Der Hörsaal im WiSo-Hochhaus war voll besetzt. Gut 150 Studierende hörten zu, wie Professor Lorenz Fischer vom Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpsychologie referierte. Niemand erhob Einspruch, als er Menschen unterschiedlicher Hautfarbe einer weißen und einer schwarzen »Rasse« zuordnete. Schwarze nannte Fischer »Neger«. (Die folgende Passage wurde nach einem Rechtsstreit entfernt. - Anm.d.Red.) Das alles steht in einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Fischer, die VertreterInnen des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) bei der Unileitung einreichten, nachdem ihnen Studierende über die Vorlesung berichtet hatten. Das Ergebnis der Beschwerde: Die Uni richtet eine Ombudsstelle ein. Sie wird mit einer Vertrauensperson besetzt, an die sich demnächst Studierende wenden können, die Diskriminierung erfahren oder beobachten. Für Professor Fischer jedoch blieb die Dienstaufsichtsbeschwerde folgenlos. Nandiose (Name geändert) war bei der Vorlesung die einzige Schwarze im Hörsaal. Sie forderte den Professor nach der Sitzung in einer E-Mail dazu auf, seine Aussagen vor dem Plenum richtigzustellen. Doch Fischer weigerte sich. »Es ist für einen Deutschen merkwürdig, von Nicht-Deutschen erklärt zu bekommen, was deutsche Begriffe zu bedeuten haben«, antwortete er der Deutschen mit dem afrikanischen Namen. Anstatt seine Äußerungen zu korrigieren, argumentierte Fischer in der nächsten Vorlesung, das Wort »Neger« sei in der deutschen Sprache »völlig wertfrei«. Nandiose wandte sich daraufhin an den AStA. Andreas Weber und Oliver Jesper vom AStA unterstützten sie und befragten weitere Studierende, die Nandioses Aussagen bestätigten. Fischer zeigte gegenüber den Studierendenvertretern keine Einsicht. Gemeinsam mit ihnen sprach Nandiose daraufhin mit Uni-Rektor Axel Freimuth. Der Rektor habe sich schockiert gezeigt und sich für das Verhalten seines Kollegen entschuldigt, sagt Nandiose. Es ist nicht das erste Mal, dass Fischer des Rassismus bezichtigt wird. Schon vor ein paar Jahren hatte eine Studentin ihn rassistischer Äußerungen beschuldigt, wie er selbst angibt. Doch Freimuth ermahnte Fischer lediglich, sein Verhalten zu ändern. Öffentlich will Freimuth den Kollegen nicht kritisieren. Er zog seine Aussagen gegenüber der philtrat zurück. »Die Hochschulen haben kein Interesse daran, dass Fälle von Rassismus publik werden«, sagt Johannes Glembek vom Bundesverband ausländischer Studierender. »Das ist kein gutes Aushängeschild.« An Unis in Großstädten gibt es besonders viele Fälle von Rassismus. »Dass Lehrende rassistisches Gedankengut verbreiten, kommt immer wieder vor«, sagt Glembek. Aber den Rassismus an Hochschulen zu dokumentieren ist schwierig. Viele Betroffene haben Angst, ihre Namen zu nennen. Sie befürchten weitere Diskriminierung, falls ihre Beschwerde bei Lehrenden oder ArbeitgeberInnen bekannt wird. »Es herrscht da bundesweit eine fehlende Sensibilisierung«, sagt auch Andreas Weber vom AStA. Zwar gibt es ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, das vor Diskriminierung in Arbeitsverhältnissen schützen soll, doch das Gesetz gilt nicht für den Bildungsbereich. Verschiedene ASten haben deshalb ein gemeinsames Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das eine Ausweitung des Gesetzes überprüfen soll. »Die rechtlichen Möglichkeiten bei Diskriminierungen in Seminaren oder bei Prüfungen sind bislang völlig unzureichend«, sagt Glembek. Nandiose geht es nicht um persönliche Genugtuung im Fall Fischer. »Es ist falsch, dieses Problem an einer Person festzumachen«, sagt sie. »Das lenkt vom Thema ab.« Ihr ist es wichtig, dass ihre KommilitonInnen erfahren, dass an der Uni Köln rassistisches Verhalten von Lehrenden gegenüber Studierenden keine Ausnahme ist. Die Ombudsstelle ist ein Signal, dass Rassismus an der Uni Köln ein Problem ist. Wenn die Unileitung bei Fällen wie Fischers weiterhin nicht handelt, wird die Stelle das Problem aber auch nicht lösen.
Rassismus im Hörsaal
Eine Beschwerde gegen den WiSo-Professor Lorenz Fischer wegen rassistischer Aussagen bleibt für ihn ohne Folgen.
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