Schutz der Rechte Homosexueller.
Der Anthropologe Edgar Morin von der Nationalen Freien Universität von Mexiko interpretiert die verschärfte Intoleranz als Folge der sozialen Probleme in Mexiko. Er sieht diese Entwicklungen als Resultat der Wahlen im Jahr 2006, die höchst umstritten waren und letztlich zu einem knappen Sieg des konservativen Präsidentschaftskandidaten Felipe Caldéron geführt hatten. Morin befürchtet, dass auch andere Gruppierungen zukünftig Ziele von Angriffen dieser Art werden könnten.