Wohltäter im Vorstandssessel

Dafür und dagegen III: Gehört soziales Engagement zu den Aufgaben von ManagerInnen? Von Gregor Leyser, Katrin Gildemeister

dafür

Mit einer Verfassung, wie Deutschland sie hat, sollte soziale Verantwortung von ManagerInnen eine Selbstverständlichkeit sein. Gegenüber den ArbeitnehmerInnen sowie der Gesellschaft. Schon in Artikel 14 des Grundgesetzes heißt es: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« Dass ManagerInnengehälter heutzutage um die dreihundert Mal so hoch sind wie die der durchschnittlichen ArbeitnehmerInnen, lässt sich kaum leugnen. Dass sich die Spitzen von Unternehmen dennoch häufig weigern, von ihrem enormen Profit einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens beizusteuern, hängt wohl mit Lücken im System und purem Egoismus zusammen. Genügend Unternehmen nutzen Deutschland als Produktionsstätte und entziehen sich der Versteuerung durch Gewinnverlagerung ins Ausland. Dadurch bleibt es einmal mehr an den arbeitenden BürgerInnen hängen, das Gemeinwesen durch Besteuerung zu finanzieren. Dabei sind es doch gerade die ArbeitnehmerInnen, die ein Unternehmen am Leben erhalten. Indem ArbeiterInnen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, können sie das Engagement des Unternehmens fordern. Aber auch ManagerInnen müsste am Arbeitsklima gelegen sein.

Je wohler sich die MitarbeiterInnen fühlen, desto höher ist die Identifikation mit ihrer Arbeit. Arbeitseinsatz erfolgt dann im besten Fall nicht mehr ausschließlich aufgrund von Entlohnung, sondern auch wegen persönlicher Bindung. Das ist profitsteigernd und so auch für das Unternehmen förderlich. Vorraussetzung ist, dass die ArbeitnehmerInnen sich sicher und gerecht behandelt fühlen. Aber auch moralische Gründe spielen eine wesentliche Rolle. Wie ist es zu verantworten, dass ein Teil unserer Gesellschaft in Überflussverhältnissen lebt, während eine Vielzahl anderer sich in Armut befindet? Auch ManagerInnen tragen großen Anteil daran, und es wird höchste Zeit, dass sie sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden.

Katrin Gildemeister

dagegen

ManagerInnen führen Wirtschaftsunternehmen. Mit ihrer Tätigkeit ist keine andere soziale Aufgabe verbunden als die, die in einer Gesellschaft benötigten Güter verfügbar zu machen. Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen wäre zwar grundsätzlich begrüßenswert, würde es nicht in Marketingabteilungen oder von PR-Agenturen konzipiert. Aber auf als Wohltätigkeit verpackte Werbung verzichte ich dankend. Und von ManagerInnen zu erwarten, Menschen aus sozialen Gründen in ihren Betrieben zu beschäftigen, ist schlicht Unfug. Ansonsten müsste man in jedes Anforderungsprofil einer Stelle im höheren Management den Punkt »Neigung zur Schizophrenie« aufnehmen.

Warum sich nicht auf die erprobte Aufgabenverteilung zurück besinnen, in welcher der Staat die soziale Absicherung übernimmt? Glaubt man den FinanzministerInnen des Rekord-Exportweltmeisters, ist dafür das Geld zu knapp. Aber wer nach wie vor der Mär »Vollbeschäftigung ist möglich« anhängt und seine Steuermodelle danach ausrichtet, darf sich nicht wundern wenn die Kassen leer bleiben. Sowohl PolitikerInnen als auch GewerkschafterInnen sollten mal den Begriff »jobless growth« googeln. Denn Massenentlassungen sind heute nicht mehr unbedingt Zeichen für eine schlechte Auftragslage, sondern eher für gesteigerte Effizienz.

Was nicht stimmt in dem jetzigen System, ist die ungleiche Verteilung der Abgabenlasten. Das kann man ManagerInnen nicht vorwerfen. Im Gegenteil: ManagerInnen, die die innerhalb des gesetzlichen Rahmens vorhandenen Möglichkeiten für ihre Unternehmen nicht voll ausreizen, sind schlechte ManagerInnen. Richtiger wäre, überzogene Unternehmensgewinne zu thematisieren und Steuerschlupflöcher konsequent zu schließen, statt sich auf Selbstverpflichtungen der Wirtschaft zu verlassen. Die Regierungen sollten an Stelle der juristischen endlich wieder die natürlichen Personen ins Zentrum ihrer Arbeit rücken. Dann würden sie vielleicht auch mal wiedergewählt.

Gregor Leyser