Philipp Stölzl hat ein Problem. Einerseits will er in seinem zweiten Spielfilm die Geschichte von Toni Kurz (Benno Fürmann) und Andi Hinterstoisser (Florian Lukas) erzählen, die mit einer gescheiterten Besteigung der Eiger Nordwand von sich reden machten. Andererseits will er nicht außer Acht lassen, dass sich deren Tragödie 1936, also in der Blütezeit des Nationalsozialismus, ereignete. Nun mag man Stölzl zugutehalten, dass die politischen Verhältnisse im Film nicht außen vor bleiben, die Art, in der er sie integriert, stößt trotzdem sauer auf: Die Gebirgsjäger Kurz und Hinterstoisser werden als unpolitische Zeitgenossen vorgestellt, die jedem »Heil Hitler« ein freundliches »Servus« entgegnen. Ihr bayerisches Heimatdorf wirkt wie ein antifaschistisches Idyll gegenüber der Großstadt Berlin, ihre österreichischen Begleiter werden kontrastierend als stramme Nazis dargestellt.
Die nationalsozialistische Ideologie tritt vor allem in Gestalt des sensationslüsternen Journalisten Henry Arau (eine Zumutung: Ulrich Tukur) auf, dessen Unterhaltungen mit Kurgästen und KollegInnen zwischen die spannenden Sequenzen der Bergbesteigung geschnitten sind.
Der Bergfilm, im Dritten Reich von RegisseurInnen wie Leni Riefenstahl oder Luis Trenker zu Ruhm und Ehre getrieben, ist ein heikles Genre. Dennoch gelingt es Regie und Drehbuch, erfreulich unpathetisch zu erzählen. Einzig die Liebesgeschichte zwischen Kurz und der Nazimitläuferin Luise Fellner (zu aufgesetzt: Johanna Wokalek) wirkt bisweilen kitschig, ihre Läuterung am Ende unglaubwürdig und unnötig. Die HauptdarstellerInnen spielen bestenfalls durchschnittlich, einzig in den Nebenrollen, allen voran Petra Morzé als hysterische Nazi-Apologetin, wurden überzeugende Besetzungen gefunden. Unfreiwillig komisch wird es, wenn die Berliner Schauspieler Fürmann und Lukas versuchen, bayerisch zu sprechen. Trotz aller Schwächen ist Nordwand sehenswert, nicht zuletzt weil Kameramann Kolja Brandt beeindruckende Landschaftsbilder geschaffen hat.