Die Schnapsfabrik, eines der wenigen autonomen Zentren in Köln, musste Anfang Januar ihre bisherigen Räume verlassen. Das Bauordnungsamt bescheinigte dem Gebäude in Köln-Kalk schwere bauliche Mängel. Die ehemaligen NutzerInnen des Zentrums können das Vorgehen der Stadt nicht nachvollziehen - sie glauben, dass damit autonome Räume und linke Kulturprojekte zerstört und ihre BetreiberInnen eingeschüchtert werden sollen. »Wir bewerten diese Aktion als willkürlich und unverhältnismäßig«, sagt Schnapsfabrik-Mitarbeiter Stefan Fröhlich (Name geändert). Denn das Amt habe vor seinem drastischen Schritt nicht zuerst eine Liste mit Mängeln vorgelegt.
Die Schnapsfabrik wurde erst im April 2008 von einigen linken AktivistInnen gegründet. Neben Konzerten gab es dort bisher eine Siebdruckwerkstatt, ein Atelier und ein Fotolabor, das nicht nur die MieterInnen, sondern auch BesucherInnen nutzen konnten. Am 19. Dezember verfügte das Bauordnungsamt, dass das Gebäude innerhalb von drei Tagen geräumt werden müsse.
Dass diese Nachricht kurz vor Weihnachten kam, sehen die acht Schnapsfabrik-BetreiberInnen als taktischen Schachzug der Behörde. »Der vom Amt forcierte Zeitpunkt kurz vor Weihnachten machte Widerstand sowohl auf juristischer als auch auf politischer Ebene sehr schwer«, sagt Fröhlich. Rechtsbeistand hat die Schnapsfabrik zwar inzwischen gefunden, in ihre Räume zurückkehren darf sie bisher aber nicht. Die BetreiberInnen legten eine Klage beim Verwaltungsgericht ein, woraufhin das Bauordnungsamt sein Nutzungsverbot zunächst widerrief. Am 29. Dezember verbot das Amt die Nutzung der Räume aber erneut, diesmal mit einer etwas längeren Räumungsfrist von fünf Tagen. Das Schnapsfabrik-Team hat eine neue Klage eingereicht, die noch vor dem Verwaltungsgericht verhandelt wird. »Die Zukunft der Schnapsfabrik hängt von dem Ergebnis der neuerlichen Klage ab«, sagt Fröhlich.
Unterdessen wehrt sich die Stadt Köln gegen den Vorwurf, linke Projekte zerstören zu wollen. »Diese Anschuldigungen sind absurd«, sagt der Leiter der Bauaufsichtsbehörde Detlef Fritz. Wenn ein Außendienstmitarbeiter vor Ort erkenne, dass die Situation gesetzwidrig sei, liege es in seinem Ermessen, wie er reagiere. »Solche Verfügungen gibt es auch auf Baustellen«, sagt Fritz. Das Schnapsfabrik-Team gibt sich jedoch nicht damit zufrieden, gegen die Entscheidung des Amts zu klagen. »Es hat sich eine Kampagne gebildet, die für ein öffentliches Zentrum als Raum für unkommerzielle Kultur und Politik kämpft«, sagt Fröhlich. »Uns geht es nicht um Profit, sondern darum, dass die Stadt uns, genauso wie andere kulturelle Organisationen, unterstützt und nicht bekämpft«. Mit der Kampagne »Pyranha« wollen viele linke AktivistInnen aus Köln und Umgebung ihrem Wunsch nach mehr Freiräumen Nachdruck verleihen. Als Auftakt rufen sie für den 31. Januar zu einer Demonstration auf.