Es sollte die erste Konferenz für Lesben und Schwule in Indonesien werden. 150 AktivistInnen aus 16 Ländern waren in die zweitgrößte Stadt Indonesiens Surabaya gereist. Doch religiöse FundamentalistInnen verhinderten die Konferenz, indem sie die TeilnehmerInnen bedrohten und das Hotel belagerten, in dem diese ihre Workshops und Vorträge abhalten wollten.
Der asiatische Zweig des Internationalen Lesben- und Schwulenverbands (ILGA) hatte Ende März zu der Konferenz zum Thema sexuelle Orientierung nach Surabaya eingeladen. Die lokale Polizei hatte sie zunächst genehmigt, zog die Genehmigung jedoch am Vortag zurück, aus Angst, nicht die Kontrolle bewahren zu können. Denn bereits im Vorfeld hatten diverse konservative religiöse Gruppierungen unter der Führung der Islamischen Verteidigungsfront (FPI) zur Blockade der Konferenz mobilisiert. Die FPI ist bekannt für ihre gewaltsamen Aktionen gegen MenschenrechtlerInnen und Homosexuelle in Indonesien.
Die OrganisatorInnen wollten die Konferenz dennoch abhalten. Gleich am ersten Tag erfuhren sie jedoch, dass AnhängerInnen verschiedener konservativ-religiöser Gruppen auf dem Weg zu ihrem Hotel seien. Sie versuchten zunächst, mit ihren Veranstaltungen fortzufahren, doch im Laufe des Tages eskalierte die Situation. Die TeilnehmerInnen mussten in kleinen Gruppen evakuiert werden. Sie fühlten sich von der Polizei nicht ausreichend geschützt. »Es war eine lebensgefährliche Situation für uns«, sagt Kamilia Manaf, Mitglied der ILGA und Gründerin des Institut Pelangi Perempuan, einem Zusammenschluss junger Lesben. »Wir konnten uns nicht auf die Polizei verlassen.« Gegenüber der Jakarta Post sagte der Generalsekretär der FPI Mohammad Chaeruddin, dass seine Partei die internationalen TeilnehmerInnen gezwungen habe, Indonesien binnen zwei Tagen zu verlassen und keine Interviews zu geben.
Es gibt in Indonesien kein Gesetz, das Homosexualität verbietet, anders als in manchen anderen islamisch geprägten Ländern wie dem streng konservativen wahhabitischen Saudi-Arabien. In Großstädten finden sich sogar Bars für Lesben und Schwule. Dennoch ist Homosexualität ein Tabuthema und wenige IndonesierInnen outen sich öffentlich. Gerade für junge Frauen ist ein Coming Out schwierig. »Wir haben erlebt, dass Eltern ihre Tochter zu einer Heirat zwingen, wenn sie erfahren, dass sie lesbisch ist«, sagt Kamilia Manaf im Interview mit der Jungle World. Auch vor physischer Gewalt müssen Homosexuelle sich fürchten. »In einer Familie haben die Eltern einen Verwandten überredet, ihre lesbische Tochter zu vergewaltigen, um ihre sexuelle Orientierung zu ändern«, sagt Manaf.
Obwohl Homosexuelle, die auf dem Land leben, generell noch stärker diskriminiert werden, hat sich auch die Situation der GroßstädterInnen in den vergangenen Jahren verschlechtert. So führte das Provinzparlament von Aceh auf der indonesischen Insel Sumatra bestimmte Verordnungen ein, durch die Homosexuelle kriminalisiert werden, und beruft sich dabei auf die Scharia, das islamische Recht. In Aceh können homosexuelle Handlungen deshalb mit Geldstrafen oder Stockhieben bestraft werden. 2008 setzten konservative und religiöse Gruppen zudem im indonesischen Parlament das sogenannte Anti-Pornografie-Gesetz durch. Darin wird Homosexualität mit Sodomie gleichgesetzt, weshalb homosexuelle Aktivitäten nicht öffentlich gezeigt werden dürfen. Das Gesetz ist in Indonesien sehr umstritten, eine Klage vor dem Verfassungsgericht scheiterte jedoch kürzlich.