Ein wenig abgedroschen sind sie ja schon, die Basiszutaten des Comics Hell's Kitchen: die USA der Dreißigerjahre, Flüsterkneipen, Alkoholschmuggel, Mafia-Kriege. Aber eben auch beliebt beim Publikum. Ein risikoarmer Ausgangspunkt also für Autor Damien Marie und Zeichner Karl T. Die Story beginnt dann auch ganz klassisch: Die Eltern des 13-jährigen Anthony fallen im New Yorker Stadtteil Little Italy einem Konflikt zwischen verfeindeten Mafia-Familien zum Opfer, woraufhin der Junge als neues Familienoberhaupt versucht, seine zahlreichen Brüder zu ernähren und zu beschützen. Nebenher will er seine große Liebe Anne, die unglücklicherweise in mafiöse Strukturen verstrickt ist, erobern. Die Umstände zwingen Anthony rasch dazu, selbst zum Verbrecher zu werden. Es gehört zu den Stärken des Buches, dass T. und Marie nicht der Versuchung erliegen, den gewitzten, mehr oder weniger moralisch integren Straßenjungen über die Mafia siegen zu lassen. Das Finale erweist sich aber dann als so konstruiert, dass das Gesamturteil schwer fällt: lobenswerter Klischeebruch oder doch eher Mainstream mit Hang zum Unsinnigen? Das Urteil fällt leichter, wenn man den Zeichenstil einbezieht. Der ist insgesamt ansprechend, klar und angemessen detailreich. Ein etwas rauerer Stil und blutigere Schusswechsel hätten dem Comic aber gut getan und ihn interessanter gemacht. Durch die Kombination aus abwegiger Story und glatten Zeichnungen rutscht er leider eher in die Ecke der leichten Lektüre für LeserInnen mit niedrigem Anspruch. Das macht Hell's Kitchen noch nicht zu einem schlechten Buch. Nur leider zu einem durchschnittlichen. Spannend zu lesen ist der Comic trotzdem - New York, Prohibitionszeit und Mafia funktionieren eben immer irgendwie. Bleibt als größtes Problem der Preis. Der ist mit gut vierzig Euro sehr hoch. Das ist zwar eigentlich angemessen für eine Ausgabe, die vier lange Einzelkapitel vereint und mit einem sehr schönen Hardcover-Einband daherkommt. Nur: Wer, außer wirklichen Comic-LiebhaberInnen, zahlt so viel für ein Bilderbuch? Diese dürften aber für die vielen wirklich guten Comics, die derzeit erscheinen, schon den größten Teil ihres Budgets ausgegeben haben. Die Zielgruppe, die der Comic erreichen kann, wird hingegen kaum bereit sein, den hohen Betrag auf den Tisch zu legen.