Er gehört zu den SpitzenmanagerInnen in Europa. Hermann-Josef Lamberti ist im Vorstand der Deutschen Bank und im Aufsichtsrat der Deutschen Börse. In den nächsten fünf Jahren soll Lamberti im Kölner Hochschulrat das Geld der Universität lohnend investieren. Denn das NRW-Wissenschaftsministerium will, dass die Uni wirtschaftlicher wird. Das umstrittene Hochschulfreiheitsgesetz (HFG) von 2006 schreibt vor, dass jede Hochschule des Landes einen Hochschulrat einsetzen muss. Zehn Führungspersonen aus verschiedenen Fachbereichen bestimmen im Rat mit. Mindestens die Hälfte von ihnen muss aus einem hochschulexternen Bereich kommen, wie Wirtschaft oder Politik. In Köln gibt es sogar sieben externe Mitglieder. Den Vorsitz wird ebenfalls eines der hochschulfremden Mitglieder führen, das aber noch nicht feststeht.
Der Hochschulrat der Uni Köln ist seit Mai im Amt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit trifft er ab sofort wichtige Entscheidungen. Er wird ProfessorInnen berufen, den Rektor bzw. die Rektorin wählen und bestimmen, wohin das Geld von Land und Studierenden fließt. Diese Entscheidungen traf zuvor der Senat, der neben zehn MitarbeiterInnen der Uni auch mit zwei studentischen VertreterInnen besetzt ist. Die Findungskommission aus drei Uniprofessoren und zwei Vertretern des Ministeriums hat sich schwer getan mit der Ernennung der Mitglieder. Etliche WunschkandidatInnen erteilten der Uni eine Absage. Das Ergebnis der Suche bestätigt die Befürchtungen von GegnerInnen des HFG, die Interessenvertretung einzelner Fachbereiche könnte zu kurz kommen. Drei Ratsmitglieder sind Vertreter von Medizin und Pharmaindustrie, vier kommen aus Management und Verwaltung. Zwei Mitglieder sind JuristInnen. Übrig bleiben gerade mal zwei Posten für die gesamten Geistes- und Sozialwissenschaften.
Was haben Studierende und MitarbeiterInnen der Uni von den neuen LenkerInnen zu erwarten? Der Deutsche-Bank-Manager Lamberti ist ein Mann radikaler Entscheidungen. Die bankeigenen Rechenzentren in ganz Europa machte er dicht und beauftragte stattdessen den IT-Konzern IBM mit der Verwaltung der vertraulichen KundInnendaten. Bei IBM Deutschland war Lamberti zuvor jahrelang Geschäftsführer. Außerdem sitzt er in diversen Aufsichtsgremien global tätiger Unternehmen.
Ein weiteres Mitglied im Hochschulrat ist Richard Pott. Er machte nach seinem Studium in Köln bei Bayer Karriere. Inzwischen sitzt er im Vorstand des Pharmakonzerns. Die Mitgliedschaft im Hochschulrat passt gut in sein Profil. Pott betont gern das »soziale Engagement« von Bayer. Auch die Uni Köln hat davon schon profitiert. Bayer stiftete ihr einen Lehrstuhl für Technische Chemie. Und gerade erst hat Bayer mit der Kölner Uniklinik eine Kooperation vereinbart. In Zukunft erforschen und entwickeln sie Medikamente zusammen. Zudem ist ein gemeinsames DoktorandInnenprogramm geplant.
Pott ist nicht der einzige Freund der Pharmaindustrie im Hochschulrat. Auch Ratsmitglied Andreas Radbruch steht Bayer nahe. Er ist Genforscher und wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums. Zu Beginn seiner Karriere sponserte ihn Bayer, er war Inhaber einer so genannten Bayer-Dozentur am Kölner Institut für Genetik. Die Investition hat sich gelohnt. Inzwischen arbeitet Radbruch auch als Berater einer Stiftung des Konzerns. Der Dritte im Bunde könnte Gerd Lehmkuhl sein. Er leitet die Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität.
Die Juristin Barbara Bludau gehört zu den markanteren Führungspersönlichkeiten im Hochschulrat. Sie ist ehemalige Vizechefin der Kölner Polizei und war jahrelang für den gesamten Sicherheitsapparat Hamburgs verantwortlich. Jetzt ist sie Generalsekretärin der Max-Planck-Gesellschaft, die in Köln vier Forschungsinstitute betreibt. In den Achtzigerjahren war Bludau im Bundesvorstand der FDP aktiv. Heute setzt sie sich als Sachverständige im Bundestag für Chancengleichheit in der Wissenschaft ein. Der Einsatz tut Not: Mit nur zwei von zehn Posten sind Frauen auch im Kölner Hochschulrat deutlich unterrepräsentiert. Leitende Positionen in der Wissenschaft haben auch die Ratsmitglieder Rolf Dobischat und Urs Würgler inne. Dobischat leitet das Deutsche Studentenwerk, Würgler ist Rektor der Uni Bern. Die hat zwar keinen Hochschulrat, ist dafür aber an Studiengebühren gewöhnt.
Für die Geistes- und Sozialwissenschaften verbleiben zwei Stimmen. Hans-Joachim Gehrke ist Althistoriker und saß an der Freiburger Universität bereits sechs Jahre in einem ähnlichen Gremium. Ursula Peters lehrt am Institut für deutsche Sprache und Literatur. Sie ist eins von nur drei universitätsinternen Mitgliedern, zu denen neben dem Psychologen Lehmkuhl noch der Jurist Ulrich Preis gehört. Die Stoßrichtung des neuen und von nun an auch stärksten Gremiums an der Uni ist absehbar.