Seit dem Tod des ältesten Sohnes und Bruders Junpei vor 15 Jahren kommt Familie Yokoyama einmal im Jahr zusammen, um seines Todes zu gedenken. Dem jüngeren Sohn Ryota ist diese alljährliche Zeremonie ein Gräuel. Er fürchtet seinen patriarchalischen Vater, der ihn spüren lässt, dass er in seinen Augen nichts im Leben richtig macht. Er hat den falschen Beruf, die falsche Frau und vor allem ist er nicht Junpei. Ebenso wenig freut Ryota sich auf seine abergläubische Mutter, die zwar die Fassade wahrt und alle mit ihrem feinen Essen verwöhnt, aber über seine Frau Yukari lästert.
Dennoch fahren er und seine Frau Yukari auch in diesem Jahr in sein Elternhaus in der Nähe von Tokio - genauso wie seine Schwester Chinami und deren Familie. Dort wird gegessen, Junpeis Grab geputzt und ab und zu eine kleine Spitze ausgeteilt. Zu einer offenen Aussprache kommt es dagegen nie. Während die Zeit so vor sich hin fließt, werden langsam all die Schwächen und Wunden offenbart, die nicht heilen wollen und sollen. So haben die ZuschauerInnen am Ende des Films das Gefühl, sie wüssten alles über die Familie Yokoyama - obwohl ihnen eigentlich nichts von ihr erzählt wurde.
Der Regisseur Hirokazu Kore-eda ist ein Meister der Auslassung, der Andeutungen und der Ruhe. Er führt die ZuschauerInnen genauso beiläufig in seinen Film ein, wie er sie später wieder entlässt. Gerade durch die Abwesenheit von dramatischen Streitereien, Tränen und der eigentlichen Hauptperson gelingt es ihm, das Publikum zu berühren. Damit tritt er in die Fußstapfen des großen japanischen Regisseurs Yasujiro Ozu - und das ist eines der schönsten Komplimente, das man einem Regisseur machen kann.
Still walking. Japan 2008. Regie: Hirokazu Kore-eda. DarstellerInnen: Abe Hiroshi, Harada Yoshio, Kiki Kirin u.a. Kinostart: 18. November.