Bisher hat sich Richard Pott vor allem damit befasst, Bayer-MitarbeiterInnen zu mehr Engagement am Arbeitsplatz anzuhalten. Bald könnte das Vorstandsmitglied des Pharma-Konzerns sich mit derlei Aufrufen auch an Studierende wenden. Denn der 54-Jährige mit der Brille und dem Seitenscheitel hat einen Sitz im neu eingerichteten Kölner Hochschulrat. Zusammen mit anderen VertreterInnen aus Wirtschaft und Kultur sowie einigen wenigen Hochschulmitgliedern trifft er dann Entscheidungen über wichtige Belange der Universität.
Die Einrichtung von Hochschulräten ist im so genannten Hochschulfreiheitsgesetz festgeschrieben und wird in NRW seit einigen Monaten umgesetzt. Das neue Gremium übernimmt viele Aufgaben des Senats, der damit nicht mehr das höchste Beschluss fassende Gremium an der Uni ist. Laut Gesetz muss der Hochschulrat im Gegensatz zum Senat zum Großteil aus außeruniversitären Mitgliedern bestehen, die unter anderem darauf achten sollen, dass die Hochschulen wettbewerbs- und gewinnorientiert handeln. Sie haben außerdem Mitspracherecht in Personal- und Finanzfragen und das letzte Wort bei der Berufung des Rektors. Ausgewählt hat sie an der Uni Köln eine Kommission aus Kölner Professoren. KritikerInnen bemängeln, dass der Hochschulrat die Autonomie der Hochschulen schwächt und Außenstehenden Entscheidungsgewalt über Uni-Fragen gibt. Sie befürchten außerdem, dass die freie Wissenschaft ökonomischen Überlegungen untergeordnet wird.
Als Experte für Ökonomisches findet sich im Kölner Hochschulrat Hermann-Josef Lamberti vom Vorstand der Deutschen Bank. Weitere Mitglieder sind der Rektor der Uni Bern Urs Würgler, der Präsident des Studentenwerks Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts Hans-Joachim Gehrke, der wissenschaftliche Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Andreas Radbruch sowie die Generalsekretärin der Max-Planck-Gesellschaft Barbara Bludau. Die restlichen drei der insgesamt zehn Ratsmitglieder sind ProfessorInnen der Universität Köln: Ursula Peters vom Institut für deutsche Sprache und Literatur, Ulrich Preis von der juristischen und Gerd Lehmkuhl von der medizinischen Fakultät.
Studierende, im Senat bisher mit zwei SenatorInnen vertreten, gibt es im Hochschulrat nicht. »Ich bin davon maßlos enttäuscht«, sagt der Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Oliver Jesper. »Hier wurde ein undemokratisches Gremium geschaffen, das Studierende komplett ausschließt.« Und das, obwohl die Findungskommission, die für die KandidatInnenauswahl zuständig war, ohnehin Probleme hatte, alle Posten zu besetzen.
Als Vertreterin des Kulturbereichs war zunächst WDR-Intendantin Monika Piel angedacht. Sie lehnte den Posten im Hochschulrat aber ab, ebenso wie WDR-Programmdirektorin Verena Kulenkampff. Auch Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel von der Uni St. Gallen wollte den ehrenamtlichen Job nicht. Mit Barbara Bludau wurde dann endlich ein zweites weibliches Ratsmitglied gefunden. Die Gleichstellungsbeauftragte der Uni Heidrun Fußwinkel, die ein Auge auf Frauenquoten an der Uni Köln hat, hatte die Findungskommission erst gar nicht eingeladen - sie musste sich erst beschweren, um bei der Auswahl mitreden zu können.
Dass nun kaum Frauen im Hochschulrat sind, heißt Fußwinkel nicht gut. »Von zehn Leuten sind nur zwei Frauen, das hat mich sehr erbost«, sagt sie. Eigentlich hatten die anderen Kommissionsmitglieder ihr zugesichert, eine weitere Ratsstelle mit einer Frau zu besetzen. Obwohl Fußwinkel mehrere Kandidatinnen vorschlug, bekam dann mit Gerd Lehmkuhl doch ein Mann den freien Platz. »Ich finde das eine Katastrophe«, sagt Fußwinkel. »Was die Frauenquote betrifft, ist der Kölner Hochschulrat das Schlusslicht des Landes.«